Farbe ist auch Material! Was vordergründig nur für die Optik zuständig ist, kann in Wahrheit erheblich mehr
04.11.2019 -
In der Farbpsychologie wird viel über die optische Wirkung von Farben geforscht. Doch Farbe ist weit mehr als nur ein optisches Phänomen. Betrachtet man Farbe als eigenständiges Material, ergeben sich jede Menge zusätzlicher Optionen und Aspekte. Zusätzlich zur rein visuellen Wahrnehmung übernehmen Farben in Form von Beschichtungen weitere Aufgaben wie den Schutz des Untergrundes, leichtere Reinigung bis hin zu besonderer Haptik. Bei gesunden Farbstoffen wird auf möglichst geringe Ausdünstungen geachtet, aktive Farben können Luft reinigen und Bakterien abtöten. Ein Beitrag von Hannes Bäuerle, Geschäftsführer der Materialausstellung und -datenbank „Raumprobe“.
Das Raumklima ist ein wesentlicher Faktor für unser Wohlbefinden und die Lebensqualität. Um so erstaunlicher ist es, wie wenig darauf geachtet wird – speziell wenn es um die Auswahl der Wandfarben geht. Dabei haben diese einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der Raumluft. „Gesunde“ Farben sollten ohne Zusatz von Konservierungsmitteln, frei von Lösemitteln und Weichmachern sein. Dass gerade in dem Bereich der Emissionen noch Handlungsbedarf besteht, wird auch bei den bestehenden Normen deutlich. Am Bau sind Brandschutz, Schallschutz und Wärmeschutz genau reglementiert – doch wie steht es um den Gesundheitsschutz der Bewohner und Nutzer? Um die Raumluft mit möglichst wenig Schadstoffen, im Idealfall überhaupt keinen, zu belasten, ist es entsprechend wichtig, sich bei der Auswahl der Beschichtungen bewusst zu machen, aus welchen Ausgangsmaterialien diese hergestellt werden und welche flüchtigen Bestandteile enthalten sind. Erfreulicherweise gibt es zahlreiche aktuelle Entwicklungen, Wiederentdeckungen alter Qualitäten und neue Rezepturen im Bereich der Farben, Lacke und Putze mit denen zusätzlich zur optischen Qualität ein Fokus auf materielle Mehrwerte im Bezug auf die Gesundheitsverträglichkeit gelegt wird.
Pigmente aus der Natur
Das noch junge Unternehmen Farbenmühle, 2015 gegründet, verbindet Jahrtausende alte Techniken mit modernen Erkenntnissen. Mit der Auffassung, dass auch nach 100 Jahren Technik-Innovation, die Produkte der Natur häufig die besten und werthaltigsten Lösungen geblieben sind. Daher werden Farben und Pigmente, Reinigungsmittel und Kalk-Edelputze angeboten, bei denen mit traditionellen Prozessen die Pigmente auf Kugelmühlen über mehrere Tage mit dem Wasser vermahlen werden. Die Rezepturen sind möglichst rein und verzichten auf die sonst üblichen Zusätze wie Netzmittel, Füllstoffe und Verdicker.
Mit dem Farbtonkonzept „Colors of Earth“ 2018 wurde eine Farbpalette geschaffen, bei der starke Assoziationen zur Natur die Farb-Gestaltung bestimmen. Die Tönung der Farben bestehen jeweils aus nur einem Pigment. Bei der Selektion der Pigmente wurde besonderes Augenmerk darauf verwendet, dass diese in besonderer Weise harmonieren und ein breites Spektrum an Farbtönen abdecken. Getönt werden damit Dispersionsfarben, Kalkfarben, Lacke und Lasuren sowie Tadelakt die mit besonderer Farbtiefe und Leuchtkraft aufzeigen, dass die Farben unserer Erde etwas ganz besonderes sind.
