Labor & Diagnostik

Bauchspeicheldrüsentumoren frühzeitig erkennen

17.12.2010 -

Bauchspeicheldrüsentumoren werden nahezu ausschließlich in Spätstadien erkannt. Um eine Behandlung rechtzeitig und erfolgreich einleiten zu können, ist eine Diagnose in möglichst frühen Stadien mit Vorläuferläsionen unabdingbar. Die Arbeitsgruppen der Wilhelm Sander- Stiftung an der Technischen Universität München und am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg nutzen jetzt verschiedene Mausmodelle, um grundlegende Erkenntnisse über die anfänglichen Vorgänge bei der Entstehung dieser aggressiven Tumoren zu gewinnen. Mit diesen Untersuchungen sollen neue Möglichkeiten für die Früherkennung und für ein rationaleres therapeutisches Eingreifen als bisher eröffnet werden.

Der Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) ist einer der aggressivsten und bösartigsten Tumoren des Menschen. Die Sterberate entspricht fast der jährlichen Anzahl an Neuerkrankungen; die meisten Patienten sterben innerhalb von etwa sechs Monaten nach Diagnosestellung. Bei ca. 85 % der Patienten liegt zum Zeitpunkt der Diagnose bereits eine derart ungünstige Situation vor, die eine vollständige Entfernung des Tumors verhindert und somit nur eine lindernde Therapie ermöglicht. Anlass zur Hoffnung geben Zahlen, die für eine Patientengruppe mit frühzeitig entdecktem Pankreaskarzinom eine 25–30 % verbesserte Überlebensrate nach chirurgischer Entfernung des Tumors belegen.

Aus diesem Grund ist ein Fokus der wissenschaftlichen Forschung auf eine verbesserte Früherkennung des Tumors in einem prognostisch günstigeren Stadium gerichtet. Zum anderen liegt ein Hauptaugenmerk der Forschung auf der Etablierung von Therapiestrategien von vergleichsweise früheren Tumorstadien als bisher. Die als Vorläuferläsionen bezeichneten Veränderungen des Pankreasgewebes stehen somit im Mittelpunkt des Interesses, da sie eine drohende bösartige Entartung ankündigen, sich aber noch als potentiell heilbar erweisen könnten. Ziel des Projektes der Wilhelm Sander-Stiftung ist die Charakterisierung frühester zellulärer und molekularer Veränderungen bei der Entstehung von Bauchspeicheldrüsentumoren, mit einem Hauptaugenmerk auf Vorläuferläsionen und potentiellen Vorläuferzellen.

In den vergangenen Jahren beschäftigten sich die Arbeitsgruppen mit der morphologischen und molekularen Charakterisierung des Bauchspeicheldrüsenkrebses und seinen Vorläuferläsionen beim Menschen und auch mit den Interaktionen zwischen Tumorzellen und deren unmittelbarer Umgebung („Mikroumgebung“). Es gelang u.a. zu zeigen, dass die Tumorzellen Zellen in ihrer Nachbarschaft derart beeinflussen, dass diese wiederum vermehrt Faktoren produzieren, die das Tumorwachstum begünstigen. Die Mikroumgebung von Vorläuferläsionen sieht bereits verändert aus und scheint eine wichtige Rolle bei der weiteren Entwicklung des Tumors zu spielen.

Da die Frühstadien beim Menschen selten für Untersuchungen zur Verfügung stehen, wurden die Frühstadien der humanen Pankreaskarzinogenese in Mausmodellen auf morphologischer und molekularer Ebene rekapituliert. Als früheste Veränderungen werden im Modell kleine tubuläre Strukturen beobachtet, die teilweise nicht nur aus einer einzigen Zelllage wie Pankreasgänge im gesunden Gewebe, sondern aus mehreren und zunehmend ungeordneten Zellschichten aufgebaut sind. Solche Veränderungen werden auch in der menschlichen Bauchspeicheldrüse beobachtet, wo sie tubuläre Komplexe und Pankreatische Intraepitheliale Neoplasien (PanIN) genannt werden. Neuesten Kenntnissen nach werden PanIN und auch tubuläre Komplexe als Vorläufer des Pankreaskarzinoms betrachtet.

Das angelaufene Projekt hat zum Ziel, die frühesten Stadien der Pankreastumorentwicklung in verschiedenen Arbeitsgruppen etablierten Maustumormodellen zu untersuchen, um die molekularen Faktoren zu identifizieren, die eine Schlüsselfunktion bei der Entstehung der Vorläuferläsionen des Pankreaskarzinoms übernehmen. Die Untersuchung von Bauchspeicheldrüsentumorgewebe von Patienten dient dazu, die im Modell gewonnenen Daten auf Relevanz für den Menschen zu überprüfen. Mit diesen Untersuchungen sollen neue Möglichkeiten für die Früherkennung und für ein therapeutisches Eingreifen eröffnet werden.

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