Ausschluss eines Herzinfarkts durch KI-Algorithmus und Schnelltest
02.09.2024 - Forschende konnten nachweisen, dass mit Hilfe eines Troponin-Schnelltests in Kombination mit Maschinellem Lernen ein Herzinfarkt schneller und effizienter als bislang ausgeschlossen werden kann.
Forschende des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) sowie der Cardio-CARE in Davos (Schweiz) konnten nachweisen, dass mit Hilfe eines Troponin-Schnelltests in Kombination mit Maschinellem Lernen ein Herzinfarkt schneller und effizienter als bislang ausgeschlossen werden kann.
Der dafür genutzte personalisierte Artificial Intelligence in Myocardial Infarction Study (ARTEMIS)-Algorithmus kann unabhängig von großen Versorgungsstrukturen im ambulanten und präklinischen Bereich durchgeführt werden und könnte so zu einer Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser beitragen.
Die Studienergebnisse wurden in Lancet Digital Health veröffentlicht und auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in London vorgestellt.
Brustschmerzen sind ein wesentliches Symptom eines Herzinfarkts und die weltweit häufigste Ursache für die Einlieferung in die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Jedoch haben nur fünf bis 25 % dieser symptomatischen Patienten tatsächlich einen akuten Myokardinfarkt, der eine sofortige Behandlung benötigt. Um einen akuten Herzinfarkt zu erkennen oder auszuschließen, wird der hochsensitive Troponinwert im Blut des Betroffenen ermittelt.
Troponin ist ein Proteinkomplex, der nur im Herzmuskel vorkommt und bei Schädigungen der Muskelzellen ins Blut gelangt. Internationale Leitlinien empfehlen zur Diagnose eines Herzinfarkts laborbasierte Troponintests. Die Auswertung dieser Tests dauert im Labor bis zu 60 Minuten und berücksichtigt keine individuellen Patienteninformationen wie beispielsweise Alter und Geschlecht. Die neuen Troponin-Schnelltests, die Point-of-Care-Tests (POC-Test), ermöglichen eine Messung des Troponinwertes innerhalb von etwa acht Minuten.
Die Forschenden konnten nachweisen, dass mit diesen Schnelltests eine präzise, effiziente Herzinfarktdiagnostik möglich ist, wenn diese in einen personalisierten KI-Algorithmus eingebettet werden. Dann war eine einzige Troponin-Schnelltestbestimmung dem standardmäßig empfohlenen Diagnoseverfahren sogar überlegen. Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler Daten von mehr als 2.500 Patienten aus den USA und Australien.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass mit Hilfe des Algorithmus bei mehr als doppelt so vielen Patienten (circa 35 %) schneller ein Herzinfarkt ausgeschlossen werden kann als mit den in den herkömmlichen Leitlinien empfohlenen Diagnoseverfahren (circa. 14-15 %) und das bei gleichbleibend hoher Sicherheit von nahezu 100 %“, sagt Erstautorin Dr. Betül Toprak, Klinik und Poliklinik für Kardiologie des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des UKE. Auch bei etwa 20 % der Patienten mit frühem Brustschmerzbeginn, bei denen bisher eine zweite Troponinmessung nach ein oder zwei Stunden gemäß Leitlinienempfehlung obligatorisch war, ermöglicht der ARTEMIS-Algorithmus den sicheren Ausschluss eines Herzinfarkts.
Anwendbarkeit außerhalb der Klinik
„Perspektivisch kann der Einsatz von KI in Kombination mit dem Schnelltest zu einer Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser beitragen. Patienten mit geringem Herzinfarktrisiko könnten in präklinischen, ambulanten oder geografisch isolierten Versorgungsbereichen sicher erkannt werden und müssten keiner Notfallversorgung in einer Chest Pain Unit zugeleitet werden“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Stefan Blankenberg, Direktor der Klinik für Kardiologie und Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des UKE.
Kontakt
UKE Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistr. 52
20251 Hamburg
+49 40 7410-54768
+49 40 7410 54932