Mini-Schirmchen statt Tablette
Herzkatheter-Eingriff senkt Schlaganfall-Risiko bei älteren Patienten
Die meisten Schlaganfälle nehmen ihren Anfang in einer weitgehend unerforschten Sackgasse des menschlichen Herzens, dem sogenannten Herzohr. Besonders gefährdet sind Patienten, die an einer verbreiteten Form von Herzrhythmusstörungen, dem Vorhofflimmern, leiden. Sie laufen Gefahr, dass winzige Blutklümpchen, die sich in den Herzohren ablagern, in den Organismus geschwemmt werden und dort wichtige Gefäße verschließen. Gemindert wird das Risiko einer solchen Embolie bislang meist durch Medikamente wie Marcumar.
„Diese Blutgerinnungshemmer werden aber nicht von allen Patienten vertragen", sagt Dr. Benno Hennen. Der 48-Jährige ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin - Kardiologie am Städtischen Krankenhaus in Pirmasens. Mit großem Erfolg setzen Dr. Hennen und sein Team daher ein Therapieverfahren ein, bei dem die Verbindung zwischen Herzohr und dem linken Vorhof mit einem wenige Millimeter großen, doppelten Draht-Schirmchen verschlossen wird. Das sogenannte ACP-Implantat ist erst seit Dezember vergangenen Jahres in Deutschland zugelassen. Fünf der insgesamt 65 Operationen bundesweit, bei denen Patienten das neue Doppelschirmchen bislang eingesetzt wurde, wurden in Pirmasens ausgeführt. Das Westpfälzer Krankenhaus ist zudem als einzige Klinik, die die neuen Implantate zum Verschluss der Herzohren verwendet, keinem Lehr- oder Universitätsbetrieb angeschlossen.
Zwar sei die eigentliche Funktion der Herzohren, die eine Art von „totem Winkel" am Herzen des Menschen bilden, bislang nicht eindeutig geklärt, sicher aber ist, dass ein Zusammenhang zwischen Herzrhythmusstörungen und der Bildung kleiner Gerinnsel besteht, die später zu Verschlüssen, unter anderem im Gehirn der Patienten führen können. Dr. Hennen erklärt: „Bei einem Vorhofflimmern, das der Patient oft als ein unangenehmes Herzrasen empfindet, schlagen Herzkammern und Vorhöfe mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Dabei kann es zu Lähmungen des linken Vorhofes kommen, die den Blutklümpchen Gelegenheit geben, sich in den Herzohren abzulagern." Ist der normale Blutfluss wieder hergestellt, werden die Gerinnsel abtransportiert und treten ihre gefährliche Reise durch den Körper an. Nach Auskunft von Dr. Hennen zählen Gerinnsel, die aus dem Herzohr kommen, zu den häufigsten Ursachen von Schlaganfällen bei älteren Patienten. Vor allem diese aber sind es, denen die Einnahme von Blutgerinnungshemmern wie Marcumar Schwierigkeiten bereitet.
Für Abhilfe sorgt am Städtischen Krankenhaus Pirmasens nun das neue ACP-Doppel-Schirmchen, das mit einem Katheter in die Öffnung zwischen Vorhof und Herzohr geführt und dort entfaltet wird. Der Ablauf des Eingriffes gleicht einer ganz normalen Herzkatheter-Untersuchung, wie sie allein im vergangenen Jahr in über 1.600 Fällen am Städtischen Krankenhaus der Schuhmetropole durchgeführt wurde. Hat sich das Schirmchen entfaltet, beginnt der Herzmuskel schon nach wenigen Tagen damit, das feine Drahtgeflecht, das die bisherige Öffnung auf beiden Seiten der Herzwand verschließt, mit neuem Gewebe zu überziehen, und so sei - sagt Dr. Hennen - eine der wichtigsten Ursachen für gefährliche Schlaganfälle auf unkompliziertem Wege und ohne den oft überflüssigen Einsatz von gerinnungshemmenden Medikamenten beseitigt.