Gesundheitsökonomie

Erleben, Entdecken und Verstehen

Eine Erlebnisausstellung über die Parkinson-Krankheit

10.01.2020 -

In Deutschland leiden rund 350 000 Menschen unter Parkinson. Weite Teile der Gesellschaft wissen jedoch nur wenig bis nichts über diese Erkrankung. Entgegen der allgemeinen Vorstellung sind mehr als zehn Prozent aller Erkrankten jünger als 40 Jahre, einige sogar als 30. Mehr Aufmerksamkeit dafür möchte die Erlebnisausstellung „Erleben, Entdecken und Verstehen“ im Sprengel-Museum Hannover schaffen. An interaktiven Stationen und Objekten können Symptome von Parkinson nachempfunden werden. Außerdem soll die Ausstellung zu einem verständnisvolleren Umgang mit ­Erkrankten beitragen. Bei der Ausstellung handelt es sich um eine Bachelorarbeit von Julie Langfort – betreut wurde sie von Prof. Josef Strasser und Prof. Günter Weber an der Hochschule HAWK Hildesheim. medAmbiente hat sich das Konzept im Gespräch mit Julie Langfort erläutern lassen.

Frau Langfort, könnten Sie bitte zunächst einmal beschreiben, worum es sich genau handelt bei dieser Ausstellung und wie sie aufgebaut ist?  

Julie Langfort: Die Ausstellung, die ich im Rahmen meiner Bachelorarbeit entworfen habe, thematisiert die Krankheit Parkinson. Im Vordergrund stand für mich dabei der Wunsch, diese Krankheit für andere Menschen durch interaktive Stationen erlebbar zu machen und aufzuklären. Durch Erfahrungen im eigenen familiären Umfeld musste ich mich schon früh in meinem Leben mit Krankheiten auseinandersetzen. Als meine Mutter dann vor einiger Zeit an Parkinson erkrankte, entschied ich mich schlussendlich für die Herausforderung, mithilfe gestalterischer Elemente über Parkinson zu informieren. Die Erlebnisausstellung erstreckt sich über zehn Räume auf einer Fläche von 1400 m2 im neuen Anbau des Sprengelmuseums in Hannover. Die Räume unterscheiden sich hinsichtlich Themen, Stationen und Materialien und spiegeln dabei die Komplexität der Symptomatik von Parkinson wider. Ein Leitsystem führt die Besucher entlang der einzelnen Räume, die mit Infografiken, Videomaterialien und teils interaktiven Exponaten ausgestattet sind.

Was kann man hier genau erleben?

Julie Langfort: An interaktiven Stationen können sich Besucher informieren und am eignen Körper erfahren, wie Parkinson Betroffene durch verschiedene Symptome in ihrem Alltag einschränken kann. Eine Rampe aus Federbrettern simuliert Gleichgewichtsstörungen, unter denen Betroffene häufig leiden. Um diesen entgegenzuwirken, zeigt eine Infotafel Übungen, die auch in der Praxis den Gleichgewichtssinn Betroffener stärken sollen. An einer weiteren Station können Besucher vibrierende Handschuhe anziehen und versuchen einfache Geometrien nachzuzeichnen. Zittern ist ein weiteres Symptom, womit Schreiben oder das Auffüllen eines Wasserglases zur täglichen Herausforderung wird. Ein sich zum Ende hin zuspitzender nahezu dunkler Raum soll Besuchern aufzeigen, wie sich eine Depression anfühlt, die häufig mit Parkinson einhergeht. Die Wände zeigen Bilder und Videos von depressiven Menschen. Typisch für Erkrankte ist auch ein vornüber gebeugter Gang mit kleinen Schritten. Ein Raum simuliert diese Symptomatik durch Gänge mit abnehmender Höhe und kleiner werdenden Fußabdrücken am Boden, sodass der Besucher eine gebeugte Haltung einnehmen muss, um in Trippelschritten den Gang zu durchlaufen. Daneben können Besucher in einer kleinen Cafeteria Snacks und Getränke mit einer Wäscheklammer auf der Nase verzehren und so Geruchs- und Geschmacksstörungen, unter denen Betroffene häufig leiden, nachempfinden.

Für wen ist das Ganze gedacht?

Julie Langfort: Ich möchte mit dieser Ausstellung keine bestimmte Zielgruppe, sondern vielmehr die Allgemeinheit ansprechen. Es geht ja schließlich darum Aufklärung zu betreiben, Vorurteile abzubauen und die Gesellschaft zu sensibilisieren. Gerade weil Parkinson so vielseitig ist, ist der Umgang mit Patienten oft schwierig, denn die Symptome sind häufig individuell.

Die gesamte Ausstellung ist behindertengerecht eingerichtet und mit Rampen und Geländern versehen.

Was können Architekten bzw. Innenarchitekten davon erfahren und nutzbar machen?

Julie Langfort: Ich würde mir wünschen, dass es mehr interaktive Ausstellungen gibt, besonders für schwierige Themen. In den letzten Jahren bemerkte ich bei Museumsbesuchen immer wieder, welches Potential Erlebnisausstellungen besitzen und wie sie begeistern können. Im Gegensatz zur passiven Aufnahme von Informationen, sorgen gerade Interaktionen mit Exponaten für einen bleibenden Eindruck bei Besuchern.  

Wie ist die Resonanz auf dieses Projekt? Wer äußert sich wie?

Julie Langfort: Ich erhielt überwiegend positives Feedback. Vor allem die Umsetzung und Verknüpfung von gestalterischen Elementen mit der Symptomatik kam gut an. Natürlich musste ich mich anfangs oft erklären, wieso ich mich für solch ein spezielles Thema entschied und dass es für mich einen persönlichen Hintergrund hat.

Skepsis zeigte sich hingegen bei Mediziner, denen es an wissenschaftlicher Tiefe fehlte. Um so eine Ausstellung real umzusetzen, bedarf es natürlich eines interdisziplinären Teams.

Bestätigt fühlte ich mich in meiner Arbeit auch durch die Auszeichnung des bundes deutscher innenarchitekten (bdia).

Wie sieht die Zukunft des Projekts aus? Was wird damit weiter geschehen?

Julie Langfort: Zurzeit bin ich auf der Zielgeraden im Masterstudium und habe momentan wenig Zeit und keine genauen Pläne das Projekt weiterzuführen. Die Ausstellung wurde ja im Rahmen der Bachelorarbeit lediglich fiktiv geplant. Während dieser Zeit bemerkte ich jedoch schnell mein Interesse für Erlebnisausstellungen. In meiner Masterarbeit werde ich das Ausstellungskonzept definitiv wieder aufgreifen.

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