Aus der Corona-Krise lernen: Einrichtung eines Pandemielagers
29.10.2021 - Aufgrund extremer Versorgungsengpässe während der ersten Pandemiewelle haben die Elblandkliniken ihre Warenwirtschaft überprüft und neue Beschaffungsstrategien entwickelt.
Die Elblandkliniken (ELK) sind ein kommunaler Gesundheitskonzern mit ca. 1.100 teil- und vollstationären Betten in drei Akutkliniken, einer Reha- und Fachklinik für Neurologie und einem MVZ-Verbund mit knapp 30 Praxen verschiedener Fachrichtungen, einer Laborgesellschaft (mit Mikrobiologie) sowie einer Service- und Logistikgesellschaft, in der u. a. Technik, Sicherheitsdienst, Reinigung, Patienten- und Mitarbeitercatering verortet sind. Insgesamt beschäftigen die ELK ca. 3.000 Mitarbeiter.
Die erste Corona-Pandemiewelle im Frühjahr 2020 hatte auch die Elblandkliniken vor das Problem gestellt, dass extreme Engpässe in der Versorgung mit Utensilien der persönlichen Schutzausrüstung, aber im weiteren Verlauf auch anderen eigentlich täglich verwendeten Artikeln die Arbeit des medizinischen Personals beeinflusst hat. Um im weiteren Pandemieverlauf nicht erneut vor dem Problem zu stehen, hatten sich die Elblandkliniken entschlossen, ein eigenes Pandemielager aufzubauen.
Lieferverfügbarkeit und alternative Artikel prüfen
Die Einrichtung eines eigenen Pandemielagers war mit vielen Herausforderungen verbunden; zum einen die Lieferverfügbarkeit der benötigten Artikel und zum anderen die benötigte Lagerfläche sowie Abbildung und Monitoring der Bestände. Eine enge Zusammenarbeit des Einkaufs mit dem Vorstand der Elblandkliniken in wirtschaftlichen Fragen und der Krankenhaushygiene zur Abstimmung der vielfältigen alternativen Artikel, insbesondere bei Schutzkitteln, Handschuhen und Desinfektionsmitteln war unerlässlich.
Aufgrund der unsicheren Liefersituation bei vielen Artikeln der Schutzausrüstung wie Schutzkittel, Handschuhe und Desinfektionsmittel war eine Aufstockung der Lagerbestände notwendig, um die Versorgung der Kliniken sicherzustellen. Dies führte jedoch zu erheblichen Platzproblemen im Zentrallager am Elblandklinikum Meißen und notwendigen Abstimmungen mit Arbeitsschutz- und Brandschutzbeauftragten wegen zusätzlicher Stellflächen. Aus dem Zentrallager werden auch die Standorte in Radebeul und Riesa sowie die Reha-Klinik in Großenhain versorgt. Durch häufigeren Warenumschlag muss die nur begrenzte Größe des Zentrallagers bereits bei normalen Liefersituationen mithilfe organisatorischer Maßnahmen ausgeglichen werden, um die Versorgung der Kliniken zu gewährleisten. Täglich werden durchschnittlich 120 Wareneingänge mit 400 verschiedenen Positionen gebucht und es verlassen täglich rund 1.200 Positionen das Zentrallager.
Standortlösungen für die erweiterte Lagerhaltung finden
Übergangsweise hat das Amt für Katastrophenschutz des Landkreises Meißen Platz für rund 20 Paletten in seinem Lager zur Verfügung gestellt. Ausgelagert wurden von Mai bis September 2020 Schutzanzüge, FFP-2 Masken, OP-Mundschutzmasken sowie Schutzkittel im Wert von insgesamt circa 300.000 €.
Parallel wurden im Umkreis liegende und zu vermietende Lagerhallen besichtigt und zusätzlich eine Containerlösung in Betracht gezogen. Die Containerlösung wurde aufgrund der langen Lieferzeit und des ungelösten Standortes sowie der mindestens perspektivisch viel zu kleinen Lagerfläche ziemlich schnell verworfen. Von Vorteil für die Elblandkliniken ist hierbei der zur Tochtergesellschaft Elbland Service- und Logistik gehörende Fuhrpark, der die Transporte in ein externes Lager übernehmen kann.
In der Gesamtbetrachtung der zu erwartenden monatlichen Kosten fiel die Entscheidung auf eine Lagerhalle einer Spedition, die neben einem transparenten Preismodell (Kosten pro Handling und Preis pro Palette und Monat) auch das komplette Handling der Paletten übernimmt und nur 5 min Fahrweg vom Elblandklinikum Meißen entfernt ist. Aktuell lagern dort etwa 200 Paletten mit Schutzausrüstung und Beatmungszubehör. Dazu gehören beispielsweise 2 Mio. Untersuchungshandschuhe, 180.000 OP-Mundschutzmasken, 100.000 FFP2-Masken und 30.000 Schutzanzüge. Alle eingelagerten Artikel haben eine Mindestreichweite von vier Wochen, um Lieferengpässe auszugleichen, und machen einen bis zu siebenstelligen Materialwert aus. Zusätzlich wurden zwei Paletten (2.520 Flaschen) Händedesinfektionsmittel als Notfallreserve angeschafft.
Neue Beschaffungsstrategien entwickeln
Bis dahin war es jedoch ein weiter Weg, da die bekannten und etablierten Lieferquellen für die zu bevorratenden Artikel teilweise komplett ausgefallen sind. Es mussten daher zwangsläufig andere Beschaffungsstrategien zum Einsatz kommen. Hierfür nachfolgend einige Beispiele:
Der Lieferant für Untersuchungshandschuhe konnte nicht liefern, ebenso fielen alle namhaften alternativen Lieferanten aus, sodass zu einem großen Teil Untersuchungshandschuhe bei neuen und bisher unbekannten Lieferanten beschafft wurden, deren Produkte anhand der Datenblätter und Zertifikate im Vorfeld zu prüfen waren.
Zur Überbrückung des Lieferausfalls im Bereich Desinfektionsmittel wurde in der klinikeigenen Apotheke Hände- und Flächendesinfektionsmittel auf Ethanolbasis selbst hergestellt bzw. aus 1.000-Liter-Containern selbst abgefüllt. So konnten rund 10.500 Flaschen mit je 500 ml Händedesinfektion und 750 Kanister mit je 5 Litern Flächendesinfektion von der Apotheke bereitgestellt werden. Parallel wurde ein zweiter Hauptlieferant aufgebaut und ein Standort auf ein neues Flächendesinfektionsmittel umgestellt.
Ein weiteres Beispiel sind die Lieferengpässe bei Einweg-OP-Mänteln. Hier wurde ein Standort der Elblandkliniken auf Mehrweg-OP-Mäntel umgestellt, um die Versorgung der anderen beiden Standorte mit den bisherigen Einweg-OP-Mänteln sicherstellen zu können.
Oberstes Ziel war hierbei immer die Sicherstellung der Versorgung, auch wenn wirtschaftliche Betrachtungen natürlich fortlaufend durchgeführt wurden und werden. Das engmaschige Monitoring der Lagerbestände und offenen Lieferungen bei kritischen Artikeln der Schutzausrüstung und Beatmungszubehör wird bis auf Weiteres fortgeführt.
Autoren
Christoph Kutschker und Bianca Hahn, Elblandkliniken, Meißen
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