IT & Kommunikation

AOK startet Gesundheitsnetzwerk mit digitaler Akte in zwei Regionen

16.10.2017 -

Mit zwei Piloten in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin startet die AOK nach 16 Monaten Vorbereitung ihr digitales Gesundheitsnetzwerk zum Datenaustausch zwischen Patienten, niedergelassenen Ärzten und Kliniken. Das Netzwerk bietet eine digitale Akte, mit der sich medizinische Informationen und Dokumente jederzeit bereitstellen und abrufen lassen. Dieser sektorenübergreifende Austausch soll die optimale Behandlung der Patienten unterstützen und zu mehr Patientensicherheit führen. „Unser Ziel ist ein bundesweites Angebot für die AOK-Versicherten, das regional verschieden ausgestaltet wird", sagt Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes.

Der Pilot in Mecklenburg-Vorpommern startet Anfang November mit zwei Kliniken und dem Ärztenetz „HaffNet". Etwa 8.000 AOK-Versicherten stehen im Gesundheitsnetzwerk zunächst vier Anwendungen zur Verfügung: Das Aufnahme- und Entlassmanagement in den beteiligten Kliniken, der Austausch von Dokumenten zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten, die Möglichkeit zum Hochladen eigener medizinischer Dokumente wie Organspendeausweis oder Mutterpass sowie die Option, selbst erhobene Vitaldaten und Messwerte in die eigene Akte einfließen zu lassen.

Zum Jahreswechsel folgt der nächste Schritt: Gemeinsam mit der drittgrößten privaten Klinikgruppe Sana Kliniken und Deutschlands größtem kommunalen Krankenhauskonzern Vivantes startet das AOK-Gesundheitsnetzwerk in Berlin in die Pilotphase. Beteiligt sind neun Kliniken und 13 Medizinische Versorgungszentren von Vivantes sowie das Sana-Klinikum Lichtenberg. Zusammen versorgen sie pro Jahr etwa 114.000 AOK-Versicherte, die künftig die digitale Akte nutzen können. Zusätzlich zu den bereits im Piloten erprobten Anwendungen werden den teilnehmenden Patienten in Berlin ein digitaler Medikationsplan, die Bereitstellung von Labordaten durch die beteiligten Ärzte sowie die Möglichkeit zur Terminvereinbarung mit Kliniken und Ärzten angeboten.

Vernetzung mit Telematik-Infrastruktur geplant

„Wir haben schon vor mehr als drei Jahren begonnen, unsere IT-Architektur auf die Zukunft auszurichten und Themen wie die digitale Patientenakte und die digitale Interoperabilität mit Dritten in die Umsetzung zu bringen", betont Dr. Andrea Grebe, Vorsitzende der Geschäftsführung der Vivantes Netzwerk für Gesundheit. Die bei Vivantes etablierte Infrastruktur basiere auf der gleichen Methodik wie das AOK-Gesundheitsnetzwerk und ermögliche somit die Vernetzung. „Mit der Digitalisierung erhalten die Patienten einen besseren Einblick in ihre Gesundheitsdaten. Sie werden damit auch in die Lage versetzt, noch stärker als bisher über Behandlungsoptionen mit zu entscheiden", so Grebe.

Auch die Sana Kliniken  erwartet durch die Zusammenarbeit mit der AOK und den anderen Beteiligten einen entscheidenden Mehrwert für die Patienten. Als deutschlandweiter Partner wolle die Klinikgruppe bei der Erweiterung des Netzwerkes in andere Regionen mitwirken, sagt Vorstand Dr. Jens Schick: „Wichtig ist Sana dabei, dass es sich um ein offenes Netzwerk handelt, an das weitere Akteure später ohne große Hürden angebunden werden können." Durch die große Reichweite der Beteiligten und die dahinter stehende Innovationskraft könne es gelingen, Standards für die künftige Ausgestaltung elektronischer Patientenakten zu setzen.

Die AOK verfolge bei der Umsetzung ihres Gesundheitsnetzwerkes „keinen zentralen Ansatz wie bei der gematik", betont Martin Litsch: „Je nach regionaler Situation werden wir unterschiedliche Anwendungen mit verschiedenen Partnern umsetzen." Alle diese Lösungen seien aber „anschlussfähig", so Litsch: „Sie können unter dem Dach des Gesundheitsnetzwerkes vernetzt und auch an die Telematik-Infrastruktur angedockt werden. Wir entwickeln keine Insellösung, sondern wollen Teil der gesamten digitalen Vernetzung sein."

Befragung zeigt große Akzeptanz für digitale Akte

Unter den gesetzlich Versicherten findet die Idee einer digitalen Gesundheitsakte große Akzeptanz. Das zeigt eine repräsentative YouGov-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes. Danach halten es 82% der befragten gesetzlich krankenversicherten Personen für sinnvoll, dass medizinische Daten in einer digitalen Gesundheitsakte gespeichert werden, sodass Ärzte in der Praxis und im Krankenhaus diese abrufen und sich einen Überblick über den Gesundheitszustand des Patienten verschaffen können. 78% der Befragten würden eine solche digitale Gesundheitsakte auch selbst nutzen.

Das AOK-Gesundheitsnetzwerk ist als offene Plattform konzipiert und soll schrittweise allen Akteuren im Gesundheitswesen zur Verfügung stehen - auch anderen Krankenkassen. „Ein besonderes Merkmal ist die dezentrale Datenhaltung, die vor Datendiebstahl schützt", erklärt Christian Klose, Projektleiter für das Gesundheitsnetzwerk. „Die Daten bleiben beim Arzt oder bei der Klinik, wo sie erhoben wurden." Die AOK habe keinen Zugriff auf die Gesundheitsdaten. Zudem könne der Patient selbst entscheiden, welcher Arzt welche Informationen und Dokumente in der Gesundheitsakte einsehen darf. Dieses Modell wird von einer Mehrheit der gesetzlich versicherten Befragten in der YouGov-Umfrage positiv bewertet: 78% sind der Meinung, dass der Patient die „Datenhoheit" haben und selbst entscheiden sollte, auf welche Informationen in seiner digitalen Gesundheitsakte der behandelnde Arzt zugreifen kann.

Berliner Arztnetze sehen „große Chance"

Die Berliner Arztnetze sehen durch das Gesundheitsnetzwerk eine große Chance, dass sich die Schnittstelle zwischen Arztpraxis und Krankenhaus verbessert: „Das digitale Gesundheitsnetzwerk der AOK eröffnet die Möglichkeit zu einem wesentlich effizienteren Austausch von Informationen zwischen den teilnehmenden Ärzten", so Dr. Jürgen Oldenburg, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Berliner Arztnetze (AGBAN). „Diagnosen, Befunde und Medikation sowie Daten zu besonderen Risiken können leicht und sicher zur Verfügung gestellt und bei der Folgebehandlung berücksichtigt werden. Diese Transparenz erleichtert den an der Versorgung Beteiligten die tägliche Arbeit und bietet die Chance, dass sich Abstimmung, Qualität und Sicherheit der Behandlung verbessern." Man werde sich als Partner an der Entwicklung der Anwendungen im Gesundheitsnetzwerk beteiligen, um möglichst praxisrelevante und patientenfreundliche Lösungen zu erreichen, so Oldenburg.

Die verwendeten Befragungsergebnisse beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland, an der vom 25. bis 27. September 2017 insgesamt 2.045 Personen teilnahmen - davon 1.793 gesetzlich Krankenversicherte. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

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