Mehr Schutz vor tödlicher „Blutvergiftung”
12.09.2023 - Die Paracelsus-Kliniken untersuchen Verbesserungsmöglichkeiten beim schnellen Erkennen und Behandeln von Sepsen.
Jährlich sterben etwa 75.000 Menschen in Deutschland an einer Sepsis. Die komplexe Entzündungsreaktion ist damit die dritthäufigste Todesursache bundesweit und selbst wer sie überlebt, kann schwere Folgeschäden erleiden. Etwa 20.000 Todesfälle pro Jahr und viele Spätfolgen wären vermeidbar, wenn die Sepsis rechtzeitig erkannt und schnellbehandelt würde. Für die Paracelsus-Kliniken in Osnabrück ein Grund, in allen ihren Kliniken aktiv zu werden. „Eine Sepsis ist ein Notfall. Das Problem ist, dass in vielen Krankenhäusern die Keime, die dazu führen können, oft nicht schnell genug erkannt und nicht zielgerichtet genug behandelt werden”, erklärt Dr. Karolin Graf, Leiterin des Zentralinstituts für Krankenhaushygiene der Paracelsus-Kliniken in Deutschland. Vor rund eineinhalb Jahren hat das Gesundheitsunternehmen darum unter ihrer Leitung eine interne Informationskampagne ins Leben gerufen. Ziel ist es vor allem, das konkrete medizinische Handeln in der Praxis zu verbessern. „Das Wichtigste ist, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den richtigen und sicheren Umgang mit diesen bakteriellen Infektionen nachhaltig zu vermitteln”, erklärt Dr. Graf. Diese Aufgabe haben die Paracelsus-Kliniken multimedial gelöst. Um möglichst alle Beschäftigten zu erreichen gab und gibt es Live- und Online-Vorträge zum Thema, Video-Tutorials über die Mitarbeiter-App „ParaConnect” und Karten für die Kitteltaschen zur Diagnostik und antibiotischen Therapie. Ein echter Hingucker ist das sogenannte „SixBac“, ein mit Fakten zur Sepsis bedruckter Getränketräger aus Pappe. Er soll daran erinnern, immer drei Paare Blutkulturen abzunehmen, um den Erreger der Sepsis sicher diagnostizieren zu können, eine Praxis, die längst nicht in allen Krankenhäusern in Deutschland üblich ist.
Positives Fazit nach 18 Monaten
Anlässlich des Welt-Sepsis-Tag am 13. September haben die Paracelsus-Kliniken nun eine erste Bilanz ihrer Kampagne gezogen. „Wir haben das Thema in den vergangenen 18 Monaten trotz der Pandemie in allen Häusern intensiv vermittelt und auch in unsere Hygiene-Aktionstage eingebaut. Die Kampagne ist bei den Beschäftigten ausgesprochen gut angekommen”, freut sich Dr. Graf. „Unser Erfolg lässt sich schon an einer recht einfachen Zahl festmachen”, ergänzt Joachim-Peter Biniek, Doktorand und Weiterbildungsassistent am Zentralinstitut für Krankenhaushygiene und Umweltmedizin der Paracelsus-Kliniken. „Die Anzahl der verbrauchten Blutkulturflaschen hat sich um 50 Prozent erhöht. Das heißt: Mehr Diagnosen und mehr Sicherheit für unsere Patientinnen und Patienten. In 85 Prozent der Fälle haben wir tatsächlich Keime gefunden und konnten rechtzeitig eine Antibiotika-Therapie einleiten.” Biniek hat das Projekt parallel wissenschaftlich begleitet und Behandlungszahlen und -verläufe an vier verschiedenen Standorten von Paracelsus ausgewertet. Dabei ging es ihm vor allem darum, zu untersuchen, wie die Behandlungsleitlinien in der therapeutischen Praxis eingehalten werden. Die Ergebnisse der Untersuchung, die kurz vor der Veröffentlichung stehen, sollen nun im nächsten Schritt den Ärzt*innen in den Kliniken im Rahmen von Fortbildungen vorgestellt werden.
Nachhaltig besser werden
„Das sind Daten, die an Kliniken der Grund- und Regelversorgung so in Deutschland noch nie erhoben wurden”, weiß Dr. Karolin Graf, die selbst Chefärztin ist. „Wir haben jetzt die große Chance, sie für eine optimierte Diagnostik und Therapie nachhaltig in der Praxis einzusetzen.“ Bis Mitte nächsten Jahres soll der Wissenstransfer abgeschlossen sein. Und im Nachgang könnte dann eine zweite Untersuchung die Ergebnisse der Kampagne in der Praxis bestätigen. „Es ist unser Traumziel, dort die positiven Ergebnisse wie eine verbesserte Verschreibung der Antibiotika oder eine stetig hohe Zahl von Blutkulturflaschen zu messen“, blickt Dr. Graf in die Zukunft. „Denn dann hätten wir schwarz auf weiß, dass sich unsere Kampagne gelohnt hat und wir in unserem Kampf gegen die Sepsis im Sinne unserer Patientinnen und Patienten erfolgreich waren.” Bis dahin läuft die Informationskampagne der Paracelsus-Kliniken weiter. Letztendlich könnten nach ihrem Abschluss auch andere Kliniken in Deutschland von den Ergebnissen der Paracelsus-Kliniken profitieren.
Welt-Sepsis-Tag klärt auf
Der Welt-Sepsis-Tag am 13.09. will aufklären, das Bewusstsein für Sepsis in der Öffentlichkeit erhöhen und auf Probleme bei der Sepsis-Prävention, -Diagnostik, -Therapie und -Rehabilitation aufmerksam machen. An diesem Tag finden deutschlandweit Veranstaltungen, Workshops und Vorträge statt. Gleichzeitig wurde die Kampagne „Deutschland erkennt Sepsis” ins Leben gerufen. Sie klärt über die Gefahren der Sepsis auf und will die typischen Warnzeichen in der Bevölkerung und beim medizinischen Personal bekannter machen. Die Initiative wird vom Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) und seinen Partnern getragen: der Sepsis Stiftung, der Deutschen Sepsis-Hilfe, dem Sepsisdialog und dem Verband der Ersatzkassen (vdek). Seit 2022 hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Schirmherrschaft für die Sepsis-Kampagne inne.
Auf der Webseite www.deutschland-erkennt-sepsis.de sind zahlreiche Informationen zu den typischen Warnzeichen und den Verhaltensregeln im Notfall zu finden. Außerdem wurden Flyer, Poster und der Aufklärungsfilm „Sepsis: Gönn dem Tod ‘ne Pause“ entwickelt, der über Social Media verbreitet wird.