Hygiene

MRSA: Therapie nosokomialer MRSA-Pneumonien

11.04.2012 -

Die weltweit größte MRSA-Pneumoniestudie bestätigt Linezolid hohe Effektivität und gute Verträglichkeit. Gegenüber Vancomycin zeigte Linezolid in der ZEPHyR-Studie einen signifikant größeren klinischen Erfolg.

Zu den großen Problemkrankheiten auf Intensivstationen gehören durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) verursachte Pneumonien. Multiresistente Staphylokokken stellen für kritisch Kranke eine erhebliche Bedrohung dar, die sich oft nicht ausreichend bekämpfen lässt, berichtete Dr. Béatrice Grabein vom Institut für Klinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene am Klinikum der Universität München anlässlich der Vorstellung der ZEPHyR-Studie mit neuen klinischen Daten zur Therapie von MRSA-Pneumonien.

Linezolid versus Vancomycin

Die prospektiv randomisierte, doppelblinde ZEPHyR-Studie verglich die klinische und mikrobiologische Wirksamkeit von Linezolid und Vancomycin bei Patienten mit nosokomialer Pneumonie und kulturellem MRSA-Nachweis. Diese bisher weltweit größte Studie zu MRSA-Pneumonien schloss 1.184 erwachsene Patienten mit einer prognostizierten Überlebenszeit von mehr als 72 Stunden und radiologisch sowie klinisch dokumentierter Pneumonie ein.

Optimierte Vancomycin-Dosierung

Die Patienten erhielten 7-14 Tage (bei Bakteriämie 21 Tage) randomisiert 600 mg Linezolid alle 12 Stunden oder Vancomycin zweimal täglich (Dosis: 15 mg/kg i.v.). Die Vancomycin-Patienten wurden von einem lokalen, nicht verblindeten Krankenhausapotheker gemonitort und die Dosen gewichtsadaptiert und entsprechend der Talspiegel sowie der Nierenfunktion angepasst. Zur Abschirmung möglicher gramnegativer Erreger wurde allen Patienten zusätzlich ein Antibiotikum mit gramnegativem Wirkspektrum, jedoch ohne MRSA-Wirksamkeit, verabreicht. Bei Vancomycin-Versagen war eine Umstellung auf Linezolid erlaubt.

Höhere Heilungsraten mit Linezolid

Wie Dr. Frank-Rainer Klefisch vom Paulinenkrankenhaus Berlin hervorhob, führte Linezolid bei Studienende (7-30 Tage nach der Studienbehandlung, primärer Endpunkt) in der Per-Protocol-Gruppe (n = 348) zu einer signifikant höheren klinischen Heilungsrate als Vancomycin (57,6% vs. 46,6%). Si­gnifikante klinische Heilungsratenunterschiede zugunsten von Linezolid wurden außerdem in der Per-Protocol-Population bei Therapieende (83,3% vs. 69,9%) und in der modifizierten ITT-Population (n = 448, alle Patienten mit MRSA-Nachweis, aber Prüfplanverletzungen möglich) sowohl am Studienende (54,8% vs. 44,9%) als auch am Therapieende (80,1% vs. 67,8%) beobachtet.

Die mikrobiologische Erfolgsrate betrug mit Linezolid am Therapieende 82,6% (Vancomycin: 54,1%) und am Studienende 61,4% (Vancomycin: 50,0%).

Die vergleichbare Mortalität in beiden Behandlungsgruppen führte Klefisch u. a. auf das Design der Studie zu­rück, das nicht auf den Nachweis eines Mortalitätsunterschiedes ausgerichtet war. Eine mögliche Rolle spielte auch, dass Vancomycin-Patienten mit Therapieversagen bereits nach 48 Stunden auf Linezolid umgestellt werden konnten.

Gute Verträglichkeit von Linezolid

Art und Häufigkeit schwerer sowie klinisch relevanter unerwünschter Ereignisse waren insgesamt in beiden Studienarmen ähnlich. Unerwünschte Ereignisse mit Bezug zur Studienmedikation ließen sich bei Vancomycin-Patienten häufiger beobachten. Das galt besonders für Nierenfunktionseinschränkungen, die in der Vancomycin-Gruppe beinahe doppelt so oft auftraten wie in der Linezolid-Gruppe (7,3% vs. 3,7%).

