AHS – Alto Hospital Service: Einkaufen wie bei Aldi
08.03.2018 -
Der deutsche Markt für Medizinprodukte ist hart umkämpft und ins Visier der Global Player geraten. Mit einer Allianz mittelständischer Unternehmen will Peter Albrecht, Gründer von AHS – Alto Hospital Service, dem Verdrängungsdruck Paroli bieten.
Nomen est Omen, und auf Peter Albrecht, 72, passt diese lateinische Redensart gleich in zweifacher Hinsicht. Der Düsseldorfer Unternehmer trägt nicht nur den gleichen Nachnamen wie die beiden Erfinder des Aldi-Discountmarktes, sondern teilt auch ein zentrales Anliegen mit ihnen. Seit Ende letzten Jahres arbeitet der Gründer von AHS –Alto Hospital Service daran, eine Allianz aus verschiedenen mittelständischen Medizin-Unternehmen zu schmieden, die es ihren Mitgliedern ermöglicht, ihre Produkte „wie bei Aldi“ dauerhaft zu günstigen Preisen anzubieten. Und das auf einem Markt, der umkämpft ist wie kaum ein anderer: dem deutschen Markt für Medizinprodukte.
„Dank der Bündelung unserer Bestellmengen können wir den Einkaufsabteilungen der Kliniken attraktive Angebote machen“, erklärt Medizin-Unternehmer Albrecht, dessen Medical Alliance vor allem kleineren Nischen-Anbietern helfen soll, im aktuellen Verdrängungskampf zu bestehen.
Bitte mehr Tupfer!
Die Krankenhauslandschaft hat sich in den vergangenen 25 Jahren dramatisch verändert. Von mehr als 2.400 Kliniken wurden seit 1991 fast 500 abgebaut, die Zahl ihrer Betten um rund 25 % auf 499.000 reduziert. Gleichzeitig stieg die Zahl stationärer Patienten um 5,5 Mio. auf fast 20 Mio. im Jahr 2016. Rund um deren Versorgung macht der medizinische Bedarf mit bis zu 60.000 verschiedenen Produkten fast die Hälfte aller Sachkosten aus.
2017 erreichte das Marktvolumen für medizinische Verbrauchsartikel in Deutschland erstmals 120 Mrd. €. Und steigende Patientenzahlen bei gleichzeitig kürzerer Verweildauer lassen den Bedarf an Verbrauchsmaterial, Untersuchungs-Handschuhen, OP-Masken oder Schutzkitteln weiter steigen. Dass damit die Belieferung der Krankenhäuser mit Medizinprodukten als Geschäftsfeld zunehmend ins Visier internationaler Konzerne gerät, sehen Experten mit Sorge. „In der Konsequenz“, so Wolfgang Appelstiel, Geschäftsführer der Krankenhauseinkaufsgemeinschaft Clinicpartner, „könnte künftig eine Handvoll Global Player den Beschaffungsmarkt Krankenhausbedarf dominieren. Die Vielfalt medizinischer Verbrauchsprodukte würde dabei zum Wohle der Patienten auf der Strecke bleiben.“
Kampf mit harten Bandagen
Als besonders aggressiv zeigen sich US-amerikanische Großkonzerne. Erst im April des vergangenen Jahres hat der Medizinprodukte-Riese Becton Dickinson den Rivalen C R Bard übernommen, zuvor schluckte der US-Konzern Medtronic den irischen Wettbewerber Covidien, im Januar 2017 gab Abbott den Abschluss der Übernahme von St Jude Medical bekannt und stieg zum Marktführer im ebenfalls hart umkämpften Medizintechnik-Markt auf. Experten fürchten, dass die M&R-Welle, die bereits die Pharma-, Generika- und Medizintechnik-Branchen weltweit durcheinanderwirbelt, auf Deutschland überschwappen könnte, zumal die Grenzen von Medizintechnik bis zu Medizinprodukten nahezu fließend sind.
