Charité-Experten helfen bei COVID-19-Testung
24.06.2020 -
Ein Expertenteam der Charité – Universitätsmedizin Berlin unterstützt in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) lateinamerikanische Staaten bei der Diagnostik von COVID-19.
Das Team liefert Laborreagenzien und weitere Ausrüstung, außerdem schulen die Spanisch sprechenden Experten des Instituts für Virologie Laborpersonal vor Ort in der Anwendung der Diagnostika. Die Schnell Einsetzbare Expertengruppe Gesundheit (SEEG) war im Zuge der aktuellen Pandemie bereits im afrikanischen Benin, in Kolumbien und Ecuador im Einsatz, weitere Ländermissionen folgen. Die SEEG ist ein Gemeinschaftsprojekt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Das BMZ fördert das Vorhaben mit rund 1 Mio. Euro jährlich. Die Charité-Experten engagieren sich zudem beim Pandemie-Dialog mit Staaten Lateinamerikas und der Karibik, der vom Auswärtigen Amt mit 200.000 Euro unterstützt wird.
Teams der SEEG helfen seit etwas mehr als fünf Jahren Ländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit dabei, Ausbrüche von Infektionskrankheiten frühzeitig zu erkennen und schnellstmöglich darauf zu reagieren. Ins Leben gerufen wurde die Expertengruppe während der Ebola-Epidemie in den Jahren 2014 bis 2016 in Westafrika im Auftrag des BMZ und des BMG. Derzeit kommen Expertenteams in der COVID-19-Pandemie insbesondere in lateinamerikanischen und afrikanischen Staaten zum Einsatz. Weite Teile der Bevölkerung sind hier besonders von der Ausbreitung des neuen Coronavirus SARS-CoV-2 betroffen, auch zahlreiche indigene Gruppen sind in ihrer Existenz bedroht.
Je früher und je mehr COVID-19-Erkrankungen erkannt werden, umso zügiger lassen sich Infektionsketten unterbrechen – und somit Ausbrüche vor Ort, wie auch weltweit eindämmen. Hierfür sind vor allem flächendeckende Ausbruchserkennungssysteme, gut ausgestattete, funktionstüchtige Labore und Gesundheitseinrichtungen sowie ausgebildetes und engagiertes Fachpersonal essentiell. Ein spezialisiertes Team der Charité und der GIZ ist derzeit in Ecuador, Peru und weiteren lateinamerikanischen Ländern vor Ort, liefert Testmaterialien und schult Laborpersonal in der Diagnostik. Entsprechend dem „Train-the-Trainer“-Gedanken wird geschultes Personal ebenfalls in die Lage versetzt, Wissen und Können an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lokaler Labore weiterzugeben.
Langjährige gemeinsame Erfahrungen
Das Expertenteam um Prof. Dr. Jan Felix Drexler, Leiter der Arbeitsgruppe Virusepidemiologie am Institut für Virologie, Campus Charité Mitte, und Dr. Michael Nagel, Einsatzleiter der SEEG, greift dabei auf langjährige gemeinsame Erfahrungen zurück. So hat das Team unter anderem die Zika-Diagnostik im peruanischen Regenwald aufgebaut – eine Region, die seinerzeit besonders schwer von dem Ausbruch des Virus betroffen war. Einsätze dieser Art und Infrastrukturen vorangegangener Epidemien ermöglichen in der jetzigen Situation schnelles Handeln: „Angesichts des aktuellen COVID-19-Brennpunkts Lateinamerika können wir hier besonders wirksam unterstützen, weil wir schon lange in der Region aktiv sind und zuletzt während des Zika-Ausbruchs gemeinsam mit lateinamerikanischen Partnern gearbeitet haben“, sagt Prof. Drexler, der Projektpartner der GIZ an der Charité ist. Neben einem engen Kontakt zur Universität Salvador/ Bahia, Brasilien und der dortigen Tropenmedizin sprechen viele Mitglieder des Teams fließend Spanisch. „Gute Landes- und Sprachkenntnisse helfen uns, ohne große Barrieren die Referenzlabore vor Ort zu unterstützen und lokale Entscheidungsträger zu beraten“, betont Prof. Drexler.
