TK-Auswertung: Pflegefachpersonen häufiger krank als andere Erwerbstätige
01.08.2023 - UKE-Projekt unterstützt Pflegefachpersonen in besonders belastenden Arbeitssituationen.
Um Pflegefachpersonen in schwierigen und psychisch belastenden Arbeitssituationen zu unterstützen, hat das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) mit seiner Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie das Projekt „Stress- und Traumaprävention“ entwickelt. Die TK fördert das Projekt seit dem Jahr 2019. Bereits 81 kollegiale Ansprechpartner*innen, sogenannte Peer-Beratende, konnten seitdem ausgebildet werden. Die Peer-Beratenden führen Gespräche nach besonders belastenden Arbeitssituationen. So werden die Pflegefachpersonen am UKE zeitnah, niedrigschwellig und fachgerecht unterstützt.
Pflegefachpersonen in Hamburg sind häufiger krank als Menschen, die in anderen Berufsgruppen arbeiten. Das zeigt eine aktuelle Sonderauswertung der Techniker Krankenkasse (TK). Mit durchschnittlich 27,4 Tagen fielen sie im Jahr 2022 gut neun Tage häufiger krankheitsbedingt aus als TK-versicherte Erwerbspersonen, die nicht in einem Pflegeberuf arbeiten (18,2 Tage). Im Zehnjahresvergleich ist das eine Steigerung von knapp 30 Prozent. Die Gründe für eine Krankschreibung sind insbesondere psychische Erkrankungen und Atemwegserkrankungen (jeweils rund 5,8 Tage), gefolgt von Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (rund 4,9 Tage), wie eine bundesweite Auswertung der Fehlzeiten zeigt.
TK verlängert Förderung für UKE-Projekt zur Stress- und Traumaprävention bis Ende 2024
„Seit Jahren sehen wir, dass Pflegefachpersonen in Hamburg – aber auch bundesweit – im Vergleich zu anderen Berufsgruppen gesundheitlich besonders belastet sind. Für die überdurchschnittlich hohen Fehlzeiten in der Pflege sind psychische Belastungen einer der Hauptgründe“, sagt Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg. „Umso wichtiger ist es, dass das UKE dieses Problem erkannt hat und seine Mitarbeitenden dabei unterstützt, mit sehr belastenden Arbeitssituationen umzugehen und ihre psychische Gesundheit aufrechtzuerhalten. Wir freuen uns, dass wir als TK zusammen mit dem UKE als starkem Partner und einem der größten Arbeitgeber in Hamburg das Projekt nun bis Ende 2024 unterstützen können. Denn nur wenn es den Pflegefachpersonen gesundheitlich gut geht, können sie sich gut um pflegebedürftige Menschen kümmern und ihrem Beruf lange nachgehen.“
Eine Befragung von mehr als 1.000 UKE-Beschäftigten aller klinischen Bereiche zeigt, dass mehr als neun von zehn Beschäftigten aus den klinischen Bereichen des UKE im Verlauf eines Jahres mindestens ein außergewöhnlich belastendes Ereignis in ihrem Berufsalltag erleben, zum Beispiel außergewöhnliche Notfälle oder gewalttätige Übergriffe. In den akut- und intensivmedizinischen Bereichen, der Onkologie sowie der Geburtshilfe und der Kinder- und Jugendmedizin kommen solche Ereignisse besonders häufig vor. Mehr als ein Drittel der Befragten gab an, von solchen Ereignissen im Wohlbefinden ziemlich (27,8 Prozent) oder sehr (9,7 Prozent) beeinträchtigt zu sein. „Aus der Untersuchung wissen wir, dass acht von zehn Befragten die Angebote des UKE als wichtig einschätzen. Und auch während des Projektverlaufs haben wir sehr positive Rückmeldungen bekommen. Insofern treffen wir mit dem Projekt genau den Kern“, sagt Joachim Prölß, Direktor für Patienten- und Pflegemanagement und Personalvorstand des UKE. „Wir haben aber auch gemerkt, dass sich ein Wandel, wie wir ihn mit dem Projekt angestoßen haben, nicht von heute auf morgen vollziehen lässt. Dafür braucht es Geduld und Zeit. Deshalb freuen wir uns, dass wir das Projekt mit Unterstützung der TK fortführen und weitere Bausteine zur Stress- und Traumaprävention – wie Unterrichte für unsere Auszubildenden – erproben können.“
Kollegiale Ansprechpartner*innen für niedrigschwellige Hilfe
Obwohl sich das Projekt zur Stress- und Traumaprävention von Beginn an alle Professionen richtete, nutzten zunächst vor allem pflegerische Beschäftigte die Fortbildungs- und Schulungsangebote. Deshalb wurde bereits seit 2020 ein besonderer Fokus darauf gelegt, Ärzt*innen für die Ausbildung zu sogenannten Peer-Beratenden zu gewinnen. Dass der Anteil der ärztlichen Peer-Beratenden im Team der Klinik für Anästhesiologie daraufhin auf über 45 Prozent stieg, ist für Michael van Loo, Projektleiter und Geschäftsbereichsleiter Personal des UKE, ein echter Erfolg: „Die Peer-Beratung ist ein vielfach empfohlenes Element der psychosozialen Sekundärprävention – also der Unterstützung von Beschäftigten nach außergewöhnlich belastenden Arbeitsereignissen. Umso wichtiger ist, dass sich die kollegialen Beratenden in allen Berufsgruppen wiederfinden. Deshalb ist es auch sinnvoll, bereits Auszubildende und Studierende für Gesundheitsberufe für das Thema zu sensibilisieren. So werden sie auf potenzielle psychische Herausforderungen in ihren klinischen Tätigkeiten vorbereitet und kennen frühzeitig entsprechende betriebliche Unterstützungsstrukturen.“ Bis Ende 2024 soll dieser Projektbaustein daher weiter erprobt und ausgebaut werden.
Zum Hintergrund
Die Zahlen zu den Fehlzeiten stammen aus dem TK-Gesundheitsreport 2023 für Hamburg. Grundlage dafür bilden die rund 5,6 Millionen bei der TK versicherten Erwerbstätigen im Alter zwischen 15 und unter 65 Jahren, darunter rund 253.000 in Hamburg.
Für die Mitarbeitendenbefragung wurden von September bis November 2022 insgesamt mehr als 1.000 Beschäftigte aus allen klinischen Bereichen des UKE befragt.
Im Präventionskonzept „Starke Pflege“ berät und unterstützt die TK stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen sowie Krankenhäuser dabei, gesundheitsfördernde Maßnahmen und Strukturen im Betrieb zu schaffen – für Beschäftigte, Patient*innen und für Pflegebedürftige. Vor diesem Hintergrund unterstützt die TK seit 2019 das Betriebliche Gesundheitsmanagement des UKE in vier Teilprojekten – darunter das Projekt zur Stress- und Traumaprävention für Angestellte im klinischen Bereich. Eine Übersicht über aktuelle Projekte und Angebote der TK in Hamburg liefert der Artikel „Gut gepflegt in Hamburg“ (tk.de; Suchnummer 2073034).
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