Prof. Hans Proquitté zum Professur für Neonatologie am UKJ berufen
25.06.2013 -
Zuständig ist er für die kleinsten Patienten, doch beinahe genauso wichtig sind Prof. Hans Proquitté die Eltern. Der neue Leiter der Neonatologie und pädiatrischen Intensivstation der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Jena (UKJ) will den Müttern und Vätern bei der Versorgung von Frühgeborenen mehr Raum geben. „Wir brauchen die Eltern", so Prof. Proquitté. „Je mehr Verantwortung sie übernehmen, umso frühzeitiger können wir ihre Kinder nach Hause entlassen", so seine Philosophie. Das Gefühl mithelfen zu können, mache es den Müttern und Vätern zudem leichter, mit der schwierigen Situation klarzukommen.
Der Mediziner stammt aus München, wo er auch die ersten Jahre seiner Laufbahn gewirkt hat. 1997 wechselte Hans Proquitté an die Charité Berlin und war dort zuletzt als leitender Oberarzt und stellvertretender Klinkdirektor tätig. Im Fokus seiner wissenschaftlichen Arbeit stand die Entwicklung der Lunge, unter anderem bei experimentellen Untersuchungen zum akuten Lungenversagen und experimentellen Arbeiten zur Lungenfunktionsdiagnostik.
Am UKJ will sich Prof. Proquitté auch in das bestehende Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum Sepsis und Sepsisfolgen (CSCC) eingliedern. „Infektionsschutz spielt gerade in der Neonatologie eine große Rolle", so Prof. Proquitté. Da das Immunsystem von Frühgeborenen noch nicht in der Lage ist, Bakterien effektiv zu bekämpfen, sind die kleinen Patienten besonders gefährdet. Wichtige Aufgabe sei es daher, die Messmethoden so zu verbessern, dass schneller klar ist, ob eine Infektion vorliegt, so Prof. Proquitté. „Bisher dauert es 48 bis 72 Stunden, bis der Erreger in der Blutkultur nachweisbar ist." In dieser Zeit erhalten die Kinder bereits vorsorglich Antibiotika - mit dem Risiko von Nebenwirkungen wie beispielsweise Darmproblemen. Wenn das Ergebnis bereits nach wenigen Stunden vorliege, können die Ärzte gezielt behandeln und auf unnötige Therapien verzichten. „Das ist ein Gewinn für die Kinder."
Prof. Proquitté will sich zunächst zusammen mit den Pulmologen einem CSCC-Projektantrag zur Entzündung beziehungsweise Infektion der oberen und unteren Atemwege angliedern. Im Fokus stehen dabei Sekrete, die bei Frühgeborenen mit Atemunterstützung täglich abgesaugt werden. „Diese sollen auf Veränderungen analysiert werden, um in den ersten Lebenswochen eine mögliche Entzündung oder Sepsis frühzeitig erkennen zu können." Ein weiterer Schwerpunkt sollen rund um die Geburt erworbene Infektionen sowie Strategien für deren Verhinderung und Behandlung sein - ein Thema, das er zusammen mit den Kollegen der Geburtshilfe bearbeiten wird.
Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit fühlt sich Prof. Proquitté besonders der praktischen Ausbildung der Studierenden verpflichtet. „Ich stelle mir vor, die angehenden Ärzte durch den Einsatz von speziellen Reanimations-Puppen und die Unterstützung innerhalb des Skills-Lab besser auf das Vorgehen bei der Erstversorgung von Neugeborenen und pädiatrischen Notfällen vorzubereiten."
Zwischen 55 und 60 Frühgeborene, die weniger als 1.500 Gramm wiegen, werden jedes Jahr auf der Station für Neonatologie am UKJ betreut. In den hochmodernen Inkubatoren, die die Bedingungen im Mutterleib imitieren sollen, müssen die Kleinsten zum Teil viele Wochen verbringen. Körperkontakt ist dennoch möglich - sogar erwünscht. „Beim so genannten Känguruing können sich die Mütter oder auch die Väter ihr Neugeborenes auf die nackte Brust legen", sagt Prof. Proquitté. Das eigene Kind zu spüren sei wichtig, um Bindung aufzubauen. Gute Erfahrung hat Prof. Proquitté auch damit gemacht, kleine Kameras am Bett der Frühgeborenen zu installieren. Die Eltern aber auch ältere Geschwister und Großeltern können auf diese Weise das neue Familienmitglied jederzeit am Computer oder auf dem Mobiltelefon betrachten, so die Idee, die Prof. Proquitté auch in Jena umsetzen möchte. „Dieses Kamerasystem soll nicht den Besuch ersetzen, es spielt aber in einem Land wie Thüringen mit großen Entfernungen zum Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe eine wichtige Rolle." Damit der kleine Mensch von Anfang an integriertes Mitglied der Familie sein kann.
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