Zehn Labore konnte das Team in den vergangenen drei Monaten bereits ausstatten, drei Referenzlabore ausbauen und etliche lokale Mitarbeiter im sicheren Umgang mit dem Erreger unterweisen. Nach dem Projektstart im afrikanischen Benin folgt die SEEG zunehmend dem Ruf aus Lateinamerika. Aufenthalten in Kolumbien und Ecuador schließen sich Reisen der Expertengruppe nach Peru, Costa Rica, Mexico und Honduras an. Auch Argentinien und Chile haben Interesse signalisiert. Die Lieferlogistik für zunächst bis zu 100.000 Nachweisreagenzien und Laborausstattung, darunter Großgeräte, unterstützt das Epidemie-Präventionsteam der GIZ. Einsatzleiter Dr. Michael Nagel: „Wir liefern zunächst Reagenzien für die Labordiagnostik und tragen somit dazu bei, dass der gordische Knoten der Diagnostik in diesen Ländern gelöst wird. Wenn die Testungen effektiver werden, und das Personal entsprechend geschult ist, können Verdachtsfälle entsprechend identifiziert und isoliert werden. Das ist von zentraler Bedeutung und vor allem für die vulnerable und indigene Bevölkerung entscheidend.“
Im weiteren Verlauf beraten die Expertenteams im Rahmen eines vom Auswärtigen Amt geförderten Pandemie-Dialogs die Partnerländer zu nachfolgenden Maßnahmen, beispielsweise der diagnostischen Strategie, um die epidemiologische Situation besser zu kontrollieren. Durch den wissenschaftlichen Dialog mit der Region wird der Erfahrungsaustausch im Umgang mit der Corona-Pandemie weiter ausgebaut und können Erkenntnisse für das weitere Vorgehen abgeleitet werden. Als ein verlässlicher Partner in der Krise soll beratend mit Fachexpertise gezielt auf den akuten Unterstützungsbedarf in der Region eingegangen werden. Entwicklungspolitische Handlungsempfehlungen werden anhand der vor Ort gesammelten Erfahrungen und Einschätzungen erstellt.
Schnell Einsetzbare Expertengruppe Gesundheit (SEEG)
Die SEEG-Einsätze sollen zum einen die aktuelle Lage im jeweiligen Ausbruchsgeschehen vor Ort verbessern. Zum anderen tragen sie dazu bei, das Gesundheitssystem des jeweiligen Landes nachhaltig zu stärken und eine allgemeine Gesundheitsversorgung zu erreichen. SEEG-Einsätze gliedern sich dabei immer in bestehende Strukturen ein. So wirkt sich die Entwicklungszusammenarbeit sowohl kurzfristig als auch langfristig positiv aus. Um Synergien zu nutzen und vorhandene Expertise gewinnbringend einzusetzen, kooperieren Facheinrichtungen wie das Robert Koch-Institut (RKI) und das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) sowie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Die SEEG stellt für jeden Einsatz das passende Team zusammen. Bei Bedarf unterstützen Expertinnen und Experten weiterer Institutionen, etwa aus dem öffentlichen Gesundheitsdienst oder von Universitäten. Weitere Informationen: www.giz.de/de/downloads/giz2016-de-Factsheet_SEEG.pdf
Arbeitsgruppe Virusepidemiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin
Die von Prof. Dr. Jan Felix Drexler geleitete AG Virusepidemiologie arbeitet an neuartigen Viren aus Menschen und tierischen Reservoiren mit einem Schwerpunkt auf der Diagnostik neuartiger Viren in tropischen Ländern und deren Untersuchung mittels evolutionsbiologischer Methoden. Die Arbeiten werden innerhalb des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) durchgeführt und sind stark mit Feldarbeiten in Europa, Lateinamerika und Afrika verbunden. Die Arbeitsgruppe hat in den vergangenen Jahren zur Aufklärung zentraler epidemiologischer Fragen zur Ausbreitung und Pathogenese des Zika-Virus in Lateinamerika, zur Entwicklung neuer Nachweisverfahren für Gelbfieber und andere durch Mücken übertragene Viren und die Entdeckung von SARS-Coronaviren in europäischen Fledermäusen beigetragen.
Ländermission Ecuador, Juni 2020
Während des Einsatzes in Ecuador konnte ein fünfköpfiges Expertenteam in einem Training am Instituto Nacional de Investigación en Salud Pública (INSPI) in Guayaquil acht lokale Labormitarbeiterinnen und -mitarbeiter schulen. Die Mehrzahl von ihnen arbeitet in Laboren kleinerer Provinzen, die noch keine einsatzfähigen Diagnostiklabore für SARS-CoV-2 besitzen, sie aber baldmöglich fertig stellen möchten. Dafür braucht es gut geschultes Personal. Zur Einweisung gehörte neben der Vermittlung von theoretischem Wissen vor allem praktischer Unterricht: Vorbereitung und Aufbereitung von Proben sowie die Testung mittels PCR auf SARS-CoV-2. Das geschulte Personal wird sein Wissen nun an Personal der einzelnen lokalen Labore weitergeben. Das Team aus Deutschland hat die Laborkapazitäten geprüft und Hilfestellung bei der weiteren Planung gegeben. Gelieferte Laborreagenzien und geschultes Personal ermöglichen nun auch in kleineren Städten, COVID-19 sicher zu diagnostizieren. Bisher war dies in Ecuador nur in einigen wenigen Städten möglich, mit der Folge sehr langer Wartezeiten auf Testergebnisse.
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