Medizin & Technik

Zukunftsfach Neurophysiologie

05.03.2021 - Die Klinische Neurophysiologie gilt als innovativer Zweig der Neurologie mit großem Potenzial. Neurophysiologische Methoden gewinnen an Bedeutung – nicht nur bei der weiteren Erforschung der kognitiven Prozesse im Gehirn, sondern auch für Diagnose und Therapie bisher unheilbarer neurologischer Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Epilepsien.

Dr. Nina Merkel ist Neuropsychologin und Sprecherin der Jungen Klinischen Neurophysiologen (JKN) in der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN). Sie will junge ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen dafür begeistern, ihre Karriere in diesem Fach zu gestalten. Im Interview erklärt sie, was sie selbst daran so fasziniert.

Frau Dr. Merkel, Sie werben bei den JKN für den Nachwuchs mit dem Slogan „Exzellente Potenziale für die Zukunft!“. Was macht die Neurophysiologie zum Zukunftsfach?

Der Slogan ist doppeldeutig gemeint: Wir brauchen in der Neurophysiologie exzellente Leute und gleichzeitig bietet das Fach exzellente (Karriere)Potenziale. In der Neurophysiologie vernetzen sich Grundlagenforschung und klinische Aspekte immer enger: Mit den steigenden Rechnerkapazitäten können immer größere Datenmengen in leistungsstarken Computer-Clustern verarbeitet werden. Mit diesen Daten entwickeln Forschungsinstitute Modelle für bestimmte Erkrankungen, mit den klinischen Daten können die Modelle wiederum überprüft werden. Die Neurophysiologie kann also helfen, den medizinischen Fortschritt mitzugestalten. Wir hoffen, an diesem spannenden Vorgehen im Netzwerk der Jungen Klinischen Neurophysiologen möglichst viel mitwirken zu können.

Was tun Sie in der Neurophysiologie?

Als Neuropsychologin am Epilepsiezentrum Frankfurt verbinde ich wissenschaftliches und klinisches Arbeiten miteinander. Ich führe neuropsychologische Tests bei Epilepsie-Patienten durch und arbeite mit neurophysiologischen Daten, die wir am Zentrum generieren. Wissenschaftlich bin ich besonders an der Dynamik von epileptischen Netzwerken im Vergleich zum gesunden Gehirn interessiert.

Was reizt Sie persönlich an der Neurophysiologie?

Mich hat Hirnforschung immer schon sehr interessiert. Hirnforschung allgemein und kognitive Neurowissenschaften speziell sind ohne neurophysiologische Forschung nicht möglich. Darum habe ich Psychologie mit Schwerpunkt klinische Psychologie studiert und am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt promoviert. Am MPI habe ich die verschiedenen Methoden der Neurophysiologie kennengelernt, mit Magnetenzephalografie gearbeitet und Einblicke in neurophysiologische Fragen und Arbeitsweisen bekommen. Letztendlich liegt für mich die Faszination in der engen Verbindung zwischen Wissenschaft und Klinik.

Welche Methoden werden in der Klinischen Neurophysiologie verwendet?

Das EEG zählt zu den Basismethoden in der neurologischen Diagnostik und der Gehirnforschung. Hinzu kommen die Elektromyografie (EMG) sowie Einzelzellableitungen und die Untersuchung der Aktivität von Zellverbänden. Neben dem EEG haben sich weitere Methoden wie zum Beispiel das fMRT für die funktionelle Bildgebung etabliert. Im Moment entwickelt sich das Repertoire an neurophysiologischen Methoden rasant weiter, die Möglichkeiten für neue Therapien, die sich daraus ergeben, sind hoch spannend. Damit kann die Klinische Neurophysiologie seltene Erkrankungen aufdecken, komplexe Therapien durchführen und Patienten mit unheilbaren Erkrankungen zu mehr Lebensqualität verhelfen.

Als Neuropsychologin arbeiten Sie mit vielen anderen Disziplinen eng zusammen. Wie funktioniert das?

Ja, ohne geht es gar nicht! Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist in der Neurophysiologie der Schlüssel für den Fortschritt. Für das Wissen über die Forschungs- und Datenverarbeitungsmethoden, zum Beispiel beim Umgang mit großen Daten oder beim Programmieren, spielen die Grundlagenforscher eine große Rolle, darauf sind sie trainiert. In der Klinik braucht man vor allem das Wissen, um Signale auch unverarbeitet lesen zu können, wie etwa ein EEG beim Epilepsie-Patienten, um zu sagen, was schon pathologisch ist und was noch im Normbereich liegt. Ärzte haben ein größeres klinisches Wissen, Grundlagenforscher sind besser in der Datenverarbeitung. Deshalb müssen verschiedene Fachbereiche zusammenarbeiten. Im Moment vernetzen sich auch zahlreiche nicht-medizinische Disziplinen mit der Neurophysiologie: Informationstechnologie, Virtual Reality oder künstliche Intelligenz. Das macht meine Arbeit und die gesamte Hirnforschung so unheimlich dynamisch und spannend.

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