Hygiene

Könnte es Sepsis sein? Deutschland erkennt Sepsis!

14.05.2021 - Damit Sepsis als Notfall stärker ins Bewusstsein aller vordringt, setzt sich ein Bündnis für Aufklärung ein und startet die Kampagne „Deutschland erkennt Sepsis“.

Sepsis kann jeden treffen und gilt als lebensbedrohlicher Notfall. Mit rund 75.000 Todesfällen pro Jahr ist Sepsis die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Dabei seien schätzungsweise 15.000 bis 20.000 Todesfälle in der Bundesrepublik vermeidbar. Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist es, die Symptome einer Sepsis frühzeitig zu erkennen und richtig einzuordnen. Nur so können schwere Folgeschäden als auch viele Spätfolgen, wie Amputationen, chronische Erschöpfung und Depressionen, vermieden werden.

Um diesem Ziel näher zu kommen wurde Ende Februar 2021 die Kampagne „Deutschland erkennt Sepsis“ vom Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) initiiert. Getragen wird diese von einer Kooperation des APS mit der Sepsis-Stiftung, dem Sepsisdialog der Universitätsmedizin Greifswald und der Deutschen Sepsis-Hilfe. Als Premiumunterstützer bringen sich der Verband der Ersatzkassen (vdek) und mehrere Krankenkassen, die Asklepios Kliniken sowie Unternehmen aus Pharmazie und Medizintechnik ein. Die Schirmherrschaft liegt bei der Patientenbeauftragten der Bundesregierung Prof. Dr. Claudia Schmidtke.

Sepsis-Paradox: wenig Wissen bei hoher Krankheitslast

Es ist erstaunlich, wie wenig über Sepsis bekannt ist, insbesondere aufgrund der hohen Krankheitslast. Nach einer deutschlandweiten repräsentativen Umfrage aus dem Jahr 2018

  • wussten nur 17 % der Befragten, dass Sepsis durch Infektionen ausgelöst wird,
  • hielten 23 % Sepsis für eine allergische Reaktion,
  • glaubten 30 %, dass Sepsis primär durch „Killerkeime“ im Krankenhaus ausgelöst wird,
  • war vielen unbekannt, dass es gegen manche Infektionen (z.B. Pneumokokken, Influenza), die eine Sepsis auslösen können, effektive Impfungen gibt,
  • glaubte die Mehrheit, dass das Hauptsymptom einer Sepsis ein roter Streifen ist, der über den Arm zum Herz zieht.

Allein diese Ergebnisse zeigen, wie nötig eine fachlich fundierte Information der Bevölkerung aber auch von Medizinern und Pflegekräften in der Kommunikation mit Betroffenen und Angehörigen ist. Nur so können Warnsignale frühzeitig erkannt und die Symptome adäquat behandelt werden.

Sepsis-Zusammenhang: schweren COVID-19-Verlauf bedenken

Da jeder zweite Sepsis-Fall außerhalb des Krankenhauses auftritt, kommt die Kampagne vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie genau zur richtigen Zeit: Sie macht deutlich, worauf Patienten achten müssen und dass bei Verdacht auf eine Sepsis unverzüglich medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen ist. Denn Sepsis kann nicht nur von bakteriellen, sondern auch von viralen Erregern wie Grippe-, oder Coronaviren sowie von Pilzen und Parasiten ausgelöst werden.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass fast 60 % der Patienten mit schwerem COVID-19-Verlauf eine Sepsis bis hin zum septischen Schock entwickeln können. Von 100 Patienten mit COVID-19 entwickeln zwei bis fünf ein Organversagen, das eine Sepsis anzeigt. Ein frühes Erkennen und Behandeln einer Sepsis ist daher bei einer COVID-19 Infektion besonders wichtig.

