Roboterbasiertes Röntgen im Klinikum Fürth
06.06.2022 - Die Radiologie im Klinikum Fürth arbeitet seit Mitte 2020 mit zwei volldigitalen Adora-DRi-Systemen und drei mobilen X-Ray Units von Canon Medical Systems.
Im Interview sprechen Priv.-Doz. Dr. Thomas Bayer, Chefarzt Allgemeinradiologie, und Prof. Dr. Stephan Kloska, Chefarzt Neuroradiologie, und die leitende MTRA, Stefanie Mattner, über die Vorteile der neuen Systeme und darüber, inwiefern sie gerade auch zu Corona-Zeiten davon profitiert haben.
M&K: Was zeichnet Ihr Haus und speziell die Radiologie aus? Welche Besonderheiten gibt es?
Priv.-Doz. Dr. Thomas Bayer: Unser Haus verfügt über 800 Betten und diese Zahl wächst weiter. Unsere Röntgenabteilung wird für das gesamte Spektrum genutzt, akut, elektiv, ambulant und stationär. Das Klinikum Fürth hat eine große Notaufnahme, die direkt an die Röntgenabteilung angrenzt. Insofern ist unser konventionelles Röntgen insbes. auch nachts und am Wochenende im Notfallbetrieb im Dauereinsatz. Hierbei decken wir das gesamte Spektrum der Akutversorgung ab, sowohl bei neuroradiologischen als auch bei allgemeinradiologischen Indikationen.
Welche speziellen Anforderungen werden dadurch an Ihre Abteilung und Ihre Röntgensysteme gestellt?
Prof. Dr. Stephan Kloska: Durch unsere sehr aktive Notaufnahme haben wir einen großen Anteil an Patienten mit eingeschränkter Mobilität und nachts ist manchmal nur eine MTRA im Einsatz. Darum brauchen wir ein System, bei dem die Patienten einfach und auch von einer Person alleine umgelagert werden können. Da kommt uns die Funktionalität des Adora-Systems, bei dem keine Umlagerung in der 2. Ebene erforderlich ist, sehr entgegen. In der ersten Pandemiewelle wurden rund 50 % der COVID-19-Fälle der Region im Klinikum Fürth behandelt, in Hochzeiten waren es bis zu 90 stationäre Patienten. Gerade in dieser Phase, wo der Andrang mit Patienten auf COVID-Verdacht ausgesprochen groß war und ist und wir schnell nach COVID-Patienten und Verdachtsfällen vorsortieren mussten, konnten wir mit dem Adora-System in der Notaufnahme sehr schnell agieren.
Sie haben Ihre Abteilung im Bereich konventionelle Röntgendiagnostik komplett neu aufgestellt. Gab es einen konkreten Anlass für den Umstieg auf das volldigitale System?
Bayer: Ein Komplettwechsel zu einem volldigitalen System war die einzig denkbare Option für uns. Am roboterbasierten Röntgen kommt man heute einfach nicht mehr vorbei.
Kloska: Grundsätzlich kann man sagen, dass es die Überlegungen, auf ein volldigitales System umzusteigen, schon länger gab. Aber Corona hat die Anschaffung noch einmal maßgeblich beschleunigt.
Ihre Bucky-Räume wurden durch zwei Adora-DRi-Systeme ersetzt. Sind Sie zufrieden mit dem neuen System? Was sind besondere Vorteile?
Bayer: Mit dem Adora-System können wir die Aufnahmerichtung der Bildgebung jederzeit optimal einstellen, ohne den Patienten umlagern zu müssen, wie beispielsweise bei axialen Aufnahmen beider Hüftgelenke. Kraftsparende Arbeitsabläufe, eine durchdachte Menüführung und umfassende Auto-Positionierung unterstützen unsere MTRAs. Das System lässt sich fernsteuern, ohne dass man an den Patienten unmittelbar herantreten muss.
Die Tatsache, dass das System von außen zu bedienen ist, war natürlich gerade auch in der Pandemie hinsichtlich der einzuhaltenden Isolationsmaßnahmen und Hygienevorschriften ein wichtiges Argument.
Kloska: … und wir können deutlich wirtschaftlicher arbeiten als mit dem alten Speicherfoliensystem, das vorher im Einsatz war.
Auch das mobile Röntgen auf den Stationen wurde umgestellt. Wie sind dort Ihre Erfahrungen?
Kloska: Die mobilen Geräte haben Handling und Workflow deutlich verbessert. Das alte System stieß an seine Grenzen. Gerade in den COVID-Bereichen sind wir viel mobil unterwegs, weil sich die Mitarbeiter so nur einmal umziehen müssen. Beim alten System haben wir eine Kassette pro Patient benötigt, die ausgelesen werden musste. Jetzt sparen wir uns den umständlichen Kassettenwechsel und über die wireless verfügbaren Worklists können die Daten außerdem direkt den einzelnen Patienten zugeordnet werden.
