Gesundheitspolitik

Anästhesisten informieren Bundesgesundheitsminister über Patientensicherheit

16.06.2011 -

Die meisten Patienten haben mehr Angst vor der Narkose, als vor dem operativen Eingriff. Ob diese Angst berechtigt ist, fragte sich auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr am Rande einer Veranstaltung in Münster. Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), Prof. Dr. med. Hugo Van Aken, erläuterte dem Minister, dass die Anästhesie einen erheblichen Eingriff in die Natur darstellt, Patienten aber damit die Operation unversehrt überstehen lässt.

Dank der Fortschritte in der Allgemein- (Narkose) und Regionalanästhesie sind Operationen in den vergangenen Jahrzehnten erheblich sicherer geworden. Die demografische Entwicklung wird die Anästhesie in den kommenden Jahren allerdings vor erhebliche Herausforderungen stellen. Denn die zu behandelnden Patienten werden immer älter und bringen oft schwere Begleiterkrankungen mit. Daher sei eine Zunahme der Komplikations- und Sterberate bei Operationen leider nicht zu verhindern, befürchtet Van Aken und bat den Minister, sich für eine EU-weite Standardisierung von Sicherheitsnormen einzusetzen.

Der Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Universitätsklinik Münster weist darauf hin, dass die Europäische Gesellschaft für Anästhesiologie (ESA) im vergangenen Jahr in Helsinki ein umfangreiches Programm zur Erhöhung der Patientensicherheit in der Anästhesie (Helsinki Declaration of Patient Safety in Anaesthesiology) beschlossen habe. Über die Umsetzung dieser „Deklaration von Helsinki" wurde auf Jahrestagung der ESA in Amsterdam am vergangenen Wochenende ausführlich berichtet. Das hierzu gerade erschienene Buch „Safety in Anaesthesia" überreichte Professor Van Aken dem Minister.

„Angesichts des wachsenden Anteils mehrfach erkrankter, älterer Patienten und komplizierteren Operationen müssen wir die Sicherheit der Anästhesie weiter optimieren. Dies beginnt bereits im Studium, bei der strukturierten Weiterbildung zum Facharzt und bedarf der lebensbegleitenden kontinuierlichen Fortbildung" mahnt Van Aken. Von großer Bedeutung sei auch die Vermeidung von Medikamentenverwechselungen, wie sie bei Operationen, auf der Intensivstation und im Notarztdienst nicht auszuschließen sind. Die DGAI habe zusammen mit anderen Fachgesellschaften eine einheitliche farbliche Kodierung von Medikamenten und entsprechende Barcodes eingeführt.

Vor dem Hintergrund des zunehmenden Austausches von Ärzten über die Grenzen müsse eine solche Maßnahme aber europaweit greifen. In Amsterdam seien die Gesundheitsminister der EU-Staaten daher aufgerufen worden, eine solche Standardisierung der Medikamentenkennzeichnung auf den Weg zu bringen. „In der Medizin spielt Übung eine große Rolle, daher darf es nicht geschehen, dass beispielsweise ein polnischer Arzt lernt, dass der Wirkstoff X einen gelben Aufkleber trägt, gelb in Deutschland aber das möglicherweise gegenteilig wirkende Medikament Y kennzeichnet" illustriert Van Aken den Grund für diesen Appell.

Deutsche Narkoseärzte hätten darüber hinaus eine ganze Reihe von weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit ergriffen. Sie reichen von Trainingseinheiten am Anästhesiesimulator bis hin zu ausgeklügelten Fehlermeldesystemen. „Wir stehen mit all diesen Programmen in Europa sicher mit in der vordersten Reihe" stellt Van Aken mit einem gewissen Stolz fest.

 

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