Hygiene

Hygiene und effiziente Prozesse in Zentralsterilisationen

03.06.2015 -

Krankenhäuser sehen sich aktuell zunehmendem Druck ausgesetzt, die Prozesse in ihren zentralen Sterilgutversorgungsabteilungen (ZSVA) zu optimieren.

Nach den jüngsten Meldungen über systematische Fehler bei der Aufbereitung von Sterilgut für den OP-Betrieb in verschiedenen Krankenhäusern, führen die Regierungspräsidien künftig mit aufgestocktem Personal verstärkt Kontrollen in Zentralsterilisationen durch.

Um Klinikmanager bei der systematischen Analyse und bei der darauf basierenden Verbesserung ihrer Prozesse zu unterstützen, haben die HWP Planungsgesellschaft mbH (HWP) und die Gesellschaft für Betriebsorganisation und Unternehmensplanung mbH (GBU) aktuell eine neue dynamische Simulationsmethode entwickelt. Neu an dieser Methode ist der Vorteil, die freien Kapazitäten bzw. die Auslastungen der einzelnen Bereiche in Zentralsterilisationen bestimmen zu können. Am Praxisbeispiel des Caritas-Krankenhauses Bad Mergentheim wurde die dynamische Simulation erstmalig im Rahmen einer Simulationsstudie eingesetzt. Auf der Grundlage der Studienergebnisse wurden bereits Optimierungen vorgenommen.

Die Prozesse in Zentralsterilisationen mit den hohen Anforderungen an die Qualität der Sterilgutaufbereitung bilden die Voraussetzung für vorschriftsgemäß gereinigtes Sterilgut und sind ein wichtiger Punkt im Risiko- und Qualitätsmanagement von Kliniken. In der jüngeren Zeit wurden verschiedene Fälle öffentlich, in denen diese Qualitätsanforderungen in Kliniken nicht erfüllt wurden: Zu wenig qualifiziertes Personal, Nichteinhaltung der Prozesse, bauliche Unzulänglichkeiten und nicht validierte Geräte erhöhen das Risiko nicht ordnungsgemäß gereinigter Instrumente enorm. Unter dem Eindruck dieser Hygieneskandale werden die klinischen Aufsichtsbehörden der Regierungspräsidien nun verstärkt strengere Kontrollen der ZSVAs durchführen. Es ist zu erwarten, dass infolge der Überprüfungen vielfach Modernisierungen und Neuanschaffungen notwendig werden. Für Krankenhäuser ist es dabei wichtig, von Anfang an die Wirtschaftlichkeit der Investitionen sicherzustellen. Hierzu leistet die dynamische Simulation von HWP und GBU einen wertvollen Beitrag. Denn sie unterscheidet sich von vereinfachten, konventionellen Berechnungen, welche eine statische Last auf Basis von Mittelwerten zugrunde legen, die in der Realität so nicht gegeben ist.

Neue Methode zur Kapazitätsberechnung der ZSVA

Die dynamische Simulation von HWP und GBU setzt dagegen auf eine realitätsnahe Abbildung der Kapazitäten. Dadurch ergeben sich andere Auslastungen als bei einer statischen Rechnung, wodurch eine verbesserte Annäherung an die Klinikrealität erreicht wird.

Ziel der dynamischen Simulation von HWP und GBU ist es, den klinikinternen und den externen Zufluss des ungereinigten Sterilguts über den Tag zu verteilen. Dadurch ergibt sich eine zeitlich versetzte Nutzung der einzelnen Bereiche innerhalb der ZSVA.

Hierfür wurde ein Simulationsmodell entwickelt, welches sämtliche Teilprozesse der ZSVA wie Vorreinigungsplatz, die Reinigungs- und Desinfektionsgeräte (RDGs), Transportwagenwaschanlagen (WWAs), Containerwaschanlagen (CWAs), Packtische und den Sterilisator enthält. Neben den Teilprozessen sind auch die Abhängigkeiten der Teilprozesse untereinander sowie der Bedarf an Mitarbeitern zur Bedienung und manuelle Tätigkeiten hinterlegt. Das entstandene Basismodell kann parametrisiert, an individuelle Gegebenheiten angepasst und dadurch von vielen Kliniken genutzt werden. Der Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass nicht nur ein durchschnittlicher Tag mit einer durchschnittlichen Last betrachtet wird, sondern viele verschiedene mögliche Tage untersucht werden, die im Vorfeld der Simulation mit Hilfe von zufallsbasierten Methoden generiert werden. Diese bilden über die gesamte Menge mit ihren Höhen und Tiefen die Klinikrealität genauer ab als bei einem rein auf Mittelwerten basierenden Vorgehen.

Valide Daten als Basis für die Simulation

Essenziell für die Durchführung einer Simulationsstudie der ZSVA ist eine adäquate Datenbasis. Hierzu müssen verschiedene Größen aufbereitet werden, wie die Anzahl und die Leistungsparameter der Maschinen, die Anzahl der Packtische mit der Dauer der einzelnen Arbeitsschritte, die personelle Ausstattung und der Schichtplan für das Personal. Daneben wird eine Last an zu reinigendem Sterilgut definiert, welches in der ZSVA gereinigt werden soll. Die Last ergibt sich in erster Linie aus den OP-Zahlen der betroffenen Klinik, indem für jeden Operationstyp die notwendige Anzahl an Sets (Sieben) und Containern festgelegt wird. Relevant sind dabei weitere Zahlen wie z.B. die Behandlungszahlen aus der Intensivmedizin, die Zahlen zur Nutzung von Einmalgütern und steriler Kleidung, aber auch externe Lasten wie z.B. aus dem ambulanten Bereich oder niedergelassener Ärzte.

