Hygiene

Deutsch-französisches Kooperationsprojekt: Forschung nach Medikament auf Birken gegen Hirntumore

25.05.2011 -

Deutsch-französisches Kooperationsprojekt: Forschung nach Medikament auf Birken gegen Hirntumore. Glioblastome sind die häufigsten bösartigen Gehirntumore, und Patienten mit dieser Krebserkrankung haben trotz intensiver Therapieprotokolle schlechte Überlebenschancen. Forscher aus Ulm und Paris suchen den Schlüssel für ihre Heilung in einer Substanz, die aus der Birkenrinde gewonnen wird.

Glioblastome sind bösartige Hirntumore, die in der Regel eine infauste Prognose aufweisen. Von der Diagnose an haben die meisten Patienten weniger als ein Jahr zu leben. Auch gegenüber aggressiven Therapien, die oft erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen, erweisen sich diese Tumore als resistent. Die Entwicklung einer wirksamen Therapie für diese Erkrankung gehört deshalb zu den größten Herausforderungen in der Krebsmedizin.

Eine neue Klasse biologisch aktiver Naturstoffe eröffnet nun möglicherweise bessere Perspektiven. Hierzu gehören Betulinsäure und ihre Derivate, die als Vorstufen natürlicherweise z. B. in der Birkenrinde vorkommen. Betulinsäure ist von besonderem Interesse für die Krebstherapie, da Betulinsäure das zelleigene Todesprogramm, die Apoptose, in Krebszellen auslösen kann. Charakteristischerweise ist dieses Selbstmordprogramm in Krebszellen gestört oder gar vollständig ausgeschaltet.

Da die Wirkung der meisten herkömmlichen Krebstherapien wie beispielsweise Chemotherapie, Bestrahlung oder Immuntherapie auf der Induktion von Apoptose in Krebszellen beruht, können Störungen im normalen Ablauf von Apoptose zu Resistenzen gegenüber diesen Therapieformen führen. Betulinsäure entfaltet ihre Antitumor-Wirkung, indem sie den mitochondrialen Apoptosesignalweg direkt aktiviert. Da Betulinsäure auf andere Art und Weise als die meisten konventionellen Krebsmedikamente wirkt, kann sie auch in ansonsten resistenten Krebszellen Zelltod induzieren und deshalb Resistenzen gegenüber herkömmlichen Therapieverfahren überkommen. Neben dieser zytotoxischen Wirkung weist Betulinsäure noch weitere Eigenschaften auf, die für eine medizinische Anwendung von Interesse sind. So ist beispielsweise beschrieben, dass Betulinsäure die Vermehrung von HIV hemmen kann.

Der Wirkstoff wird in einem komplexen Verfahren aus der Rinde der Birke (lat. Betula alba) gewonnen. Bereits 1995 wurde entdeckt, dass Betulinsäure Zellen des Schwarzen Hautkrebses, des Melanoms, abtöten kann. Weiterführende Untersuchungen u. a. der Arbeitsgruppe von Prof. Simone Fulda und Prof. Klaus-Michael Debatin von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Ulm zeigten, dass Betulinsäure auch gegen andere Krebsarten einschließlich maligner Hirntumore in präklinischen Modellen wirksam ist.

Auf dem langen Weg beim Transfer von Ergebnissen der Grundlagenforschung vom Labortisch ans Krankenbett kooperieren die Ulmer Wissenschaftler nun mit Prof. Guido Kroemer vom Krebsforschungsinstitut Gustave Roussy in Villejuif bei Paris. „Nur mit vereinten Kräften führt die Suche nach einem neuen Mittel gegen Krebs zum Erfolg“, erklärt Fulda, welche das auf zwei Jahre angelegte Verbundprojekt koordiniert. So bringe das deutsche bzw. das französische Forscherteam jeweils seine Stärken ein, die für erfolgreiche Antworten auf übergreifende Fragestellungen erst miteinander kombiniert werden müssten. Es geht bei dem Projekt darum, die für die Regulation von Betulinsäureinduzierter Apoptose verantwortlichen Moleküle zu identifizieren und ihre Funktion an Tumorproben von Patienten und am Tiermodell zu testen.

Das Vorhaben ist Teil des „Joint Transnational Programme on Cancer“, einer Kooperation des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) mit dem französischen „Institut National du Cancer“ (INCa). Beide Organisationen wollen durch Förderung konkreter Forschungsprojekte die langfristige Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern aus Deutschland und Frankreich sowie die Ausbildung zukünftiger Generationen von Krebsforschern unterstützen.

Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Ulm hat sich auf dem Gebiet der Krebsforschung bereits große Anerkennung erworben: Ihr Ärztlicher Direktor, Prof. Debatin, erhielt den renommierten Descartes-Preis, Prof. Fulda den Johann-Georg-Zimmermann Forschungspreis. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert in Ulm eine von Debatin und Fulda geleitete Klinische Forschergruppe zum Thema Apoptose, sowie im Rahmen der Exzellenzinitiative die Internationale Graduiertenschule für Molekulare Medizin, in welche die Ulmer Krebsforscher ebenfalls eng eingebunden sind.

Ein von der Europäischen Union gefördertes Marie Curie Netzwerk zur Ausbildung junger Wissenschaftler in der Apoptose-Forschung ergänzt dieses Profil um eine wichtige internationale Komponente. Die geplanten Untersuchungen zu Betulinsäure sollen nun dazu beitragen, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um die Ergebnisse der Grundlagenforschung zu dieser Substanz in eine klinische Anwendung zu überführen.

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