Integriertes Risikomanagement im Krankenhaus
19.09.2012 -
Risikofrüherkennung und Risikovorbeugung im Krankenhaus betrifft nicht nur den patientennahen Bereich, sondern auch patientenferne Funktionsabläufe (z. B. Mitarbeiterschutz, Datenschutz, Brandschutz), zumal in diesen medizinfernen Bereichen häufig verbindlichere Normen und Sanktionsandrohungen bestehen.
Integriertes Risikomanagement arbeitet aus einer Hand mit wenigen einheitlichen Werkzeugen. Es bemüht sich, klinische Personen von administrativen Tätigkeiten zu entlasten. Und es weist Spezialaufgaben bzw. Aufgaben, die spezifische Kenntnisse erfordern, an jeweils nur einzelne, besonders geschulte und besonders kenntnisreiche Personen zu. So ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Aufgaben gut erfüllt werden und dass der patientennahe Betrieb des Klinikums möglichst wenig gestört wird. So organisiert ist es möglich, mit gleichermaßen hoher Effizienz und hoher Effektivität ein umfassendes Risikomanagement im Krankenhaus auch unter heutigen ökonomischen Bedingungen zu betreiben.
Systematik des integrierten Risikomanagements und gemeinsame Werkzeuge:
Risikofrüherkennung und Risikoprävention wird in drei großen Gruppen bearbeitet:
- Patientenbezogenene Pflege, Diagnostik und Therapie: Vermeiden, Früherkennen und Nachbearbeiten von Komplikationen
- Organisation: Optimierung der klinischen und nichtklinischen Abläufe zur Reduktion von medizinischen und nichtmedizinischen Risiken und zur Vermeidung von Beschwerden von Patienten oder Angehörigen sowie zur ständigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- Strukturbezogene Risiken, z. B. Arbeitsplatzsicherheit, Brandschutz, Datenschutz, medizintechnische Sicherheit
In allen drei Gruppen kommen dieselben Werkzeuge zur Anwendung:
- Interne Regelwerke (hausinterne Arbeitsanweisungen, Dienstanweisungen, SOP) zur Planung und Lenkung von Abläufen. Diese sind in einem einheitlichen intranetbasierten Qualitäts- und Organisationshandbuch (QOH) deponiert, welches zentral verwaltet und gepflegt wird und welches allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern uneingeschränktes Leserecht gibt. Die Ablaufbeschreibungen umfassen alle klinischen und nichtklinischen Bereiche des Klinikums. Das Handbuch wird in üblicher Weise gepflegt (Revisionsdienst, Archivierung der Versionen etc.).
- Ergebnismessung und Überprüfung von Abläufen: Dabei dienen Qualitätsindikatoren der planhaften und systematischen Ergebnismessung und Audits der planhaften und systematischen Überprüfung von komplexen Abläufen. Zusätzliche und nicht planhafte Informationen über risikobehaftete Bereiche und Situationen ergeben sich aus Beschwerden von Patienten und deren Angehörigen sowie aus dem durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genutzten anonymen intranetbasierten Risikomeldesystem. Beides dient der niedrigschwelligen Generierung von Informationen über versteckte oder anderweitig nicht erkennbare Risiken.
- Schulung und Unterrichtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Für manche risikobehaftete Bereiche werden wiederkehrende Schulungen verlangt (Arbeitsplatzsicherheit, Strahlenschutz, Hygiene). Häufiger gesehene Risiken verlangen eigene Informationen oder Schulungsmaßnahmen (z. B. Dokumentation, Sturzprävention). Neue Vorgehensweisen werden systematisch geschult (neues Klinikinformationssystem, Einführung team timeout). Schulungsinhalte, -frequenzen und -zeitpunkte werden den Bedürfnissen der einzelnen Abteilungen angepasst.
Organisation des integrierten Risikomanagements
Niemand kann und will einen Chefarzt von der umfassenden Verpflichtung zur Sicherung und Überprüfung qualitativ hochwertiger Arbeit entbinden oder den Radiologen von den Pflichten des Strahlenschutzes, die Gesamtheit der Mitarbeiter von hygienegerechtem Verhalten oder den Leiter der Medizintechnik von seinen Prüfpflichten des Geräteparks. Andererseits ist es das sinnvolle Bestreben, die patientennah Tätigen und die in den übrigen Bereichen Arbeitenden nicht unangemessen von ihren eigentlichen Aufgaben abzuhalten. Zudem ist für eine kompetente Bearbeitung spezieller risikoorientierter Aufgaben oft eine ganz besondere Expertise erforderlich. Es wurden deshalb in einem Geschäftsbereich der Verwaltung in einer Hand die Abteilungen für Qualitätsmanagement, die Stabsstelle Sicherheitswesen und das Justitiariat angesiedelt. Diese drei Abteilungen übernehmen für die klinischen Abteilungen und die Verwaltungsabteilungen alle Tätigkeiten, die dort nicht zwingend vor Ort erledigt werden müssen. Damit generiert man gleichermaßen einen Entlastungseffekt und eine Professionalisierung; die Arbeitsteilung ist klar geregelt (s. Tabelle 1).
Über diesen Geschäftsbereich besteht auch die notwendige direkte Verbindung zur Klinikumsleitung, die auf diese Weise ihren gesetzlichen Pflichten der Überwachung und Einflussnahme nachkommen kann. Dort erfolgt neben der Einzelbearbeitung der Beschwerden, der Risikomeldungen und der Haftpflichtverfahren auch deren halbjährliche aggregierte Nachbearbeitung - auf der Suche nach Risikomustern. Das Justitiariat wickelt alle Rechtsstreitigkeiten bzw. drohenden Rechtsstreitgkeiten ab. Es kann von den Klinikern Tag und Nacht bei juristisch heiklen Situationen (zum Beispiel bei der Frage eines Therapieabbruchs) in Anspruch genommen werden.
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