In den Fällen, in denen nicht auf empirische Daten zurückgegriffen werden kann, werden Prognosen oder realistische Annahmen getroffen. Dabei müssen die Parameter nicht zwangsläufig den aktuellen real vorliegenden Zahlen entsprechen, sondern können auch Annahmen über eine künftig gewünschte Ausrichtung der Klinik darstellen, sowie künftige Leistungsparameter oder potenziell einzusetzende Maschinen abbilden.

Relevanz der Simulation für die Krankenhausplanung

Derartig ausgestattet, kann die Simulation für verschiedene Szenarien folgende Ergebnisse liefern:

  • Quantitative Bestimmung der freien Kapazitäten als Basis für Entscheidungen, ob eine Mitversorgung eines weiteren Klinikums oder zusätzlicher Arztpraxen mit Sterilgut möglich ist
  • Prüfung von Prozessen, Offenlegung von Schwachstellen und dadurch Ermöglichung von Anpassungen im Hinblick auf eine angestrebte Zertifizierung
  • Grundlage für „make or buy“-Entscheidungen durch die Möglichkeit, die Kosten einer Modernisierung den Kosten einer Auslagerung gegenüberzustellen
  • Einschätzung, wie sich das Einbringen neuer Geräte auf die Kapazitäten und Auslastungen der ZSVA auswirken würde
  • Grundlage für die Entscheidung, ob die personelle Ausstattung bei Veränderung anderer Rahmenbedingungen ausreicht
  • Auswirkungen von Änderungen der personellen Ausstattung oder der Arbeitszeiten auf die Durchlaufzeiten und Kapazitäten
  • Optimierung der „In-House Logistik“
  • Möglichkeiten zur Optimierung der OP-Zeiten und Terminpläne

Wenn das Ergebnis der Untersuchung nahelegt, dass eine Modernisierung der ZSVA aus wirtschaftlicher Sicht zu begrüßen wäre, sind in diesem Zuge weitere Ansatzpunkte für Optimierungen gegeben. So können mit der Modernisierung von Zentralsterilisationen gleichzeitig auch moderne Verfahren der Dokumentation eingeführt werden. Beispielsweise steigt im Rahmen einer patientenbezogenen, fast vollautomatischen Erfassung von Daten die Rechtssicherheit der Krankenhäuser.

Praxisbeispiel: Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim

Erstmals angewandt wurde das neue Simulationsverfahren im Rahmen einer Studie für das Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim. Hier sollte die Frage beantwortet werden, ob die bestehende Zentralsterilisation in ihrer aktuellen Form und Kubatur auch künftig zur Versorgung des Krankenhauses mit Sterilgut ausreichend ist. Nachdem die notwendigen Daten der ZSVA und die OP-Zahlen zur Verfügung standen, wurden diese in die Simulation eingespielt.

Mit Hilfe der durchgeführten Simulationen konnten folgende kurz- und längerfristigen Ansatzpunkte sichtbar gemacht werden: „Für den Eigenbedarf des Krankenhauses reicht die vorhandene Kapazität auch künftig aus und die Sterilgutversorgung des Krankenhauses wird sichergestellt sein. Die vorhandenen RDGs sollten ausgetauscht werden, die Reinigungszone um eine Containerwaschanlage erweitert werden, um weitere Kapazitäten zu schaffen und den Arbeitsschutz zu verbessern“, beurteilt Walter Bischoff, Medizintechnikplaner bei HWP, die aktuelle Lage aufgrund der Simulationsergebnisse.

Aus der Simulation konnte auch die Grundlage für eine künftige, längerfristige Entwicklungsoption gewonnen werden: Die Installation weiterer Waschmaschinen würde dazu führen, dass die Anzahl der Packtische und die Kubatur der ZSVA erweitert werden müssten. „Mit der dynamischen Simulationsstudie konnten wir dem Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim somit über die aktuelle Situationsbewertung hinaus auch eine solide Basis für künftige Entwicklungsschritte liefern“, ergänzt Ulrich Uetz, Leiter des Geschäftsbereiches Medizin- und Labortechnik bei HWP.

Fazit und Ausblick

Mit der Entwicklung dieser innovativen Simulationsmethode ist es HWP und GBU dank der interdisziplinären Zusammenarbeit gelungen, in anderen Branchen bereits eingesetzte Simulationsmethoden im Rahmen des Anwendungsbeispiels Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim auf den Krankenhaussektor zu übertragen. „Ähnliche Fragestellungen haben wir in anderen Bereichen bereits häufig und mit Erfolg untersucht“, so Jiri Vacek von der GBU. „Es freut uns, dass wir nun in Zusammenarbeit mit unseren Kollegen von HWP die Simulationsmethoden auch auf die Zentralsterilisation eines Krankenhauses anwenden konnten.“

Die dynamische Simulation kann unter Einbezug verschiedener Parameter ohne großen Aufwand auch auf andere Kliniken und Klinikverbünde angewendet werden. Sie bietet damit das Potential, Sterilisationsprozesse hinreichend zu analysieren, Klarheit über vorhandene und notwendige Kapazitäten sowie ihre Einflussfaktoren zu erhalten. Die aussagekräftigen Ergebnisse und die Interpretation der dynamischen Simulationsstudie eröffnen Krankenhäusern die Chance, die Weichen für technische und betriebsorganisatorische Verbesserungen stellen zu können. Auch bauliche Entwicklungen, die als Folge der Simulationsergebnisse abgeleitet werden können, können so frühzeitig auf den Weg gebracht werden.

Kontakt

HWP Planungsgesellschaft mbH

Rotenbergstr. 8
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