Initiative schmerzfreie Klinik: Erste Zertifizierung für erfolgreiches Qualitätsmanagement
26.08.2014 -
Initiative schmerzfreie Klinik: Erste Zertifizierung für erfolgreiches Qualitätsmanagement. Am 2. August 2006 war es endlich soweit. In einer Feierstunde des Aufsichtsrats der Kliniken der Stadt Köln in Anwesenheit der Klinikleitung und der Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel (MdB), wurde vor den versammelten Mitarbeitern der Kliniken und der Presse das Zertifikat „Qualitätsmanagement Akutschmerz“ von der TÜV Rheinland Group an den Ärztlichen Direktor des Krankenhauses Merheim, Prof. Dr. Gerald Spilker, überreicht.
Das Klinikum Merheim ist damit das erste Haus in Deutschland, das dieses Zertifikat erhielt.
Dies sei ein Beleg für die hervorragende Arbeit, die hier geleistet werde, betonte die stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats, Ursula Gärtner (MdR), und zeige, wie wichtig vor allem die Zusammenarbeit mit der Universität Witten/ Herdecke sei.
Patientenorientierte Forschung trage hier nachweislich zur mittelbaren Verbesserung der Krankenversorgung zum Wohle der Patienten bei.
Im Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) der Universität Witten/ Herdecke unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Edmund Neugebauer ist die Idee für dieses Zertifikat entstanden.
Ausgehend vom Hinterfragen, ob denn die durch eine bewusste Körperverletzung (Operation) herbeigeführten Schmerzen nicht vermeidbar seien (Impuls durch Prof. Dr. H. Troidl, ehemaliger Lehrstuhlinhaber für Chirurgie am Klinikum Merheim), und woran eigentlich der Erfolg chirurgischen Handelns oder von Innovationen (z.B. der minimal-invasiven Chirurgie) gemessen werden kann, hat sich das Institut schon 1990 (damals noch an der Universität zu Köln) in einer „Integrierten Arbeitsgruppe Akutschmerz“ des Problems angenommen.
Es wurden zahlreiche Studien zur Epidemiologie, zur Versorgungsrealität und Schmerztherapie durchgeführt. Nach den Problemanalysen wurden Optimierungsschritte eingeleitet, ein Akutschmerzdienst eingerichtet und ihr Nutzen in Studien überprüft.
Es wuchs über die Jahre die Erkenntnis, dass der Erfolg einer chirurgischen Maßnahme entscheidend auch von einer guten Schmerztherapie abhängt (siehe Fast- Track-Konzepte).
Dies alles mündete in die „Initiative Schmerzfreie Klinik“ – ein integriertes evidenzbasiertes Qualitätsmanagementkonzept Akutschmerztherapie, mit einer Vielzahl von Einzelmodulen und Verfahrensanweisungen.
„Die medizinischen Möglichkeiten und gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen einer effizienten Schmerztherapie sind vorhanden“, betont Neugebauer, „was den meisten Kliniken jedoch fehlt, sind notwendige Strukturen und ganzheitliche Konzepte.“
Der Erfolg aller eingeführten Maßnahmen zur Optimierung der Akutschmerztherapie geht auf den Willen und die gute Kooperation zwischen allen Beteiligten, den Chirurgen, den Anästhesisten und der Pflege, zurück. „Interdisziplinarität und bessere Kommunikationsstrukturen sind unverzichtbare Bestandteile der Schmerztherapie“, betonte MdB Kühn-Mengel.
Im Klinikum Köln-Merheim wurde dies durch die Einrichtung eines kontinuierlichen Qualitätszirkels der beteiligten Kliniken für Unfallchirurgie und Orthopädie (Prof. Dr. B. Bouillon), für Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie (Prof. Dr. M. Heiss), für Plastische Chirurgie (Prof. Dr. G. Spilker), für Anästhesiologie und Intensivmedizin (Prof. Dr. F. Wappler), der Pflegedienstleitung (J. Prölß), des Instituts für Forschung in der Operativen Medizin (Prof. Dr. E. Neugebauer, B Koschinski) und des Qualitätsmanagements (C. Thüsing) erreicht.
