IT & Kommunikation

Digital Health – Chance oder Risiken und Nebenwirkungen?

Mit dem Gesundheitswesen widmet sich der Münchner Kreis einem besonders sensiblen Bereich, der letztendlich jeden betrifft.

28.05.2018 -

Wie die Digitalisierung und die Nutzung großer Datenmengen zur Verbesserung der Patientengesundheit beitragen und welche Chancen und Risiken sich ergeben, diskutierten rund 140 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik am 16. Mai auf der Fachkonferenz „Digitalisierung und Big Data als Treiber für ein patienten- und outcome-orientiertes Gesundheitswesen“.

In Vorträgen und Podiumsdiskussionen wurden konkrete Anwendungsbereiche thematisiert und auch anhand des Blicks in andere Länder gezeigt, wie die Digitalisierung das Gesundheitswesen verbessern kann.

„Das Gesundheitswesen ist im Bereich der Digitalisierung noch eine Baustelle – hier werden jetzt die Weichen gestellt“, beschrieb Bernhard Seidenath, Mitglied des Bayerischen Landtags und gesundheitspolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, die aktuelle Lage in Deutschland. Nur durch eine bessere Vernetzung aller Akteure und einen effizienteren Datenaustausch könne die Behandlung der Patienten optimiert und auf diese Weise letztendlich bessere Ergebnisse erzielt werden, so Seidenath in seiner Einführungsrede.

Infrastruktur first – Service second

Deutlich wurde: Eine funktionierende Infrastruktur ist die Voraussetzung für die Implementierung konkreter Services und Plattformen im Bereich „Digital Health“. Prof. Dr. Bernhard Wolf, Technische Universität München, erläuterte: „Gerade für die Gesundheitsbranche brauchen wir hohe Kapazitäten in der Breitbandverfügbarkeit. Dieser Aspekt ist bisher leider vernachlässigt worden.“ Damit der Datenaustausch zwischen den verschiedenen Akteuren reibungslos und patientenorientiert erfolgen kann, ist darüber hinaus eine Vereinheitlichung der Schnittstellen und existierenden Anwendungsstandards unerlässlich.

Big Data ist gut, Datenschutz ist besser

Die Einführung von Gesundheitsdatenzentren bietet die Möglichkeit der Analyse großer Datensätze, beispielsweise für die Therapie- und Versorgungsforschung, anhand derer eine Ableitung verbesserter Behandlungsmethoden erfolgen kann. Gleichzeitig wirft das „Sharing“ von Patientendaten die Frage nach den richtigen Schutzmechanismen und gesetzlichen Rahmenbedingungen auf. Dr. Fabian Prasser vom Klinikum rechts der Isar machte deutlich, dass durch unterschiedliche Verfahren der Datentransformation, wie Pseudonymisierung oder Stichprobenziehung, sichergestellt werden müsse, dass die verwendeten Daten nicht re-identifizierbar seien. „Im Endeffekt ist Datenschutz auch ein Abwägungsprozess zwischen Risiko vs. Nützlichkeit – hier sollte immer zum Wohle des Patienten entschieden werden“, urteilte der Experte für Datenschutz in der Medizin. Big Data macht eine 4P-Medizin – präventiv, personalisiert, präzise und partizipativ – möglich. Gleichzeitig rückt der Patient als Akteur weiter in den Fokus. Damit die Bereitschaft zu Veränderungen und das Vertrauen in die Technologie gestärkt werden, müsse die Datenverantwortlichkeit ernst genommen und Daten verschlüsselt werden. Den Schlüssel dazu habe dann der Patient, unterstrich Dr. Barbara Böttcher, von Watson Healthcare, IBM Deutschland GmbH.

Internationaler Vergleich

Länder wie Estland, Dänemark, Japan oder Norwegen sind Vorreiter im Bereich „Digital Health“. Dessen ungeachtet hinke die Digitalisierung des Gesundheitssystems – beispielsweise verglichen mit dem Finanzsektor – international hinterher, analysierte Dr. Stefan Biesdorf, McKinsey & Company, Inc. Dass dies neben schwerfälligen regulativen Fortschritten zumeist an Denkansätzen und weniger an technischen Voraussetzungen liegt, brachte Professor Josef Noll, Basic Foundation, Kjeller und Universität Oslo auf den Punkt: Während in Deutschland noch „System Thinking“ vorherrsche, gäbe es in Norwegen eine vernetzte „Try and Succeed“ Herangehensweise.

Zum Abschluss der Fachkonferenz resümierte Prof. Dr. Michael Dowling, Vorstandsvorsitzender des Münchner Kreis: „Die Herausforderungen liegen auf der Hand. Jetzt gilt es, konkrete Lösungsansätze zu finden, um das Gesundheitssystems unterstützen zu können und Potenziale der Digitalisierung zu nutzen. Dabei darf die Digitalisierung kein Selbstzweck sein, sondern ein Instrument zum Wohle des Patienten.“

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