Aus den Kliniken

Neuartige Immuntherapie für fortgeschrittenes Melanom des Auges

05.02.2024 - Eine neue Immuntherapie koppelt Immunzellen direkt an Tumorzellen. Damit können die Immunzellen die Krebszellen gezielt vernichten, was die Überlebenszeit der Patienten mit Melanom des Auges verbessern kann.

Ihre Studienergebnisse haben die Wissenschaftler aus Heidelberg und Paris im New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Für Patienten mit schwarzem Hautkrebs (Melanom) gibt es mittlerweile sehr gut wirksame Immuntherapien. Selten kann ein Melanom aber auch innerhalb des Auges auftreten. Diese Tumoren streuen oft rasch und sind dann bislang unheilbar. Eine neue Therapiemöglichkeit stellt ein vor Kurzem zugelassener T-Cell Engager, das Tebentafusp, dar. Er kann die Überlebenszeit um mehrere Monate verlängern. Dies war das Ergebnis einer internationalen multizentrischen Phase-III-Studie unter Federführung von Professorin Jessica Hassel, Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD), Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg sowie Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg, und Dr. Sophie Piperno-Neumann vom Institut Curie in Paris, das nun im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde. Tebentafusp gehört zur Klasse der Immuntherapeutika. Es bindet gleichzeitig sowohl an die Tumorzellen als auch an bestimmte Immunzellen (T-Lymphozyten) und erzeugt so eine Abwehrreaktion gegen den Krebs. An der Studie nahmen 378 Patientinnen und Patienten teil, bei denen das Melanom bereits Metastasen gebildet hatte. Gegenstand der aktuellen Publikation sind die Überlebensraten drei Jahre nach Behandlungsbeginn.

Ein-Jahres-Überlebenschance deutlich verbessert

Die Melanome des Auges entstehen in der Aderhaut (Uvea) des Auges, in der Iris und den Strukturen, an denen die Linse aufgehängt ist. Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 400 bis 500 überwiegend ältere Menschen zwischen 60 und 70 Jahren an dieser häufigsten Tumorart des Auges bei Erwachsenen. Zwar gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die von einer Lasertherapie über Bestrahlung bis zur Entfernung des Auges reichen. Doch rund die Hälfte der Betroffenen erliegt den Metastasen, die das Uvea-Melanom innerhalb kurzer Zeit zahlreich bildet, häufig bereits im ersten Jahr nach der Diagnose.

Der neue Aktivator der T-Zellen, der „T cell engager“ Tebentafusp, hat die Ein-Jahres-Überlebenschance deutlich verbessert: „In unserer Studie überlebten mehr als 70 Prozent der Patientinnen und Patienten das erste Jahr, bei überschaubaren Nebenwirkungen wie Schüttelfrost, Fieber und Ausschlag vor allem zu Beginn der Therapie“, erläutert Professorin Jessica Hassel, Leiterin der Sektion Dermatoonkologie an UKHD und NCT Heidelberg. „Wie die jetzt publizierten Daten erstmals zeigen, setzt sich dieser Überlebensvorteil bis drei Jahre nach Diagnose fort.“ Mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Patientinnen und Patienten, die Tebentafusp erhielten, waren nach drei Jahren noch am Leben. Bei den Teilnehmenden der Kontrollgruppe, die eine der etablierten Standardtherapien mit anderen Antikörpern erhielten, waren es 18 Prozent. Die Zuteilung zu Tebentafusp- oder Kontrollgruppe erfolgte bei Therapiestart zufällig.

Bispezifisch für Tumor- und Immunzellen

T cell engager sind bispezifische Konstrukte: Sie binden auf der einen Seite an kleine Eiweißfragmente auf der Tumorzelloberfläche, auf der anderen Seite an eine Struktur auf der Oberfläche jener Immunzellen (T-Lymphozyten), die diese Krebszellen zerstören können. Die Wirkung übertrifft alle bisher eingesetzten Therapien beim gestreuten Aderhautmelanom.

Zwar kann die Erkrankung im Verlauf der drei Jahre auch mit Tebentafusp nur bei wenigen Patientinnen und Patienten dauerhaft kontrolliert werden, trotzdem bewerten die Expertinnen und Experten die Ergebnisse als überaus positiv: „Mit den bisherigen Therapien war die Überlebensprognose bei bereits metastasierten Aderhautmelanom-Patienten ausgesprochen schlecht. Die Ergebnisse zeigen uns, dass wir mit den T cell engagern auf dem richtigen Weg sind, um die Prognose auch für Betroffene mit schwer behandelbaren Krebserkrankungen zu verbessern“, sagt Jessica Hassel.

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