Radioimmuntherapie von Kopf-Hals-Tumoren
28.06.2021 - Bei der Behandlung verschiedener Krebsarten, so auch im Kopf-Hals-Bereich, ist heute die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren zusätzlich zu Bestrahlung und Chemotherapie üblich – doch ist Letztere immer nötig?
Eine aktuelle Studie zeigt, dass bereits nach dem ersten Behandlungszyklus die Messung der CD8-Immunzellen im Tumorgewebe eine konkrete Vorhersage des individuellen Therapieansprechens erlaubt. „Bei einem CD8-Anstieg muss nur die Radioimmuntherapie fortgeführt werden, auf die Chemotherapie kann dann ohne Einbußen der Wirksamkeit verzichtet werden“, bestätigt Prof. Rainer Fietkau, Erlangen, DEGRO-Präsident.
Die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren ist aus der Behandlung bösartiger Tumoren nicht mehr wegzudenken. Bei metastasierten Tumoren hat die Immuntherapie in vielen Situationen die Chemotherapie abgelöst und dabei langfristig bessere Ergebnisse bei niedrigeren Nebenwirkungs-raten erzielt. Nachteil der Immuntherapie ist jedoch, dass je nach Organtumor nur 10–4 0% der Patientinnen und Patienten von dieser Therapie profitieren. Patientinnen und Patienten, die nicht auf diese Therapie ansprechen, haben ein hohes Risiko, dass ihr Tumor sogar schneller wächst als bei einer üblichen Chemotherapie.
Als Maß für das Ansprechen des Tumors auf eine Immuntherapie werden bestimmte Rezeptoren (PDL-, PDL-1-Status, CPS-Status) in der feingeweblichen Untersuchung gemessen. Je mehr Rezeptoren vorliegen, desto besser wirkt die Immuntherapie.
Zur Verbesserung dieser Situation wurde in Erlangen eine Phase-II-Studie bei Kopf-Hals-Tumoren durchgeführt, bei der das Ansprechen eines Tumors auf Immuntherapie in Kombination mit Strahlentherapie auf andere Art bestimmt wurde: Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich erhielten zunächst einen Zyklus einer Chemoimmuntherapie. Vor und nach dieser Behandlung wurde in der feingeweblichen Untersuchung des Tumors bestimmt, ob sich die Immunzellen (CD8-Zellen) in diesem Tumor vermehrt ansammeln und anzeigen, dass eine Immuntherapie hier wirksam ist. Wurde ein Anstieg der CD8-Zellen festgestellt, so erfolgte anschließend eine Radioimmuntherapie. Wurde ein Abfall oder kein Anstieg der CD8-Zellen festgestellt, so war davon auszugehen, dass der Tumor nicht auf eine Radioimmuntherapie anspricht, und die Behandlung wurde umgestellt. Die Patientinnen und Patienten erhielten dann eine Operation, konventionelle Radiochemotherapie mit Zytostatika. In diese Untersuchung wurden insgesamt 80 Patientinnen und Patienten (79 Patientinnen und Patienten waren auswertbar, ein Patient musste aufgrund einer Tumorblutung vor Beginn von jeglicher Therapie ausgeschlossen werden) aufgenommen, bei 41 dieser Patientinnen und Patienten konnte nach dem ersten Zyklus in der feingeweblichen Untersuchung kein Tumor mehr nachgewiesen werden, bei insgesamt 72 der 79 Patientinnen und Patienten zeigte sich ein Anstieg der CD8-Zellen, sodass diese Patienten eine Radioimmuntherapie erhielten. 7 der 79 Patientinnen und Patienten wurden aufgrund eines Abfalls der CD8-Zellen oder aufgrund von Nebenwirkungen der Immuntherapie mit einer Operation oder einer konventionellen Radiochemotherapie behandelt.
Auch die langfristigen Therapieergebnisse zeigen mit Überlebensraten von ca. 70–80 % sowohl bei den Patienten, die mit Radioimmuntherapie als auch mit der konventionellen Radiochemotherapie behandelt wurden, im Vergleich zu anderen Studien günstige Ergebnisse.
Die Studie zeigte, dass durch eine biologische Auswahl von Patientinnen und Patienten mittels eines Zyklus Chemoimmuntherapie der Effekt einer Immuntherapie bzw. Radioimmuntherapie gut vorhersehbar ist. Diese Untersuchung kann als Modell dafür dienen, wie Patientinnen und Patienten in Zukunft für eine Immuntherapie ausgewählt werden können, sodass die Zuteilung zu einer Immuntherapie oder einer notwendigen Chemotherapie sicher erfolgen kann.
Kontakt
Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V.