Deutsche Krankenhäuser zwischen Rentabilität und Restrukturierung
16.08.2015 -
Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser verschlechtert sich weiter: Trotz steigender Umsätze konnte 2014 nur knapp jedes zweite Haus ein positives Jahresergebnis erreichen.
Auch die derzeitige Gesundheitspolitik wird die wirtschaftliche Situation in den kommenden Jahren voraussichtlich nicht verbessern. Daher sehen fast 90 % der Krankenhausmanager Restrukturierung als Daueraufgabe an. Das ist das Ergebnis der Studie „Aktuelle Diagnose und Therapie der wirtschaftlichen Misere deutscher Krankenhäuser“ von Roland Berger Strategy Consultants. Befragt wurden Vorstände und Geschäftsführer der 400 größten deutschen Krankenhäuser, meist in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft.
So wollen 2015 rund 90 % der deutschen Krankenhäuser ihre Umsätze weiter steigern, aber der zunehmende Kostendruck und gesetzliche Einsparmaßnahmen werden den Anteil defizitärer Häuser nochmals erhöhen. Entsprechend wird sich auch die Liquidität verschlechtern. So stufen 36 % der Befragten ihre Liquiditätssituation in 2015 als kritisch ein; 2014 waren es nur 29 %.
Wirtschaftliche Situation bleibt angespannt
Fast die Hälfte der Befragten konnte 2014 ihre Planvorgaben nicht einhalten. Viele Häuser würden zu optimistisch planen oder hätten Schwierigkeiten, die geplanten und im Wirtschaftsplan bereits berücksichtigen Maßnahmen umzusetzen. Skepsis herrscht auch, was die künftige Entwicklung beträfe. Über 90 % erwarten in den kommenden fünf Jahren keine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation. Daran wird auch die aktuelle Gesundheitspolitik nichts ändern – davon sind 86 % der Befragten überzeugt. Nur einzelne Initiativen beurteilen die Manager positiv, wie etwa die Einführung einer qualitätsorientierten Vergütung für Kliniken (56 %), bei der der Behandlungserfolg besonders berücksichtigt werden soll. Für wichtig halten Manager auch die Veröffentlichung von Qualitätsdaten (38 %) etwa in Bezug auf die im Krankenhaus erworbenen Infektionen.
Problematisch sehen die Befragten dagegen Anpassungen bei den Krankenkassenbeiträgen (35 %) und die Schuldenbremse von Bund und Ländern (29 %). Fast 60 % klagen über nicht ausreichende Mittel für Investitionen. Die Gründe: fehlende Fördermittel (42 %), zu geringe Überschüsse (29 %) sowie alternative Finanzierungsmöglichkeiten (19 %). Wegen des demografischen Wandels sollten Krankenhäuser vor allem Fachbereiche für ältere Patienten ausbauen, etwa Geriatrie, Kardiologie und Neurologie, denn hier läge das größte Wachstumspotential.
Restrukturierung als Daueraufgabe
Viele Krankenhäuser haben ihre schwierige Lage erkannt und versuchen, aus eigener Kraft ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. So befinden sich derzeit über 70 % der Studienteilnehmer in einer Restrukturierung; 87 % sehen dies sogar als Daueraufgabe an. 2015 liegt der Schwerpunkt der Maßnahmen darauf, Erlöse im stationären Bereich (92 %) zu steigern sowie Sachkosten zu senken, sowohl im medizinischen (68 %) als auch im nicht-medizinischen Bereich (59 %).
Um die Profitabilität zu erhöhen, soll auch die Effizienz der Kliniken weiter optimiert werden. So planen rund drei Viertel der Manager eine bessere Bettenauslastung oder mehr Effizienz beim medizinischen und Pflegepersonal. So kann z. B. die Verweildauer von Patienten reduziert werden, so dass das vorhandene Personal sich um weitere Patienten kümmern kann. Außerdem wollen 64 % der Befragten die Kosten für medizinische Dienstleistungen, also für Labore, Intensivstationen oder Operationen, mindern.
Im Gegensatz zu Unternehmen hätte in Krankenhäusern die zentrale Einkaufsabteilung eine schwächere Position, wenn es darum geht, Kosten zu reduzieren. Das läge an der speziellen Organisationsstruktur der Kliniken: Ärzte entscheiden gerne selbst, welchen Herzschrittmacher sie einsetzen. Produktstandardisierungen lassen sich daher nur in enger Abstimmung mit den leitenden Ärzten umsetzen.
Renditeziele und Heilauftrag müssen vereinbar sein
Die typische Organisationsstruktur von Krankenhäusern ist eine der bedeutendsten Hürden für eine erfolgreiche Restrukturierung. Für 84 % der Studienteilnehmer liegt die größte Herausforderung nicht darin, geeignete Restrukturierungsmaßnahmen zu identifizieren, sondern sie zu implementieren. Die Probleme sind meist intern begründet – sei es durch Widerstände auf Seiten der Mitarbeiter (73 %) oder weil Maßnahmen nicht schnell genug umgesetzt werden (65%). Die Unterstützung durch Führungskräfte und Mitarbeiter ist daher für 92 % der Befragten die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Restrukturierung. Dabei ist es wesentlich, Ziele und Fortschritte einzelner Maßnahmen (70 %) sowie klare Zielvorgaben durch das Management (65 %) transparent zu kommunizieren. Auch im Management sollten Kliniken neue Wege gehen. Denn die steigenden Anforderungen haben zu einer erhöhten Fluktuation geführt. So hat über die Hälfte der befragten Kliniken in den vergangenen drei Jahren ihre Geschäftsleitung ganz oder teilweise ausgetauscht. Die Suche nach geeigneten Nachfolgern war in 40 % der Fälle sehr problematisch.
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