Nosokomiale Infektionen Wirtschaftliche Schäden und Gegenmaßnahmen
22.03.2012 -
Nosokomiale Infektionen breiten sich weltweit aus. Nicht mehr behandelbare Erkrankungen schädigen Patienten schwer bis hin zum frühzeitigen Tod. Im Zuge von Haftungsklagen wegen Behandlungsfehlern sprechen Gerichte hohe Entschädigungen zu. Diese schlagen sich in der Höhe der Versicherungsprämie nieder.
Der wirtschaftliche Schaden für das verantwortliche Krankenhaus ist ungleich größer, da Teile der Haftpflicht-Schäden im Selbstbehalt verbleiben. Hinzu kommen Vermögensschäden, wenn Umsätze wegbrechen. Neben dem Reputationsverlust, der wenigstens zeitweilig zu einem Rückgang der Patientenzuweisung führt, sind es behördlich angeordnete (Teil-)Betriebsschließungen, die zu relevanten Umsatzeinbußen führen.
Am Beispiel zweier niederländischer Fälle soll exemplarisch der Haftungsfall und der Betriebsunterbrechungsfall bei Nosokomialinfektionen dargestellt werden:
Beispiel A
Im Mai 2011 wurde in der Presse publik, dass in einem Krankenhaus mehrere Todesfälle durch einen multiresistenten Keim verursacht wurden. Am selben Tag wurde aufgrund des öffentlichen Drucks die Infektion mehrerer Patienten mit multiresistenten Keimen (ESBL oxa48, K. pneumoniae) vom Krankenhausbetreiber an die örtlichen Gesundheitsbehörden gemeldet.
Trotz strenger Vorgaben durch die Gesundheitsbehörden im folgenden Monat waren weitere Infektionen nicht zu verhindern. Das Krankenhaus wurde daraufhin unter direkte Aufsicht gestellt und kontrolliert. Zahlreiche Verstöße gegen gängige Regeln und nur unzureichende Befolgung von Bekämpfungsmaßnahmen wurden im Rahmen der Überprüfungen festgestellt. Erst regelmäßige unangekündigte Kontrollen und weiter intensivierte Beratung führten schließlich zur Einhaltung aller angeordneten Maßnahmen. Im Anschluss kam es zum Erliegen der Epidemie.
Eine Aufarbeitung der Fälle zeigte, dass über einen Zeitraum von zwei Jahren mehr als 4.000 Patienten unnötig Kontakt mit dem multiresistenten Keim hatten. Bereits im Oktober 2010 wurden die sich häufenden Infektionen festgestellt. Bis Dezember 2010 waren insgesamt 31 schwere Infektionsfälle mit dem Indikatorkeim bei der Klinikleitung bekannt. Bei der Aufarbeitung wurden 27 Todesfälle mit Klebsielleninfektion untersucht. Bei drei Fällen ist die Infektion sehr wahrscheinlich ursächlich für den Tod, bei weiteren 10 möglicherweise beteiligt.
Bei der Haftpflichtversicherung wurden in drei Todesfällen und bei 10 schweren Gesundheitsschäden Ansprüche angemeldet. Der Versicherungsschaden ist in Gänze noch nicht abzuschätzen. Wahrscheinlich wird die versicherte Summe nicht ausreichen, um alle zustehenden Ansprüche zu decken. Durch Presseberichte kam es außerdem zu einem starken Rückgang der Behandlungszahlen.
Beispiel B
Innerhalb eines Monats wurden zwei Infektionen mit multiresistenten K. pneumoniae auf der herzchirurgischen Intensivstation festgestellt. Da es trotz intensivierter hygienischer Maßnahmen zu einer weiteren Infektion kam, wurden die zuständigen Gesundheitsbehörden informiert. Eine Infektionsquelle ließ sich nicht finden. Nach einem erneuten Infektionsfall wurde die Intensivstation für eine Woche geschlossen, um u.a. auch bauliche Sanierungsmaßnahmen durchzuführen.
Trotzt organisatorischer Gegenmaßnahmen bricht der OP-Betrieb in dieser Woche zusammen. Wirtschaftlich kommt es für das Haus neben den erhöhten Kosten für das Isolationsmanagement zu Umsatzeinbußen von mehreren Hunderttausend Euro.
Das Krankenhaus hat eine Versicherungspolice für diesen Fall abgeschlossen. Der Umsatzverlust wird so zum Großteil erstattet. Wegen der frühen Reaktion des Krankenhauses und der massiven Intervention auch der Behörden ließ sich der Schaden insgesamt begrenzen.
Fazit
Nosokomiale Infektionen werden zu einer wirtschaftlichen Bedrohung für Krankenhäuser. Auch für Versicherer sind die sich mehrenden Schäden eine Herausforderung. In Kooperation mit den Kunden sind Maßnahmen zur Verhinderung von Infektionen und zur Eindämmung von Ausbrüchen vorzusehen.
Dabei sollte auch der weiter gehende wirtschaftliche Schaden im Auge behalten werden. Eine Betriebsunterbrechungsversicherung lässt sich nur erfolgreich anbieten, wenn Versicherung und Krankenhaus eng bei der Schadensprävention und -bearbeitung zusammenarbeiten. Dann ist es möglich, neue Versicherungsprodukte zum Schutz vor wirtschaftlichen Totalschäden einzuführen.
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