Angenehmes Umfeld für Betreiber, Personal und Patienten
Wer auf der Suche nach langlebigen, umweltgerechten Produkten und Systemen ist, die gleichzeitig ein gelungenes Zusammenspiel von Farbwirkung und Materialwahl besitzen, wird bei Caparol mit einer großen Auswahl an hochwertigen und nachhaltigen Produkten fündig. Speziell für die zahlreichen funktionellen und hygienischen Anforderungen des Klinik-Alltags werden abgestimmte Farb- und Materialkonzepte angeboten. Eine breite Palette an emissionsminimierten und lösemittelfreien Farben, wasserverdünnbaren Lacken und Lasuren und emissionsminimierten Bodenbeschichtungen. Drei aktuelle Innovationen sind die Fassadendämmung aus Hanf, Farben und Lacke aus nachwachsenden Rohstoffen und Holzveredelungsprodukte auf Basis von Leindotter.
Photokatalyse – Farben zum Abbau von Schadstoffen
Durch Kombination mit photokatalytisch wirksamen Pigment und mineralischen Bindemittelsystemen ist es dem Hersteller Keim
eine Anstrichlösung für die Fassade gelungen, welche Langlebigkeit und eine gesteigerte Selbstreinigung verbindet. Der Photokatalysator absorbiert die Energie des Lichts, überträgt sie auf eine reaktive Verbindung und löst so – häufig über die Bildung von Radikalen – eine chemische Reaktion aus. Durch die Einwirkung von Licht wird z. B. die Umsetzung von NO X (Stickoxide) in Nitrat durch den Photokatalysator Titandioxid initiiert. Der Photokatalysator verbraucht sich während der photokatalytischen Reaktion nicht, darum hält die Wirkung über die gesamte Standzeit des Anstriches an.
Emissionsarme Böden mit wässrigen Beschichtungssystemen
Die Bodenbeschichtungen von Stocretec sorgen durch ihre lösemittel- und weichmacherfreie Rezeptur für ein angenehmes Raumklima, schon bei der Verarbeitung, aber vor allem in der Nutzphase. Die Beschichtungen vereinen eine Reihe weiterer positiver Eigenschaften: Sie sind wasserdampfdiffusionsfähig, lösemittel- und weichmacherfrei, geruchsneutral und erfüllen die Prüfkriterien für VOC-Emissionen in Aufenthaltsräumen gemäß AgBB. Auch kritische Untergründe wie erdberührter Beton, Calciumsulfat- oder Magnesia-Estrich lassen sich problemlos beschichten.
Außerdem weisen die Böden eine deutlich geringere Vergilbung als lösungsmittelfreie Epoxidharze bei Verwendung im Innenraum auf. Für architektonisch anspruchsvolle Lösungen können mit der Airless-Spritztechnik außergewöhnliche Gestaltungsvarianten realisiert werden. Farblich steht die gesamte RAL-Farbtonkarte zur Verfügung.
Noch mehr Farbe in der neuen Materialwelt
Seit 15 Jahren wächst die Ausstellung von Baumaterialien und neuen Werkstoffen bei Raumprobe. Entstanden ist ein Archiv, das Architekten, Planern und dem Handwerk als Inspirationsquelle dient, wenn es darum geht, das passende Material zu finden. Da permanent neue Materialinnovationen dazukommen und für deren Präsentation mehr Platz benötigt wurde, ist die Materialwelt jetzt in neue Räumlichkeiten umgezogen. Mit mehr als doppelt so viel Ausstellungsfläche beeindruckt die Sammlung alle materialinteressierten Besucher, die immer wieder begeistert sind welche unglaubliche Vielfalt es heutzutage auf dem Markt gibt. Die gezeigte Auswahl an Exponaten in Form von A4-Mustern wird kuratiert durch das Team von Raumprobe, das sich aus Innenarchitekten, Designern und Architekten zusammensetzt. Nach relevanten Anwendungsfeldern gegliedert, reicht die Bandbreite von Bodenbelägen über Beschichtungen, Plattenmaterialien aller Materialität, Farben, Putzen und Textilien bis hin zu Themenbereichen, in denen Dämmstoffe, ökologisch wertvolle Materialien und Fassadenlösungen gezeigt werden.
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