IT & Kommunikation

Das KHZG: ein erster Schritt in die richtige Richtung

08.02.2021 - Seit dem 29. Oktober 2020 ist das KHZG in Kraft. Mit einer Fördersumme von 4,3 Mrd. € soll es Investitionen in für Digitalisierung, IT-Sicherheit und Notfallversorgung in Krankenhäusern fördern.

Die Fördersumme klingt hoch, aber reicht sie? „Deutschlands Krankenhäuser sollen stark bleiben! Wir investieren in ihre digitale Zukunft – weil wir gerade in der Pandemie erfahren haben, wie wichtig gut ausgerüstete und funktionierende Krankenhäuser sind. Und wir spannen unseren Schutzschirm für die Kliniken weiter aus – weil wir wissen, dass einige Krankenhäuser immer noch unter den finanziellen Folgen der Pandemie leiden. So verbessern wir die Versorgung der Patienten und sorgen für mehr Sicherheit.“ Vollmundig feiert der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf der Website seines Ministeriums das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG). Doch hält das Gesetz, was der Minister verspricht?

Im Sommer 2020 hatte die Bundesregierung im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets ein drei Mrd. € schweres Zukunftsprogramm Krankenhäuser angekündigt. Mitte September stellte sie das Krankenhauszukunftsgesetz mit einem Volumen von drei Mrd. € vor und wenige Wochen später ist es in Kraft getreten. Das Gesetzgebungsverfahren verlief wie viele in der Corona-Krise schnell.

Kern des Gesetzes ist die Einrichtung des Krankenhauszukunftsfonds beim Bundesamt für Soziale Sicherung. Seit dem 1. Januar 2021 befinden sich in dem Fonds drei Mrd. € aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds für Fördergelder. Die Länder und bzw.  Krankenhausträger übernehmen 30% der jeweiligen Investitionskosten, woraus sich das Fördervolumen von bis zu 4,3 Mrd. € ergibt. Seit dem 29. Oktober 2020 und bis zum 31. Dezember 2021 nimmt das Bundesamt für Soziale Sicherung Förderanträge der Länder entgegen. Die vergleichsweise kurze Förderung dient wahrscheinlich dem Zweck, die Umsetzung des Gesetzes zu beschleunigen. Denn nach dem 31.12.2021 gehen bis dahin nicht beantragte Bundesmittel an den Bund zurück. Ziel der Förderung ist es, die Ausstattung der Krankenhäuser zu modernisieren und deren Digitalisierung voranzutreiben. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf Bereiche gelegt, deren Modernisierungsbedarf in den ersten Monaten der Pandemie nur allzu sichtbar wurden. So sollen Investitionen in zeitgemäße Notfallkapazitäten, aber auch Investitionen in eine bessere digitale Infrastruktur der Krankenhäuser gefördert werden. In den Genuss der Förderung kommen die interne wie die sektorenübergreifende Versorgung, Ablauforganisation, Hightech-Medizin, Kommunikation, Robotik und Telemedizin sowie die Dokumentation. Der Gesetzgeber hebt dabei ausgewählte Einzelfunktionalitäten hervor. Dazu gehören die digitale Terminvereinbarung, den Informationsaustausch mit vorgelagerten Leistungserbringern, die aktuelle Medikation, eine digitale Anamnese oder die Patientenaufklärung. Die Nutzung solcher Portale solle die administrativen Prozesse vor Ort im Krankenhaus entlasten, und es Patienten erlauben, qualifizierte Behandlungsentscheidungen in ihrer gewohnten Umgebung abseits der Ausnahmesituation eines Krankenhausbesuches zu treffen.

IT-Sicherheit ein Muss

Angesichts immer gefährlicherer Attacken auf Krankenhäuser, ist die Förderung von Investitionen in die IT- und Cybersicherheit der Krankenhäuser und Hochschulkliniken nur folgerichtig. Diese sind übrigens nach dem Gesetz ein konstitutiver Bestandteil jeglicher Förderung: Ein Krankenhaus erhält nur dann Fördermittel aus dem Fonds, wenn mindestens 15% des Geldes investiert werden, um die IT-Sicherheit zu erhöhen. Regionale Versorgungsinfrastrukturen sollen gezielt ausgebaut und gestärkt werden. Der Stand der Digitalisierung soll zudem zum 30. Juni 2021 und zum 30. Juni 2023 ausgewertet werden.

