Plasma für besondere Zwecke: Wo stehen wir heute?
02.09.2014 -
Plasma für besondere Zwecke: Wo stehen wir heute?. Nach einer Analyse des Bayrischen Roten Kreuzes in der Zeitschrift Hämotherapie des Jahres 1996 wurde festgestellt, dass es in Deutschland damals nicht nur eine Unterversorgung mit Plasma zur Fraktionierung, sondern auch mit Hyperimmunplasma gab.
Unverändert ist die Situation auch heute.
Noch immer importiert Deutschland etwa 90 % der Hyperimmunplasmen aus den USA. Die USA werden als Herkunftsland hinsichtlich der Durchseuchung mit Infektionen wie HIV und Hepatitis als sehr problematisch empfunden.
Doch die Selbstversorgung gemäß § 1 des Transfusionsgesetzes (TFG) erweist sich als schwierig.
Hyperimmunplasma kann auf verschiedenste Weise gewonnen werden:
1. Durch Selektion der Plasmen von Spendern, die auf bestimmte Antikörpertiter getestet worden sind, nach Kenntnis der Krankengeschichte von Spendern (z.B. Varizellen, CMV).
2. Durch Kontrolle der Antikörper von Spendern nach prophylaktischen Impfungen.
3. Durch Hyperimmunisierung von Freiwilligen.
Hyperimmunplasma dient in der Regel zur Herstellung eines speziellen Hyperimmunglobulins, welches mit prophylaktischer Intension angewendet wird.
Ziel ist entweder die Ausbreitung einer Infektion nach Exposition (z.B. Tollwut) oder die Ausbildung klinisch relevanter erythrozytärer Alloantikörper (Anti-D) zu verhindern.
Heute stehen zur Identifizierung von Antikörpern und deren Quantifizierung moderne Testverfahren zur Verfügung.
Von der Plasma-verarbeitenden Industrie und nach den „WHO recommandations for the production, control and regulation of human plasma for fractionation (WHO/BS/05.2019)“ werden Mindesttiter gefordert, die vom Spender erreicht werden müssen, damit das Plasma von der Spendeeinrichtung selektiert werden kann.
Nicht die Einzelspende, sondern ein Pool von 200–500 Einzelspenden dient als Ausgangsbasis für die Herstellung von speziellen Hyperimmunglobulinen.
Verschiedenste Regularien sind vor der Einführung eines Hyperimmunisierungsprogramms in Deutschland zu beachten.
Zu nennen sind TFG, AMG, PharmBetrV, die WHO Recommandations WHO/BS/05.2019, die Richtlinie 98/463/EG und die Richtlinie zur Gewinnung von Plasmen für besondere Zwecke.
Nach den heutigen Erkenntnissen wird eingeschätzt, dass Plasmen in ausreichender Anzahl und Qualität für die Herstellung von Hyperimmunglobulinen gegen Frühsommer-Meningo-Enzephalitis, Hepatitis B und -A, Rabies, Tetanus und Anti-D nur durch Hyperimmunisierung zu erreichen sind.
Jedes Hyperimmunprogramm muss von einer nach Landesrecht gebildeten Ethikkommission genehmigt werden und zusätzlich der zuständigen Landesbehörde angezeigt werden.
Deutschlandweit ist besonders hinsichtlich der Gewinnung von Anti-D – Ig noch viel Arbeit zu leisten. Problematisch wirkt sich die Zulassungspflicht nach § 21 AMG für die zur Hyperimmunisierung verwendeten Spendererythrozyten aus.
Haema beteiligt sich seit 2003 durch Hyperimmunprogramme an der Aufbringung von Hyperimmunplasmen, insbesondere gegen Tetanus und Hepatitis B.
Die Durchführung von Hyperimmunprogrammen trägt nicht nur zur Selbstversorgung, sondern auch zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei.
Da in Deutschland inzwischen nur sehr wenige Blutspendeeinrichtungen überhaupt Hyperimmunisierung betreiben, ist ein intensiver Erfahrungsaustausch unter Einbeziehung der Behördenvertreter anzustreben.
Förderlich wäre außerdem, die Ergebnisse der Hyperimmunisierung zu publizieren, um den Stand von Wissenschaft und Technik feststellen zu können.
Hierin sehen wir eine wissenschaftlich fundierte Möglichkeit, auf künftige Regularien Einfluss zu nehmen.
Kontakt:
Dr. Elisabeth Ulrich
Haema Blutspendezentrum
Dresden-World Trade Center
D-Dresden
Tel.: 0351/4977053
eulrich@haema.de
www.haema.de