Verdrängungsdruck entgegen
In kürzester Zeit hat der Unternehmer Peter Albrecht verschiedene mittelständische Partner für seine Medical Alliance gewonnen. Mit im Boot sind beispielsweise Igefa, einer der größten deutschen Krankenhaus-Dienstleister im Bereich Desinfektion und Reinigung, der Schweizer Medizinalprodukteanbieter Webstar sowie die Einkaufsgemeinschaft Clinicpartner. Peter Albrecht ist zuversichtlich, dass er weitere Mittelständler zum Einsteigen motivieren wird. Im Gespräch erläutert er die Hintergründe zur Gründung der Einkaufsplattform.
M&K: Herr Albrecht, Sie haben im Jahr 2016 die Einkaufsplattform gegründet. Was waren die Gründe?
Peter Albrecht: Vor allem Spezialanbieter hochqualitativer Nischenprodukte laufen Gefahr, vom Radar der strategischen
Einkaufsabteilungen von Kliniken und Krankenhauskonzernen gekickt zu werden. Durch unseren Zusammenschluss – wir sind derzeit acht Partner – können wir Produkte wie Untersuchungshandschuhe oder Schutzkittel günstiger als bisher anbieten und werden so für Krankenhäuser als Partner dauerhaft attraktiv. Mit ihrem gemeinsamen Umsatz von knapp 2,2 Mrd. € tummelt sich die Medical Alliance aber immer noch als junger Guppy im Haifischbecken der Großen.
Auf welchem Konzept basiert die Idee?
Peter Albrecht: Das Konzept funktioniert auf der Basis einer Allianz ohne gesellschaftliche Verflechtung. Dies bietet alle Vorteile wie die gemeinsame synergetische Nutzung des Netzes, der jeweiligen Infrastrukturen sowie des individuellen Produkt-Portfolios der Partner.
Damit können wir die Spezialangebote kleinerer Anbieter und deren Einkaufskraft zu einem europaweit einmaligen Produkt-Portfolio bündeln. Wir sichern einheitlich hohe Qualitätsstandards und gewährleisten den Beschaffungsverantwortlichen in den Klniken weiterhin die nötige Auswahl und Vielfalt an Produkten.
Was kann eine Klinik durch einen Einkauf bei Medical Alliance im Vergleich zu früher einsparen?
Peter Albrecht: Eine Kiste Untersuchungshandschuhe mit 100 Paar lässt sich durch den Zusammenschluss um etwa 60 Cent je Box günstiger anbieten. Ein Krankenhaus mit circa 250 Betten verbraucht im Jahr geschätzt etwa 15.000 Boxen, also 1,5 Millionen Handschuhe. Der Effekt ist also erheblich.
Wie kommt die Idee der Einkaufsplattform bei den Krankenhäusern an?
Peter Albrecht: Sehr gut. Wir haben einige Projekte laufen. Dies ist auch bitter notwendig. Konzerne aus den USA oder China drängen vehement in den Sektor. Mittelständische Unternehmen wie Alto Hospital Service können meiner Ansicht nach in diesem Verdrängungskampf langfristig nur bestehen, wenn sie sich gezielt zusammenschließen.
Zur Person
Mit elektronischen Kopfhörern für Patienten stieg Peter Albrecht, 72, erstmals 1996 in die Krankenhausversorgung ein. Den eigentlichen Durchbruch erfuhr das von ihm gegründete Unternehmen AHS Alto Hospital Service 2007 mit der Erweiterung des Portfolios auf sterile und unsterile Produkte. Seither betrachtet der Groß- und Außenhandelskaufmann, den Kampf gegen die weltweite Bakterienkrise, „gegen Norovirus, MRSA und Co. als persönliche Herausforderung“. Für sein Sortiment an medizinischen Verbrauchsartikeln von mehr als 200 Artikeln betreibt das Unternehmen mit Hauptsitz in Düsseldorf ein Logistik- und Produktionszentrum in Albrechts hessischer Heimatstadt Bad Hersfeld. Mit seinem Credo – „Zwischen Elefantenbeinen wächst noch genügend Gras“ – bringt der Unternehmer seine Geschäftsphilosophie auf den Punkt.
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