Roboter gibt Kraft zum Gehen
Schlaganfallpatienten erlernen das Gehen und Greifen neu
Roboter spielen seit jeher eine große Rolle in der Film- und Kunstwelt und kommen mittlerweile auch in der Medizin zum Einsatz. So beispielsweise in der St. Mauritius Therapieklinik in Meerbusch bei Düsseldorf, wo Prof. Dr. Volker Hömberg, Chefarzt der dortigen Klinik für Neurologie, und sein Team mittlerweile drei unterschiedliche Roboter-Systeme in der täglichen Rehabilitation einsetzen. „Diese mechanischen Therapiesysteme sollen Lähmungen verbessern und werden in der Therapie bereits sehr früh eingesetzt", berichtet Hömberg.
Eine dieser Maschinen ist der Lokomat - ein Schienenmotorsystem in Kombination mit einem Laufband, der die Gehbewegungen gehbehinderter Patienten unterstützt. Trotz schwerer Lähmungen der Beine und kaum vorhandener Rumpfkontrolle ermöglicht der Lokomat dem Patienten Schrittbewegungen seiner Beine. Das System aus Schweizer Produktion führt dabei die Bewegung, sodass Hüft- und Kniegelenk passiv bewegt werden. Während des Trainings misst zudem ein System aus empfindlichen Sensoren die Aktivität des Patienten und passt die Führungskraft für jedes Bein individuell an. Bei einseitig betroffenen Patienten kann außerdem die geschwächte Körperseite gezielt trainiert werden.
Weltweit gibt es 200 solcher Maschinen, in Deutschland sind derzeit rund zehn im Einsatz. Den Therapeuten ersetze das etwa € 300.000 teure Gerät jedoch nicht, wie Hömberg betont. Er werde vielmehr unterstützt, weil ihn das Gerät körperlich entlaste. Zudem lasse sich die Gangaktivität der Patienten leicht überwachen und beurteilen.
Mit einem speziellen Lokomat ist die funktionelle Therapie auch für kleine Kinder mit Cerebralparese, Schädel-Hirn-Trauma oder anderen neurologisch bedingten Bewegungsstörungen möglich. Spezielle Entlastungsgurte und Manschetten für Kinder helfen, Hautreizungen und Druckstellen während des Trainings zu vermeiden.
Damit Bewegung auch Spaß macht, gehört zum Lokomat ein großer Bildschirm, auf dem verschiedene Szenarien dargestellt werden. So können sich ältere Patienten beispielsweise auf einen Spaziergang durch eine schöne Landschaft begeben und Kinder virtuell Fußball spielen. So werden sie motiviert, die Bewegung immer und immer wieder durchzuführen. In einer 45 Minuten dauernden Übungseinheit kommen so viele Schritte zusammen, die mit zum Erfolgsrezept gehören. Hömberg: „Die Wiederholungsanzahl ist hier höher als bei konventionellen Methoden. Das ist - zusammen mit einer hohen Therapiedichte - für den Erfolg enorm wichtig." Jeder Patient mit Lähmungserscheinungen muss daher an fünf Tagen in der Woche jeweils zweimal am Tag zur Therapie. Nach etwa zwei Wochen sind bei den meisten bereits erste Erfolge sichtbar.
Für das Training von Armbewegungen kommen in Meerbusch zwei unterschiedliche Systeme zum Einsatz: der sog. Armeo und der Manus. Wegen des vielfältigen Bewegungsspektrums von Arm und Hand sind gerade Lähmungen in diesem Bereich äußerst kompliziert. Um die Koordination wiederherzustellen und dem Patienten ein neues Bewegungsgefühl zu vermitteln, setzen Therapeuten an der St. Mauritius Therapieklinik den Armeo ein. „Streng genommen ist das Gerät kein Roboter, weil es keinen Motor hat", sagt Hömberg. Vielmehr handelt es sich um ein Exoskelett, dessen unterstützende Schienen an den Arm angebracht werden. An den Schienen sind wiederum Sensoren angebracht, die jede Bewegung registrieren und wie eine Art Bewegungslupe kleine Eigenbewegungen des Patienten in großräumigere Bewegungen auf dem Bildschirm übersetzen.
Der Patient übt alltagsbezogene Aktivitäten - wie das Greifen eines Apfels -, die auf einem Bildschirm dargestellt werden. Der Armeo hebt dabei durch ein Gegengewichtssystem die Schwerkraft des gelähmten Armes auf. In einer Therapiestunde kann der Arm so mehrere Hundert Mal bewegt werden.
Nach einem ähnlichen Prinzip, aber als echter „Roboter" mit -Motoren ausgestattet, arbeitet der in den USA entwickelte und € 100.000teure Manus, von dem es lediglich zwei Exemplare in Deutschland gibt. Seit einem Jahr wird das Gerät in Meerbusch für die Bewegungen in Schulter- und Ellenbogengelenk eingesetzt. „Der Unterschied zu den anderen Maschinen ist, dass sich der Manus insbesondere für die Therapie von schwersten Armlähmungen eignet", berichtet Hömberg. Wenn der Patient noch keinerlei Bewegung selbstständig durchführen kann, wird mithilfe eines Motors die Bewegung des Patienten geführt. Dabei nimmt auch dieses Gerät mit höchster Sensibilität wahr, ob sich der Arm selbstständig bewegt. Ist das der Fall, lässt es in der Unterstützung der Bewegung entsprechend nach.
Für die Therapie von schwerstgelähmten Armen gibt es laut Hömberg bisher nur wenige wirksame Verfahren - z.B. konventionelle Krankengymnastik oder Elektrostimulation. „Der schwer gelähmte Arm ist ein großes therapeutisches Problem, das aber aus unserer Erfahrung mit den Therapie-‚Robotern‘ besser als vorher angegangen werden kann."