Aus den Ergebnissen der ZEPHyR-Studie schlussfolgerte Klefisch, dass zwar beide Substanzen wirksam sind und ihren Stellenwert bei der Behandlung gesicherter nosokomialer Pneumonien haben, die höheren klinischen und mikrobiologischen Erfolgsraten mit Linezolid und die geringere Nephrotoxizität aber wichtige Evidenz für Therapieentscheidungen zugunsten dieser Substanz liefern. Die ZEPHyR-Studie belege die Überlegenheit von Linezolid im Vergleich zum bisherigen Goldstandard Vancomycin.

Linezolid passt zur Tarragona-Strategie

Die antibiotischen Strategien bei MRSA-Pneumonie und die Einbindung von Linezolid vor dem Hintergrund der aktuellen Ergebnisse der ZEPHyR-Studie erläuterte Dr. Peter Walger, Medizinische Klinik und Poliklinik III, Universitätsklinikum Bonn. Der hohen MRSA-Wirksamkeit und der insgesamt guten Verträglichkeit von Linezolid kommt in Deutschland eine große Bedeutung zu, da hierzulande jeder 3. bis 4. nachgewiesene Staphylococcus aureus-Stamm Methicillin-resistent ist.

Für die antibiotische Therapie von Intensivpatienten empfiehlt Walger die Tarragona-Strategie: Bereits der erste Therapiezyklus sollte hoch effektiv sein und sehr gezielt die kritischen Erreger angreifen. Bei Patienten mit MRSA-Verdacht oder -Nachweis bedeutet dies, dass im Zweifel immer eine MRSA-wirksame Behandlung einzuleiten ist, da unzureichende Initialtherapien mit Erhöhungen der Mortalität assoziiert sind und zudem die Kosten steigern.

Wenig Optionen für Patienten mit MRSA-Pneumonie

Bei vermuteter oder gesicherter MRSA-Pneumonie stehen für eine nachweislich wirksame Therapie derzeit nur Linezolid, Vancomycin und Teicoplanin zur Verfügung. Lange Zeit galt Vancomycin trotz seiner schlechten Penetration ins Lungengewebe, der suboptimalen Effektivität, des erforderlichen MHK- und Talspiegel-Monitorings sowie der nicht unerheblichen Nephrotoxizität als Goldstandard für MRSA-Pneumonien.

Theoretisch erwartete Vorteile in der Praxis bestätigt

Die ZEPHyR-Studie liefert, so Walger, jetzt Daten, die die theoretisch erwarteten und klinisch vermuteten Vorteile von Linezolid im Vergleich zu Vancomycin bei Patienten mit MRSA-Pneumonie in der Praxis belegen. Der signifikant besseren klinischen und mikrobiologischen Heilungsrate mit Linezolid kommt eine besondere Bedeutung zu, weil die Vancomycin-Dosierung in dieser Studie optimiert wurde (gewichtsadaptiert, MHK- und Talspiegel-Monitoring). Auch die in der ZEPHyR-Studie beobachtete doppelt so hohe Nephrotoxizitätsrate von Vancomycin spricht, so Walger, für eine bevorzugte Therapieentscheidung zugunsten von Linezolid. Begleiterkrankungen und Komplikationen wie z.B. Sepsis sind bei Intensivpatienten ebenfalls häufig mit Nierenfunktionseinschränkungen assoziiert, auch bereits vorbestehende Niereninsuffizienzen müssen berücksichtigt werden.

Große Bedeutung für den klinischen Alltag

Übereinstimmend resümierten die Referenten, dass beide Substanzen aufgrund ihrer Wirksamkeit ihren Stellenwert in der Behandlung gesicherter nosokomialer MRSA-Pneumonien haben. Die von Pfizer initiierte Studie aber habe gezeigt, dass die besseren klinischen und mikrobiologischen Erfolgsraten mit geringerer Nephrotoxizität und günstigeren pharmakokinetischen Eigenschaften deutliche Vorteile von Linezolid (Zyvoxid) gegenüber Vancomycin darstellen, die klinische Therapieentscheidungen mit einem höheren Evidenzgrad untermauern.

 

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