Sturzrisiko als Nebenwirkung: Wie KI-basierte Systeme älteren Menschen bei der richtigen Medikation helfen
02.07.2024 - Stürze sind die Hauptursache für Verletzungen und verletzungsbedingte Todesfälle bei älteren Menschen. Einen maßgeblichen Anteil daran haben die Nebenwirkungen bestimmter Medikamente, die das Sturzrisiko erhöhen.
Diese „Fall risk increasing drugs“ (FRIDs) werden z.B. zur Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen oder Depressionen verschrieben. Um eine personalisierte Sturzprophylaxe im klinischen Alltag zu ermöglichen, untersucht Professorin Nathalie van der Velde vom Amsterdam University Medical Center (Amsterdam UMC), wie Prognosemodelle oder klinische Entscheidungshilfesysteme dazu eingesetzt werden können.
Derzeit arbeitet die Geriaterin an KI-basierten Entscheidungshilfesystemen zum Umgang mit FRIDs für die klinische Praxis. Über diese Entwicklung und weitere zukunftsweisende Themen spricht Natalie van der Velde in ihrer Keynote-Lecture beim Gerontologie- und Geriatrie-Kongress, der vom 11. bis 14. September an der Universität Kassel stattfindet.
Einen Meilenstein stellen die 2022 erschienenen World Falls Guidelines dar, an deren Entwicklung van der Velde in führender Funktion beteiligt war. Diese beinhalten auch ein Kapitel zum Thema FRIDs. „Ziel war es, gemeinsam evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen zur Sturzprävention und zum Sturzmanagement für ältere Menschen zu entwickeln, die von Angehörigen der Gesundheitsberufe und anderen Fachleuten angewendet werden können. Dabei haben wir einen personenzentrierten Ansatz gewählt, der die Perspektive älterer Erwachsener, von Pflegepersonen und anderen Interessensvertretern einbezieht“, erklärt Nathalie van der Velde. In einem modifizierten Befragungsverfahren nach der Delphi-Methode hat sie dafür zusammen mit einer weltweit agierenden Gruppe von Expertinnen und Experten sowie Interessensgruppen dezidierte Empfehlungen entwickelt, über die sie ebenfalls beim Kongress in Kassel sprechen wird.
Gemeinsame Entscheidungsfindung mit KI-Unterstützung
Gemeinsam mit Experten für medizinische Informatik und Kommunikation haben Nathalie van der Velde und ihr Team an der Entwicklung von KI-basierten personalisierten Prognosemodellen in elektronischen Gesundheitsakten gearbeitet – sowohl für Hausarztpraxen als auch für Sturzkliniken. Diese wurden in klinische Entscheidungshilfesysteme und Patientenportale aufgenommen, die leitlinienbasierte Entscheidungsregeln für die Verschreibung von FRIDs und Unterstützung bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung enthalten.
Diese werden im Rahmen der niederländischen Studien „SNOWDROP“ (Primärversorgung) und „_IT RCT“ getestet, über die van der Velde beim Kongress in Kassel ebenfalls berichten wird. Ziel dieser multizentrischen Studien ist es, die Verschreibung von Medikamenten zu personalisieren und die gemeinsame Entscheidungsfindung zu optimieren, um so Stürze mit Verletzungen zu verhindern und die Gesundheitskosten zu senken. „Die Ergebnisse werden wertvolle Erkenntnisse darüber liefern, wie digitale Gesundheitsinformatik-Tools, die sich an Ärzte sowie ältere Erwachsene richten, Verordnungen optimieren können, z.B. durch eine angemessene Entschreibungspraxis und die Unterstützung gemeinsamer Entscheidungen“, sagt die Geriaterin.
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