Labor & Diagnostik

Krankenhaus Rating Report 2007: Labordiagnostik im Umbruch

04.06.2012 -

Krankenhaus Rating Report 2007: Labordiagnostik im Umbruch. Der Bevölkerungsrückgang in Deutschland stellt an das Gesundheitswesen besondere Anforderungen. Im aktuellen Krankenhaus Rating Report 2007 des Rheinisch-Westfälischen-Institutes für Wirtschaftsförderung und der Admed und Health Care Business werden in den Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen die Bettenüberkapazitäten von 8 auf 37 % steigen. Bundesweit wurden von 1995 bis 2004 etwa 78.000 Betten reduziert; auch weiterhin wird ein starker Bettenabbau erwartet. 1995 gab es 2.325, 2004 noch 2.166 Krankenhäuser mit 531.333 Betten. Von den bestehenden Kliniken wird jede vierte Klinik in den nächsten 10–15 Jahren in ihrer Existenz bedroht sein. 2004 erzielte etwa nur noch die Hälfte der zugelassenen Krankenhäuser einen Jahresüberschuss. Einen ausgeglichenen Haushalt hatten ca. 10 % und ein Drittel der Häuser schrieben Verluste. In Zukunft wird mit noch schlechteren Ergebnissen gerechnet. Besonders hart hiervon betroffen sind Kliniken der Maximalversorgung und Universitätskliniken. Die ersten Privatisierungen erfolgten in Hessen und Hamburg, weitere Bundesländer werden diesem Weg folgen.

Krankenhäuser zum Nulltarif

Ein Merkmal dieser Veränderungen ist die starke Zurückhaltung bei investiven Maßnahmen; bis heute beläuft sich der Investitionsstau auf ca. 50 Mrd. €. Die meisten Bundesländer planen den Rückzug aus der Krankenhausfinanzierung. Dass Krankenhäuser Konkurs anmelden ist keine Seltenheit, häufig sind dann private Investoren die letzten Rettungsanker. Um sich der Schuldenlast zu befreien, werden ganze Krankenhäuser zum Nulltarif oder für einen symbolischen Wert verkauft. Oft wird also blauäugig der Überlegenheit der Privatwirtschaft vertraut. In Baden-Württemberg wird zum ersten Mal ein Krankenhaus geschlossen, weil ein privater Investor sich verrechnet hat. Dennoch gibt es bereits heute ca. 500 privat geführte Krankenhäuser, mit steigender Tendenz. Trotz oder wegen dieser vielfältigen Veränderungen und Herausforderungen ist der Markt „Gesundheitswesen“ so interessant; auch weiterhin werden positive Wachstumsraten erwartet. Deutsche Krankenhäuser sind auch für internationale Klinikketten-Betreiber interessant, eine Selbstverständlichkeit in einem globalisierten Markt, eine Gefahr womöglich für den deutschen Krankenhausmarkt. Im Krankenhaus wird oft die Frage nach der Kernkompetenz gestellt; ist eine dienstleistende Abteilung, wie z.B. das Labor überhaupt noch notwendig?

Verstärkt wird diese Frage oftmals noch durch die Ärzteschaft selbst, die weniger die ökonomische Seite der Kostenersparnis sieht, sondern von Begehrlichkeiten geprägt ist. Obwohl 62 % aller vergütungsrelevanten Nebendiagnosen ausschließlich oder vorwiegend und zwei Drittel aller Diagnosen aus medizinischer Sicht auf Laborwerte zurückzuführen sind, wird die Frage nach der Aufgabe der labordiagnostischen Abteilung viel zu häufig gestellt. Hieran sind nicht zuletzt auch die Klinik-Laborärzte selbst beteiligt, die allzu häufig mit ihrem Labor und sich selbst beschäftigt sind, nach dem Motto „beste und höchste Qualität“. Dabei wurde auch billigend in Kauf genommen, dass der Preis durchaus etwas höher sein konnte. Ein Irrweg, der heute zu vielen Übernahmen und Schließungen von labordiagnostischen Abteilungen von Krankenhäusern führte. Verstärkt wird diese Situation durch die aggressive Preispolitik der ambulant tätigen Laborarzt- Kollegen. Hier werden häufig Dienstleistungen und Preisnachlässe versprochen, die einer späteren Überprüfung nicht standhalten.

Traditionelle Strukturen aufbrechen

Neue Kooperationsformen, um Ärzte stärker an das Krankenhaus zu binden, sollten ebenso von der Laborseite forciert werden. Hierfür müssen traditionelle Strukturen aufgebrochen und verändert werden mit dem Endziel der Verschmelzung der ambulanten und stationären Versorgung mit Labordiagnostik. Laborwerte, vom behandelnden Arzt angefordert, werden bei der stationären Einweisung des Patienten in Frage gestellt oder sogar ignoriert. Ein umfangreiches Aufnahmeprofil an Laborwerten ist leider Alltag im krankenhauseigenen Laboratorium. Umfangreiche labordiagnostische Verfahren, die nicht unmittelbar dem Therapieprozess entsprechen und der kodierten DRG zuzuordnen sind, werden gerne dem behandelnden Arzt im Entlassbrief empfohlen und somit notwendige Diagnostik in den ambulanten Bereich verschoben. Ob noch Hoffnung besteht, dass die unterschiedlichen Akteure zum Wohle des Patienten gemeinsam Labordiagnostik erbringen werden, kann derzeit nur bezweifelt werden.

Insbesondere auf dem klassischen labordiagnostischen Markt sind immer seltener Innovationen zu finden. Heutige Schlagworte sind POCT (patientennahe Diagnostik), Genoder Biochip (Verfahren um große Mengen an biologischen Materialien oder Proteinen parallel zu detektieren), PCR (Methode zur spezifischen exponentiellen Vermehrung einer DNA-Sequenz), RFID (Verfahren um Daten mithilfe eines Funkchips zu senden und verarbeiten) und eHealth (Einsatz moderner Technologien der Telekommunikation und Informatik im Gesundheitswesen). Diese Entwicklungen und Anwendungen gehen leider immer häufiger am Labor vorbei und setzen direkt auf den behandelnden Arzt in der eigenen Praxis oder in der Klinik. Insbesondere die Diagnostik- Industrie prägt solche Veränderungen. Megafusionen bei Siemens, GE und Agfa ermöglichen sektorenübergreifende Systemplattformen.

Das heißt, dass stationäre und ambulante, aber auch interne Grenzen zwischen Labor und Radiologie, Pathologie und Humangenetik, zwischen Ärzteschaft und Pflege und vielen mehr, aufgebrochen oder sogar verschwinden werden. Einige der wichtigsten Maßnahmen seitens der Labordiagnostiker ist es, solche Veränderungen zu erkennen, an praktikablen Lösungswegen zu arbeiten und Fachkompetenz in Visionen umzusetzen. Dann wird das Ansehen unserer diagnostischen Zunft wieder attraktiver und dem heutigen Stellenwert im Gesundheitswesen auch gerechter. Rosige Zeiten werden dann endlich auch uns erreichen!

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