Aus den Kliniken

Das Genom-Origami von SARS-CoV-2

11.11.2020 - Wissenschaftlerteams der Universitäten Cambridge und Gießen haben eine Karte der 3D-Strukturen des COVID-19-Erregers in infizierten Zellen erstellt.

Coronaviren wie SARS-CoV-2 verfügen über ein einzelsträngiges RNA-Genom von rund 30 Kilobasen Länge – das größte bekannte Genom aller RNA-Viren. Für einzelne Bereiche dieses RNA-Stranges war bekannt, dass sie sich in 3D auffalten können. Wie das SARS-CoV-2-Virus dieses Genom-Origami verwendet, um erfolgreich Wirtszellen zu infizieren und sich dort zu vermehren, haben Wissenschaftler der Universität Cambridge (Großbritannien) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Friedemann Weber am Institut für Virologie des Fachbereichs Veterinärmedizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) nun herausgefunden. Diese Erkenntnisse können für die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von COVID-19 genutzt werden.

Die Wissenschaftler haben eine komplette Karte aller 3D-Strukturen des SARS-CoV-2-Genoms in der infizierten Zelle zu erstellt. Dabei entdeckten sie zahlreiche neue, zum Teil über extrem weite Distanzen gebildete Auffaltungen und identifizierten ein Netzwerk von RNA-RNA-Interaktionen, das sich über sehr lange Abschnitte des Genoms erstreckt. Verschiedene funktionelle Teile des Genoms, die weit auseinanderliegen, müssen trotz der großen Entfernung zusammenarbeiten, damit sich das Coronavirus vermehren kann. „Unsere neuen Strukturdaten zeigen, wie das Virus dies bewerkstelligt“, so Prof. Weber. „Da die Form des RNA-Moleküls für seine Funktion von entscheidender Bedeutung ist, würde eine direkte Beeinflussung der RNA durch Medikamente, die den Aufbau der RNA-Struktur stören, den Lebenszyklus blockieren und die Vermehrung des Virus stoppen.“

Dr. Jon Price, Co-Autor der in der Fachzeitschrift „Molecular Cell“ veröffentlichten Studie an der Universität Cambridge, hat eine kostenlose, frei zugängliche interaktive Webseite entwickelt, auf der die gesamte RNA-Struktur von SARS-CoV-2 gehostet wird. Dies ermöglicht es Forschern weltweit, die neuen Daten bei der Entwicklung von Medikamenten zu nutzen, um bestimmte Regionen des viralen RNA-Genoms gezielt anzusprechen.

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