Ein weiterer Aspekt des KHZG sind finanzielle Hilfen für Krankenhäuser und deren Mitarbeiter als Reaktion auf die Corona-Pandemie. So können Krankenhäuser Erlösrückgänge, die ihnen durch Pandemie 2020 im Vergleich zum Vorjahr entstanden sind, ausgleichen lassen. Sie werden in Verhandlungen mit den Kostenträgern krankenhausindividuell ermittelt und ausgeglichen. Auch für Mehrkosten, z.B. für Schutzausrüstungen, die nicht anderweitig finanziert wurden, sind bis Ende 2021 noch Zuschläge nach individueller Vereinbarung erhältlich. Auch Pflegekräfte und anderen Beschäftigten in Krankenhäusern, die durch die Versorgung von mit dem Coronavirus infizierten Patienten besonders belastet waren, sollen finanzielle Anerkennungen von bis zu 1.000 € erhalten. Allerdings ist diese „Prämie“ oder auch „Corona-Bonus“ genannte Zuzahlung an Bedingungen gebunden, die öfter eher zu Verärgerung als zur Freude führen. So berichtete die Pflegekammer Niedersachsen, dass nur jedes fünfte Krankenhaus in Niedersachsen in den Genuss des Corona-Bonus komme.

Mehr Geld für die Krankenhäuser: Ein erster Schritt in die richtige Richtung

Mit dem Krankenhauszukunftsfonds investiert der Bund erstmals seit Jahrzehnten direkt aus Haushaltsmitteln in Krankenhäuser und greift damit in das duale Finanzierungssystem ein. Bei diesem System übernehmen seit 1972 die Bundesländer die Investitionskosten der Krankenhäuser (zum Beispiel Errichtung von Gebäuden, Geräteausstattung), die in den Krankenhausplan aufgenommen wurden. Für die Betriebskosten (Personal, Gebäudeerhaltung, Verbrauchsgüter) wiederum kommen Krankenkassen und selbstzahlende Patientinnen und Patienten mit den für Krankenhausbehandlungen zu entrichtenden Entgelten die Betriebskosten auf. Die duale Finanzierung steht seit Jahren in der Kritik. So sehen die gesetzlichen Krankenkassen die Gefahr, dass die Förder-Entscheidungen der Länder auch zu Überkapazitäten führen können und die laufenden Kosten dadurch von ihnen übernommen werden müssen. Gleichzeitig sind die Betriebskosten stetig angestiegen, während die Länder ihre öffentliche Investitionsförderung immer weiter reduzierten. Laut ver.di stehen einem jährlichen Investitionsbedarf von über 6,5 Mrd. € tatsächliche Investitionsförderungen von 2,8 Mrd. € gegenüber.

Die Stellungnahme der Bundesärztekammer (BÄK) aus dem September zum Gesetzentwurf geht in diese Richtung. Die Corona-Krise habe deutlich gemacht, dass die nötigen Investitionen in die Kliniken nicht länger hinausgezögert werden dürften. Seit vielen Jahren bestehe eine unzureichende Investitionsmittelfinanzierung der Länder. Dies führe zu einer Verschiebung der Betriebsmittel in den investiven Bereich, worunter vor allem die Personalausstattung leide.

Auch Georg Baum, der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) hält die Bereitstellung der Bundesmittel für eine gezielte Förderung der Digitalisierung für einen wichtigen Schritt. Das Gesetz bewirke einen deutlichen Schub für die Digitalisierung der Kliniken, so die DKG. Mit den vorgesehenen 4,3 Mrd. € aus Bundes- und Landesmitteln würde den Kliniken zum richtigen Zeitpunkt die Möglichkeit eröffnet, durch moderne digitale Infrastruktur Behandlungsprozesse zu optimieren, aber auch die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter zu verbessern.

Dass die Bundesmittel aus dem Corona-Paket ein erster Schritt in die richtige Richtung sind, bezweifelt keiner der Verbandvertreter und Experten. Dass sie aber nicht wirklich ausreichen, um den Investitionsstau im Krankenhaussystem langfristig zu lösen, wird beim Blick auf den langjährigen Investitionsstau deutlich. Denn der beläuft sich nach Angaben von ver.di auf mittlerweile 30 Mrd. €. Hier bleibt ein erheblicher Handlungsbedarf!

Autor: Arno Laxy, München

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