Hier wurden die entscheidenden Struktur- und Prozessvoraussetzungen erarbeitet und durch die Einbindung der Kliniken auch umgesetzt.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war das Engagement der Pflege mit parallel ausgebildeten sog. Schmerzmentoren auf jeder Station.
Zur Überprüfung der Wirksamkeit der Struktur- und Prozessmaßnahmen wurde parallel die Ergebnisqualität durch Patientenbefragungen überprüft.
Die Kliniken nehmen seit drei Jahren an einem externen „Benchmarking zur Akutschmerztherapie“ im Rahmen eines vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projektes der Universität Jena (Priv.-Doz. Dr. J. Meissner) teil.
„Diese kontinuierliche Rückmeldung der Ergebnisse erlaubt eine ständige Optimierung der schmerztherapeutischen Maßnahmen auf der Basis von aktuellen Studien und Leitlinien zur Akutschmerztherapie“, betonte Neugebauer.
Die interne oder externe Überprüfung der Ergebnisqualität ist Bestandteil der TÜV-Zertifizierung.
In einem Wiederholungs-Audit nach einem Jahr überprüft der TÜV, ob die einmal eingeführten Konzepte konstant eingehalten werden.
„Die Frage, wie gut eine Klinik ihren Patienten Schmerzen erspart, wird zu einem gewichtigen Argument im Wettbewerb der Krankenhäuser und rechnet sich auch für die Klinik“, führte Frau Kühn-Mengel (MdB) aus.
• Eine Zertifizierung der Akutschmerztherapie dient der Information und stellt eine Entscheidungshilfe dar für Versicherte und Patienten im Vorfeld einer Krankenhausbehandlung.
• Rasche und anhaltende Schmerzfreiheit nach einer Operation stellt ein von dem Patienten subjektiv wahrnehmbares Erfolgskriterium dar und steigert die Patientenzufriedenheit.
• Durch klare Regelungen der Strukturen und Prozesse in der Akutschmerztherapie werden Ärzte und Pflegekräfte entlastet.
• Weniger Schmerzen bedeuten Beschleunigung des Heilungsverlaufs durch Reduktion von Komplikationen und eine Verminderung der Inzidenz chronischer Schmerzen.
• Eine gute Schmerztherapie führt zu rascheren Entlassungen.
• Und schließlich führt eine Verkürzung der Verweildauer der Patienten zu geringeren Kosten.
Schmerzbekämpfung ist ein zentrales Profilierungsfeld für die Klinik der Zukunft.
Ein zertifiziertes „Qualitätsmanagement Akutschmerztherapie“ kann so zu einem Erfolgsfaktor für ein Krankenhaus werden.
Der Patient von heute ist nicht nur passiver Leistungsempfänger, sondern wird zunehmend zum aktiven Mitgestalter der eigenen Gesundheit – er sucht sich den Ort seiner medizinischen Behandlung nach Qualitätskriterien aus.
Mit der Einführung der Qualitätsberichte müssen sich Kliniken auf dem Markt positionieren und Möglichkeiten finden, im gegenseitigen Wettbewerb um Patienten zu bestehen.
Der Akutschmerz eignet sich in besonderer Weise als fächerübergreifender Qualitätsindikator, dessen Einführung derzeit von den zuständigen Gremien überprüft wird.
Kliniken, die Interesse an der Zertifizierung haben, sollen sich direkt mit dem TÜV Rheinland (www.tuv.com) in Verbindung setzen.
Über den E-Mail-Kontakt schmerz@ifom-uni-wh.de können Hilfsangebote vermittelt werden.
Kontakt:
Institut für Forschung in der Operativen Medizin
(IFOM)
Lehrstuhl für Chirurgische Forschung
Private Universität Witten/Herdecke gGmbH,
Köln
Tel.: 0221/98957-0
Fax: 0221/98957-30
ifom-neugebauer-sek@uni-wh.de
www.uni-wh.de