Bayer: Mit den Motor betriebenen Einheiten sind wir schnell im Haus unterwegs. Und das System passt mühelos in den Fahrstuhl, das ist ein wichtiges Argument. So können wir zügig die einzelnen Aufträge aus den Stationen erfassen und abarbeiten. Damit das mobile Röntgen nicht inflationär genutzt wird, machen die MTRAs mittlerweile jeweils eine „Röntgen-Runde“ für elektive COVID-Röntgenfälle am Vor- und eine am Nachmittag.
Hat sich die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter dadurch verändert?
Stefanie Mattner: Für uns ist es grundsätzlich ein großer Vorteil, dass wir mit dem Adora-System spontan zwischen Betten und mobilem Betrieb wechseln können. Bei der Arbeit mit den mobilen Geräten auf Station ist der logistische Aufwand deutlich geringer geworden. Jetzt müssen wir statt der Kassetten nur noch einen Detektor tragen, das macht das Handling für unser Team sehr viel einfacher. Außerdem funktioniert der Patientenwechsel schnell und vollautomatisch, das erleichtert uns die Umlagerung gerade auch bei adipösen Patienten enorm. Und auch für die Patienten selbst ist das natürlich viel komfortabler.
Wie zufrieden sind Sie mit der Bildqualität und der reduzierten Strahlenbelastung?
Bayer: Bei einem roboterbasierten System ist eine perfekte Ausrichtung der Strahlenquelle zum Detektor möglich. Dadurch ist es deutlich einfacher, eine optimale Bildqualität bei hoher Dosisreduktion zu erzielen.
Kloska: … was natürlich von den Einstellungen abhängt, da mussten wir noch etwas nachjustieren. Wir haben die Positionierung verändert und die Messkammern umgestellt und die MTRAs mussten eine etwas andere Vorgehensweise wählen. Die Parameter der Canon-Bildverarbeitung wurden letztlich so eingestellt, dass Bildeindruck und Dosisreduktion unseren hohen Anforderungen entsprechen.
Sie arbeiten mit speziellen Flachdetektoren. Was sind dabei die besonderen Eigenschaften?
Bayer: Die Flachdetektoren sind leicht zu bedienen und funktionieren selbsterklärend.
Kloska: Von unseren MTRAs haben wir außerdem die Rückmeldung bekommen, dass die Flachdetektoren nur unwesentlich schwerer sind als die bisherigen Röntgenkassetten. Das ist fürs tägliche Handling natürlich entscheidend.
Mattner: … und durch die eingelassenen Griffmulden auf der Rückseite sind sie besser zu transportieren. Die Gefahr des Fallenlassens ist deutlich geringer. Auch die Reinigung der Flachdetektoren gestaltet sich aufgrund ihrer hohen Wasserbeständigkeit unkompliziert. Nicht zu vergessen das Detektor-Sharing: Wir haben im Haus insgesamt sechs Canon-Flachdetektoren in zwei unterschiedlichen Größen im Einsatz, die wechselseitig mit allen Canon-Systemen betrieben werden können, wodurch wir flexibler sind und die Ausfallsicherheit erhöht wird.
Wie hat die Einführung des neuen Systems unter den erschwerten Corona-Bedingungen funktioniert?
Bayer: Das hat trotz der Ausnahmesituation erfolgreich geklappt. Canon hat sich vorbildlich verhalten.
Quelle: Canon Visions 31-2021
Zur Person
Stefanie Mattner ist leitende MTRA im Institut für Radiologie und Neuroradiologie. Ihr Examen zur MTRA absolvierte sie 2002 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. Seit August 2002 arbeitet sie als MTRA im Radiologischen Institut und übernahm 2018 die Position der leitenden MTRA.
Prof. Dr. Stephan Kloska, MHBA, ist diagnostischer und interventioneller Neuroradiologe. Er absolvierte nach dem Medizinstudium in Tübingen und Kanada seine Ausbildung zum Facharzt für Radiologie sowie die Schwerpunktweiterbildung Neuroradiologie am Universitätsklinikum Münster. Nach der Habilitation wechselte er 2008 in die Neuroradiologische Abteilung am Universitätsklinikum Erlangen, wo er zuletzt die Funktion des Leitenden Oberarztes innehatte. Seit 2016 hat Prof. Kloska am Klinikum Fürth die diagnostische und interventionelle Neuroradiologie etabliert und ist seit 2019 Chefarzt der Neuroradiologie im Institut für Radiologie und Neuroradiologie.
Priv. Doz. Dr. Thomas Bayer absolvierte sein Medizinstudium in Bonn und Straßburg. Nach seiner Facharztausbildung war er am Universitätsklinikum Erlangen als Oberarzt für die MRT-Diagnostik und für die Interventionsradiologie verantwortlich. Seine Habilitation erfolgte im Jahr 2018 zum Thema muskuloskelettale Radiologie und Sportverletzungen. Seit 2020 ist er Chefarzt für Allgemeinradiologie im Institut für Radiologie und Neuroradiologie des Klinikum Fürth.