Labor & Diagnostik

Neuer Wirkmechanismus tötet Krebszellen ab

14.08.2024 - Herkömmliche Krebsmedikamente wirken, indem sie in Tumorzellen die Apoptose auslösen, also den programmierten Zelltod. Allerdings können Tumorzellen Strategien entwickeln, um der Apoptose zu entkommen, sodass die Medikamente unwirksam werden.

Ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum beschreibt in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ einen neuen Wirkmechanismus, der Krebszellen durch Ferroptose abtötet. Dabei handelt es sich um eine andere Form von programmiertem Zelltod, die erst in den 2010er-Jahren entdeckt wurde. Die Bochumer Gruppe synthetisierte einen Metallkomplex, zeigte seine Wirksamkeit in Zellkulturen und an Mikrotumoren und klärte den Wirkmechanismus chemisch auf. Der Artikel ist am 13. August 2024 online erschienen.

Die Forschungsarbeit entstand in der Arbeitsgruppe Medizinische Anorganische Chemie von Dr. Johannes Karges unter Mitwirkung des Doktoranden Nicolás Montesdeoca und der beiden Bachelor-Studierenden Lukas Johannknecht und Elizaveta Efanova sowie mit Unterstützung von Dr. Jaqueline Heinen-Weiler vom Medical Imaging Center der Ruhr-Universität.

Zwei Varianten des programmierten Zelltods

Beim programmierten Zelltod starten bestimmte Signalmoleküle eine Art Selbstmordprogramm, um Zellen kontrolliert absterben zu lassen. Das ist wichtig, um beispielsweise geschädigte Zellen zu eliminieren oder die Zellzahl in bestimmten Geweben zu kontrollieren. Die Apoptose ist ein seit Langem bekannter Mechanismus für den programmierten Zelltod. Mit der Ferroptose wurde in jüngerer Vergangenheit ein weiterer Mechanismus gefunden, der im Gegensatz zu anderen Zelltodmechanismen durch die Anreicherung von Lipidperoxiden gekennzeichnet ist. Dieser Prozess wird normalerweise durch Eisen – lateinisch Ferrum – katalysiert, wodurch die Ferroptose ihren Namen erhielt.

„Um eine Alternative zum Wirkmechanismus von herkömmlichen Chemotherapeutika zu finden, haben wir gezielt nach einer Substanz gesucht, die die Ferroptose auslösen kann“, erklärt Johannes Karges. Seine Gruppe synthetisierte einen Cobalt-haltigen Metallkomplex, der sich in den Mitochondrien von Zellen anreichert und dort reaktive Sauerstoffspezies entstehen lässt, genauer gesagt Hydroxidradikale. Diese greifen mehrfach ungesättigte Fettsäuren an, wodurch massenhaft Lipidperoxide entstehen, die wiederum die Ferroptose anstoßen. Das Team stellte somit erstmals einen Cobalt-Komplex her, mit dem sich die Ferroptose gezielt auslösen lässt.

Wirksamkeit an künstlichen Mikrotumoren nachgewiesen

Die Bochumer Forschenden zeigten an verschiedenen Krebszelllinien, dass der Cobalt-Komplex Ferroptose in Tumorzellen bewirkt. Darüber hinaus bremste die Substanz das Wachstum von künstlich hergestellten Mikrotumoren.

„Wir sind zuversichtlich, dass die Entwicklung von Metallkomplexen, die Ferroptose auslösen, ein vielversprechender neuer Ansatz für die Krebsbehandlung ist“, fasst Johannes Karges zusammen und stellt zugleich klar: „Es ist aber noch ein weiter Weg von unseren Studien hin zu einem Medikament.“ Der Metallkomplex müsste sich zunächst in Tierstudien und klinischen Studien bewähren. Außerdem wirkt die Substanz bislang nicht selektiv auf Tumorzellen, sondern würde auch gesunde Zellen angreifen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssten also zunächst einen Weg finden, den Cobalt-Komplex so zu verpacken, dass er nur Tumorzellen schädigt.

Kontakt

Ruhr-Universität Bochum

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