Labor & Diagnostik

Zellatmung als Marker für Qualität von Spenderlebern

04.11.2022 - Forscher um Andras Meszaros und Julia Hofmann von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie haben die Zellatmung von 50 potentiellen Spenderlebern untersucht.

In den vergangenen 30 Jahren hat sich das Alter von Organspendern von durchschnittlich 30 Jahre auf inzwischen durchschnittlich 60 Jahre verdoppelt. Vor diesem Hintergrund wird es zunehmend wichtiger, Marker für die Organqualität zu definieren. Innsbrucker Forscher am Organ Life Labor an der Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie (interim. Direktor Stefan Schneeberger) führten hierzu nun eine erste große Studie im klinischen Bereich durch. Ziel war es, die Zellatmung (mitochondriale Funktion) von Spenderlebern als möglichen Parameter für die Organqualität – und in der Folge für die Organauswahl - zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen, dass die mitochondriale Funktion einen wichtigen, unabhängigen Marker darstellt, der in Zukunft als zusätzliches Entscheidungskriterium vor der Transplantation von Spenderlebern herangezogen werden könnte.

„Man kann nicht davon ausgehen, dass eine 40-jährige Spenderleber im Empfänger automatisch besser funktioniert, als eine 70 Jahre alte Spenderleber. Die Hypothese für unsere Studie war, dass Lebern, die während der Maschinenperfusion eine bessere Zellatmung haben und damit eine effizientere Produktion von Energie aufweisen, möglicherweise auch nach der Transplantation besser funktionieren“, erklärt Studienautor Andras Meszaros die Ausgangslage für die Untersuchung. Die Arbeitsgruppe verwendete für die Durchführung der Studie, die von dem Innsbrucker Unternehmen Oroboros Instruments entwickelte Technologie der hochauflösenden Respirometrie.

Klinischer Verlauf als Ankerpunkt für Studie

Konkret haben die Wissenschaftler während der normothermen Maschinenperfusion laufend Gewebeproben von insgesamt 50 für die Transplantation vorgesehenen Lebern entnommen. 35 der Spenderorgane wurden schließlich transplantiert. In der Folge verglichen die Experten in einer so genannten Korrelationsanalyse die Zellatmungswerte des Spenderorgans mit dem klinischen Verlauf der Patienten nach der Transplantation. Dabei zeigte sich eine hohe Überstimmung: „Wenn die mitochondriale Schädigung höher und damit auch der Energieverlust in den Mitochondrien höher ist, dann ist der klinische Verlauf schlechter. Das bedeutet, dass man anhand der Bestimmung der Zellatmung eine Prognose für den weiteren Verlauf treffen könnte“, sagt Meszaros.

Interessant dabei: Die Zellatmungswerte gelten unabhängig von den anderen Schädigungsmarkern, d.h. es bildete sich keine enge Übereinstimmung mit den bereits anerkannten Parametern ab. Nun gelte es, in größeren Folgestudien Grenzwerte für die Zellatmung festzulegen.

Während der bis zu 24-stündigen normothermen Maschinenperfusion führten die Forscher zahlreiche Begleitanalysen durch. Dabei stellte sich heraus, dass die mitochondriale Funktion über die ganze Dauer der Maschinenperfusion stabil bleibt. Die Menge der Adenosintriphospat-Produktion (ATP, Energielevel) steigt während der Maschinenperfusion. „Diese Ergebnisse sind wichtig, weil Spenderorgane nach wie vor kalt an das Transplantationszentrum transportiert werden, bevor sie an die Perfusionsmaschine angeschlossen werden können“, sagt Autorin Julia Hofmann.

In Innsbruck sind bis dato rund 150 Lebern nach vorheriger normothermer Maschinenperfusion transplantiert worden. Die Medizinische Universität Innsbruck gehört damit zu den größten Zentren für Maschinenperfusion und Lebertransplantation in der EU. „Die Ergebnisse der vorliegenden Publikation sind vielversprechend. Weitere Untersuchungen mit vergleichbarem Studiendesign sind bei Nieren unter hypothermer Maschinenperfusion geplant“, sagt Stefan Schneeberger, interim. Klinikdirektor, wissenschaftlicher Leiter des organLife Labor und Senior Autor der Studie.

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