Auszeichnungen

Oskar-Fischer-Preis: Neue Erkenntnisse zur Alzheimer-Erkrankung

22.09.2022 - Für seine Forschung zur Ursache der Alzheimer-Erkrankung hat Univ.-Prof. Dr. Bernd Moosmann, Forschungsgruppenleiter am Institut für Pathobiochemie der Universitätsmedizin Mainz, einen der mit 400.000 US-Dollar dotierten silbernen Oskar-Fischer-Preise erhalten.

Durch seine systembiologische Neuanalyse der Alzheimer-Forschung der letzten 100 Jahre, gelangte er zu der neuen Hypothese, dass eine langfristig gestörte Übertragung von erregenden Signalen der Nervenzellen im Gehirn die primäre Ursache der Krankheit darstellt. Diese Schlussfolgerung birgt nach Ansicht der preisverleihenden University of Texas at San Antonio (UTSA) vielversprechende Ansätze für die Entwicklung neuer Therapien.

Seit der ersten Beschreibung der Alzheimer-Erkrankung durch Oskar Fischer und Alois Alzheimer vor 112 Jahren ist es der Wissenschaft trotz umfangreicher Bemühungen bislang nicht gelungen, die Ursachen dieser komplexen Erkrankung zu verstehen und wirksame Therapien zu entwickeln. Um diese Wissenslücke weiter schließen zu können, wurde von der University of Texas at San Antonio (UTSA) im Jahr 2019 erstmals und bislang einmalig der Oskar-Fischer-Preis ausgelobt. Das Ziel dieses Preises war es, durch eine umfassende theoretische Neuanalyse all dessen, was über die Erkrankung und das Gehirn bereits bekannt ist, zu neuen Ideen über die Krankheitsursache zu gelangen. Univ.-Prof. Dr. Bernd Moosmann, Professor für Physiologische Chemie und Leiter der Arbeitsgruppe "Evolutionäre Biochemie und Redox-Medizin" am Institut für Pathobiochemie der Universitätsmedizin Mainz, stellte sich mit seinem Team dieser besonderen Herausforderung.

Das Gehirn ist in der Lage, auf Störungen seiner Funktionsmechanismen kompensatorisch zu reagieren, indem es dagegen steuert. Nicht alle kompensatorischen Antworten sind jedoch erfolgreich. Ist eine Störung nicht reparabel, sodass die kompensatorische Antwort überschießt, liegt ein weiteres Problem vor: Das Gehirn bildet Eiweißablagerungen, sogenannte amyloide Plaques und neurofibrillären tau-Aggregate. Laut der neuen Analyse handelt es sich bei den beiden Produkten um typische mikroskopische Marker der Alzheimer-Erkrankung. Die primäre Ursache der Erkrankung ist jedoch eine gestörte erregende Signalübertragung der Nervenzellen im Gehirn, fachsprachlich als chronisch ungenügende oder gehemmte exzitatorische Neurotransmission bezeichnet – so die zentrale Erkenntnis der Analyse Moosmanns.

Gestützt wird diese Schlussfolgerung sowohl durch viele der bekannten genetischen Risikofaktoren für die Erkrankung als auch durch ihre klinisch-psychiatrischen und biochemisch-anatomischen Manifestationen. Bei den erblichen Formen der Erkrankung tritt die Störung der exzitatorischen Neurotransmission bereits vorgeburtlich und im frühen Kindesalter auf, bei den häufigeren nicht-erblichen Formen erst im Erwachsenenalter. Dem Forscherteam ist es gelungen, sowohl die erblichen als auch die nicht-erblichen Formen der Erkrankung in ihre Analyse zu integrieren. Sie kommen zu der Erkenntnis, dass es sich letztlich um dasselbe Phänomen handelt, unabhängig davon, wann es auftritt.

Um neue Impulse für die Alzheimer-Forschung zu erzielen, hat der amerikanische Ingenieur und Unternehmer Dr. James Truchard im Jahr 2019 fünf Millionen Dollar an die UTSA gespendet, die daraufhin den Oskar-Fischer-Preis weltweit ausgeschrieben hat. Mit dem Ziel, unerkannte Kausalitäten aufzuzeigen und daraus innovative Forschungsansätze zu entwickeln, galt es, die bisherigen Ergebnisse der über 100-jährigen Alzheimer-Forschung mit den heutigen Methoden der Systembiologie neu zu analysieren. Die Preisträger der Auszeichnung wurden im Rahmen einer Alzheimer-Konferenz im Sommer 2022 in Texas bekannt gegeben. Insgesamt erachtete die Jury zehn internationale Forschungsarbeiten als ausgezeichnet. Sie vergab vier goldene, zwei silberne und vier bronzene Preise. Univ.-Prof. Dr. Bernd Moosmann und sein Team des Instituts für Pathobiochemie erhielten einen silbernen Oskar-Fischer-Preis. Die Universitätsmedizin Mainz ist die einzige deutsche Institution unter den ansonsten mehrheitlich US-amerikanischen Preisträgern.

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