Sepsis-Wahrnehmung: vier Forderungen der Kampagnenpartner

Damit in Zukunft gilt „Deutschland erkennt Sepsis“, fordern die Kampagnenpartner:

  1. Unterstützung für eine breitenwirksame Kampagne zum Thema Sepsis,
    denn es geht um die Stärkung der Gesundheitskompetenz mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten.
  2. Patientensicherheit und das Thema Sepsis müssen explizit in der Aus- und Weiterbildung aller Gesundheitsberufe verankert werden,
    denn Angehörige aller Gesundheitsberufe können zur ersten Anlaufstelle von Betroffenen werden: vom Personal in den ambulanten Praxen über die Apotheken, die Pflegekräfte in der Langzeitpflege und die therapeutischen Kontakte bis hin zum Rettungsdienst – sie müssen besser darin geschult werden, die Symptome einer Sepsis zu erkennen, ernst zu nehmen und entsprechend zu handeln.
  3. In den Krankenhäusern müssen die strukturellen Voraussetzungen vorhanden sein bzw. geschaffen werden, um Sepsis schnell zu erkennen.
    Beispielsweise können eine spezielle Sepsis-Pflegekraft oder Rapid-Response Teams wertvolle Unterstützung für nachhaltige krankenhausweite Schulungs- und Qualitätsverbesserungskampagnen leisten. Mit Hilfe von Qualitätssicherungsverfahren muss schnellstmöglich überprüft und sichergestellt werden, dass die nötigen Strukturen für eine gute Versorgung (ausreichend Personal, spezialisiertes Personal, Geräte, Möglichkeiten zur schnellen Blutkulturdiagnostik vor Ort) tatsächlich vorhanden sind. Hier sind die Verantwortlichen in den Krankenhäusern gefragt, schnellstmöglich Verbesserungen vorzunehmen, und nicht auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu warten. Der G-BA wiederum ist gefordert, geeignete Maßnahmen in einer Qualitätssicherungs-Richtlinie zu verankern. Ein Auftrag ans IQTIG ist bereits ergangen, Vorschläge für geeignete Maßnahmen zu erarbeiten. Das Verfahren wird jedoch noch mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen.
  4. Weiterentwicklung der Sepsisversorgung durch innovative Projekte und Ausbau der telemedizinischen Versorgung.
    Gefordert sind hier beispielsweise das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie der Innovationsfonds des G-BA. Einzelne erfolgsversprechende Initiativen dazu gibt es bereits. Dabei zeigt sich, dass aussagekräftige Forschung eine verlässliche Datengrundlage verlangt und Sepsis auch in Deutschland zu den Krankheiten gehört, die bis heute untererfasst werden. Um das zu ändern und auch, um das Bewusstsein für Sepsis zu schärfen, fordern die Partner – im Einklang mit der WHO – die klare Kodierung jedes Sepsisfalls. Auch der Aufbau weiterer, sektorenübergreifender telemedizinischer Netzwerke, bei dem teilnehmende Krankenhäuser und Niedergelassene jederzeit die Möglichkeit haben, über digitale Anwendungen (z. B. Televisiten oder Expertenchats) infektiologische oder intensivmedizinische Expertise einzuholen, kann die Versorgung verbessern.

Sepsis-Informationen: Website als Plattform

Als Dreh- und Angelpunkt der Kampagne sehen die Partner ihre Website www.deutschland-erkennt-sepsis.de. Dort sind zahlreiche Informationsmaterialien zur Sepsis, den typischen Warnzeichen und den Verhaltensregeln im Notfall zu finden. Ferner wurden ein Kampagnenlogo, ein Flyer, Poster sowie der Aufklärungsfilm „Sepsis: Gönn dem Tod ne Pause“ entwickelt, der über Soziale Medien verbreitet werden soll.

Aufgerufen zum Mitmachen sind auch Einrichtungen des Gesundheitswesens. Unter dem Motto „Sepsis geht alle an!“ finden sich beispielsweise eine Handlungsempfehlung für Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und Angehörige anderer Gesundheitsberufe sowie eine weitere Handlungsempfehlung für das Management im Gesundheitswesen.

Nun wird sich zeigen, ob der Zusammenschluss und die konzertierte Aktion langfristig wirken und einen nachhaltigen Beitrag zur frühzeitigen Erkennung und Therapie der Sepsis bieten können. Werden Web und Social Media ausreichen, die Angehörigen aller Gesundheitsberufe und Fachrichtungen zu erreichen oder bedarf es einer stärker proaktiv ausgerichteten Kommunikation, um auch im Gesundheitssystem breite Awareness mit entsprechendem Handlungsdruck zu erzielen?

Autorin: Nina Passoth, Berlin

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