Besuchsverbote in Krankenhäusern
05.01.2022 - Hausindividuelle Konzepte können die Belastungen für Patienten, Angehörige und Mitarbeitende auffangen.
Die steigenden Corona-Fallzahlen haben dazu geführt, dass in vielen Krankenhäusern Besuchsverbote gelten. Bei aller Notwendigkeit, die Mitarbeiter und Patienten im Krankenhaus durch Besuchseinschränkungen vor dem Virus zu schützen, sollten die Auswirkungen von Besuchsverboten auf alle Betroffenen berücksichtigt werden. "Die komplexe Abwägung der organisationsethischen Fragen ist Aufgabe der Krankenhausleitung. Es bedarf eines hausindividuellen Konzeptes, das zeitliche, materielle und personelle Ressourcen zur Verfügung stellt, um die Folgen von Besuchsverboten aufzufangen“, fordert der Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV), Christoph Radbruch.
Wissenschaftliche Studien belegen, dass fehlende Besuche von Angehörigen das Risiko für Depression, Angst, posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS), Schlafstörungen und Stress erhöhen. Ebenso steigt das Risiko signifikant, aufgrund des Krankenhausaufenthaltes an Delir zu erkranken.
Auch für die Mitarbeiter auf den Stationen ist der Wechsel von einer patientenzentrierten Praxis hin zu einer Medizin, die aufgrund der Pandemie den Infektionsschutz in den Mittelpunkt rückt, belastend. Die Kommunikation zwischen Pflegekräften und Patienten ist erschwert und die Unterstützung durch Angehörige bei der Kommunikation sowie durch Informationen über die individuellen Bedürfnisse der Patienten ist eingeschränkt oder fehlt ganz. Der DEKV-Vorsitzende ergänzt: „Wenn die Entscheidung, ob ein Besuch stattfinden kann, durch Mitarbeitende vor Ort getroffen werden muss, führt dies oft zu moralischem Stress.“
Damit notwendige Besuchseinschränkungen Patienten, Angehörige und Mitarbeitende möglichst wenig belasten, sollten die Krankenhäuser aus Sicht des DEKV vier Punkte berücksichtigen:
- Besuchskonzept mit Kriterien festlegen
Es ist die Aufgabe der Krankenhausleitung, die komplexe organisationsethische Abwägung zwischen Schutzmaßnahmen gegenüber Mitarbeitenden und Patienten und dem Angehörigenbesuch als Bestandteil der Behandlung vorzunehmen. Darüber hinaus muss ein Besuchskonzept erarbeitet werden, das Kriterien für Krisensituationen festlegt, an denen sich die Mitarbeitenden orientieren können.
- Gemeinsam entscheiden
Entscheidungen über Besuche sollten möglichst von mehreren Mitarbeitenden gemeinsam getroffen werden, um die Einzelnen von moralischem Stress zu entlasten.
- Psychosoziale Angebote regelhaft anbieten
Patienten, Angehörigen und Mitarbeitenden sollten psychosoziale Angebote gemacht werden, die die Belastungen durch Besuchsverbote verringern.
- Transparente Kommunikation
Das allgemeine Besuchskonzept muss offen und transparent kommuniziert werden. Einzelentscheidungen über Besuche müssen gegenüber Patienten, Besuchern und Mitarbeitenden nachvollziehbar begründet werden.
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