PPP: erstes Zentrum für Partikeltherapie in Norddeutschland
01.07.2011 -
PPP: erstes Zentrum für Partikeltherapie in Norddeutschland. Das Universitätsklinikum Schleswig- Holstein (UK S-H) hat ein Bieterkonsortium aus Siemens, Bilfinger Berger und HSG Technischer Service mit Bau und Betrieb des ersten Zentrums für Partikeltherapie (PTZ) in Norddeutschland beauftragt. Mit einem Gesamtwert von rund 250 Mio. € handelt es sich um das bislang größte öffentlich-private Partnerschaftsprojekt (PPP/Public Private Partnership) im deutschen Gesundheitswesen. Das PTZ wird als Kompetenz-Zentrum für Tumorerkrankungen ab 2012 neue Behandlungschancen in der Krebstherapie eröffnen. Der Einzugsbereich soll neben Norddeutschland den gesamten südskandinavischen Raum umfassen. Im Endausbau der Anlage sollen in drei Behandlungsräumen jährlich rund 3.000 Patienten mit Partikeln therapiert werden.
Der Vertrag beinhaltet die Planung, Errichtung, Finanzierung sowie den technischen Betrieb inklusive der Wartung der Partikeltherapieanlage über einen Zeitraum von 25 Jahren. Zur Realisierung des Projektes gründeten die Sponsoren Siemens Project Ventures und Bilfinger Berger Project Investments eine Projektgesellschaft, die sich über ein internationales Bankenkonsortium refinanziert. Das PTZ umfasst neben den Einrichtungen für die Anwendung der Partikeltherapie (PT) auch eine Abteilung für die konventionelle Strahlentherapie. Die Aufnahme des Betriebes der konventionellen Strahlentherapie ist für Ende 2011 und der Betrieb der PT-Anlage für Anfang 2012 geplant.
Die Umsetzung
„Das PTZ Kiel ist ein Meilenstein für medizintechnische Lösungen und Partnerschaftsmodelle in der Onkologie. Das in Kiel entstehende Kompetenz- Zentrum für die strahlentherapeutische Onkologie wird zukunftsweisend für weitere Partikeltherapie- Zentren in Europa und USA sein“, betonte Prof. Dr. Erich R. Reinhardt, Chief Executive Officer (CEO) von Siemens Healthcare. Siemens wird die Planung und Errichtung der Partikeltherapie-Anlage, die Lieferung der Medizintechnik von der medizinischen Diagnostik bis hin zur Informationstechnologie, den Service sowie den technischen Betrieb der medizintechnischen Systeme übernehmen. Bilfinger Berger Hochbau zeichnet für die schlüsselfertige Erstellung des Zentrums verantwortlich. Innerhalb von 24 Monaten wird die Niederlassung Hamburg das Gebäude mit vier oberund zwei unterirdischen Geschossen erstellen. Für das Projekt kann Bilfinger Berger auf seine Erfahrung bei Projekten für die Gesundheitswirtschaft zurückgreifen. Die HSG übernimmt das technische und infrastrukturelle Gebäudemanagement inkl. Instandsetzung und Reinvestitionen der technischen und baulichen Anlagen sowie des Außenbereichs. Des Weiteren garantiert die HSG Strom-, Wärme- und Wassermengen für das Gebäude mit Ausnahme der medizinischen Einrichtungen. SPV und Bilfinger Berger Project Investments werden jeweils 50 % des erforderlichen Eigenkapitals stellen.
Bei der Realisierung komplexer öffentlicher Infrastrukturprojekte spielt die Beteiligung privater Finanzierungspartner eine entscheidende Rolle. Wolfgang Bischoff, Geschäftsführer der Siemens Project Ventures GmbH, sieht in dieser Art von PPPLösung das kommende Standardmodell für die generelle Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor auch über das Gesundheitswesen hinaus.
Hintergrund zur Technologie
Bei der Partikeltherapie werden über ein Beschleunigersystem Protonen oder Kohlenstoffionen auf eine sehr hohe Geschwindigkeit gebracht und dann punktgenau im Zielgewebe appliziert. Dort fügen die Partikel den Zellen irreparable Schäden zu. Durch die millimetergenaue Berechnung und Steuerung lässt sich der Tumor genauer bestrahlen als mit bisherigen Verfahren, das umliegende gesunde Gewebe wird geschont. Aufgrund seiner Genauigkeit eignet sich das Verfahren insbesondere für schwer zugängliche Krebsarten oder solche, die dicht an Risikoorganen liegen – zum Beispiel Schädelbasis- oder Hirntumore. Ein anderes Anwendungsgebiet sind Weichteilsarkome und Prostatakarzinome, die von empfindlichem Gewebe umgeben sind.
Weltweit wurden bereits ca. 50.000 Patienten mit Partikeln behandelt, über 3.000 davon mit Kohlenstoffionen. Nur eine kombinierte Anlage, die neben Protonen noch den Einsatz weiterer Partikelarten erlaubt, bietet die Voraussetzungen für weiter gehende wissenschaftliche Forschungen zur effizienten Tumorbehandlung mit Partikeln.