Bewusste Investition in Hygiene und Patientensicherheit
23.10.2018 -
Fachbereichsübergreifende Implementierung eines validierbaren Aufbereitungsprozesses für Ultraschallsonden.
Im Universitätsklinikum Frankfurt steht die Patientensicherheit als strategisches Unternehmensziel stets in engem Zusammenhang mit einem qualifizierten Hygienemanagement, das kontinuierlich an gesetzliche Vorgaben und fachliche Richtlinien angepasst wird. Unter dieser Betrachtung kommt technischen Innovationen eine besondere Bedeutung zu. Wie diese in die Klinik eingeführt werden, erläutert Dipl.-Ing. Axel Kudraschow anhand der Umstellung von der manuellen zur automatisierten Desinfektion von Ultraschall-Sonden mit trophon2.
M&K: Das Universitätsklinikum Frankfurt hat sich kürzlich für die Einführung einer automatisierten Desinfektion von Ultraschallsonden entschieden. Was gab den Anlass hierzu und auf wessen Initiative wurde das Projekt gestartet?
Axel Kudraschow: Als Dezernatsleitung für Materialwirtschaft und Dienstleistungen gehört es zu meinen Arbeitsaufgaben, mich neben Einkauf, Logistik, Gastronomie und Veranstaltungsservice auch um die Reinigung zu kümmern. In dieser Funktion bin ich für die komplette Unterhaltsreinigung im Universitätsklinikum verantwortlich, berichte regelmäßig über die Reinigungsqualität und arbeite dabei eng mit dem Zentrum der Hygiene zusammen. In diesem Zusammenhang ist das Thema Desinfektion von medizinischem Gerät an mich herangetragen worden und damit die Frage, welche Lösungen ich hierzu anbieten kann. Genau in dieser Phase bin ich 2016 auf einen Fachartikel in der M&K („Automatisierte und manuelle Desinfektionsmethode im Vergleich“ M&K 10/2016, S. 34) gestoßen, in dem ein automatisiertes Desinfektionsverfahren für Ultraschall-Sonden beschrieben wurde – das hat mich fasziniert. Nach einer persönlichen Vorabinformation über dieses neuartige Desinfektionssystem habe ich dann mit der ärztlichen Leitung der Krankenhaushygiene und deren Mitarbeitern gesprochen, die mich ermuntert haben, das Thema weiterzuverfolgen. Nach einem ersten Termin mit dem Hersteller und unseren Hygienikern war das Interesse schnell geweckt.
Welche Wünsche haben Sie wie auch die Anwender in den Kliniken mit der Umstellung auf ein automatisiertes Desinfektionsverfahren verbunden?
Kudraschow: Mein Wunsch war ganz klar: ein sicheres automatisiertes Desinfektionsverfahren zum Einsatz zu bringen, was direkt am Verwendungsort nutzbar ist und den Anwender von US-Sonden in die Lage versetzt, mit kurzen Prozesszeiten immer eine sicher desinfizierte US-Sonde nutzen zu können. Hierbei sollte die Desinfektionszeit nicht länger als die Behandlungszeit eines Patienten dauern. Für die Anwender ist natürlich das Thema Patientensicherheit essenziell, d. h. durch perfekte Hygiene innerhalb eines Aufbereitungsprozesses den maximalen Schutz der Patienten zu gewährleisten. Dies ist gerade auch bei US-Sonden, mit denen es in jedem Fall immer zu Hautkontakt auch an sensiblen Stellen kommen kann, ungemein wichtig. Das Thema Patientensicherheit war und ist die treibende Kraft neben allen anderen Vorteilen.
Ferner war für uns die sichere Dokumentation der durchgeführten US-Sondendesinfektion eine wichtige Anforderung, denn alles, was in der Medizin passiert, muss gut dokumentiert sein. Für den Nachweis, dass die Sonden auch wirklich hoch wirksam desinfiziert wurden, bietet trophon eine gute Lösung. Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Fähigkeit, US-Sonden aller gängigen Hersteller mit diesem Gerät aufbereiten zu können.
Inwiefern ist die Entscheidung für ein bestimmtes Aufbereitungsverfahren von Medizinprodukten ein Thema für den Einkauf?
Kudraschow: Das scheinbar über den Einkauf initiierte Interesse resultiert eher aus meiner Verantwortung für Reinigung und mein Interesse an der Hygiene. Ich bin immer auf der Suche nach innovativen Lösungen, bei denen das Universitätsklinikum als Erstanwender Maßstäbe setzen kann. So haben wir als erstes Großklinikum in Deutschland Glow Checks für eine qualitative Reinigungskontrolle eingesetzt, um Reinigungsqualität messbar zu machen, was uns sehr gut gelungen ist. Seitdem ziehen viele andere Kliniken mit gleichen oder ähnlichen Verfahren nach.
Meistens suchen sich die Firmen ihre Erstanwender selbst aus unterschiedlichen Gründen, und hier war es einmal umgekehrt, d. h., ein potentieller Nutzer/Kunde hat ein Produkt gefunden und wollte dieses verstehen.
Gesundheitsökonomische Betrachtungen haben einen hohen Stellenwert. Ist das Thema Kosten-Nutzen-Relation auch eines, das Einfluss auf Ihren Entscheidungsprozess genommen hat?
Kudraschow: Selbstverständlich machen wir nichts zum Selbstzweck oder aus Liebhaberei. Wenn wir neue Verfahren in unserem Klinikum einsetzen, dann muss deren Wirksamkeit nachgewiesen sein, und es muss sich rechnen. In diesem Fall konnte belegt werden, dass der Desinfektionsprozess mit trophon die für unsere Behandlungsprozesse erforderliche Produktivität aufweist.
Von welchen Rahmenbedingungen sind Sie in Ihrer Projektplanung ausgegangen, wie haben Sie die Kliniken eingebunden und wie war der Informationsfluss organisiert? Gab es ein strategisch-planerisches Gesamtkonzept?
Kudraschow: Nachdem das Zentrum der Hygiene von der Aufbereitungsmethode und vom Produkt überzeugt war, hat es die Dinge vorangebracht. Wir haben erst einen kleinen Anwendungstest in der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe gestartet und dann zusammen mit der Hygiene überlegt, wo die Einsatzorte sind, an denen wir genau dieses Desinfektionsverfahren benötigen. Nachdem die Orte identifiziert waren, wurde ein Feldtest durchgeführt, da wir alle potentiellen Nutzer in die Erprobung einbeziehen und uns ein Gesamtbild zum Nutzen dieses neuen Desinfektionsverfahrens machen wollten. Hierbei hat sich gezeigt, dass es seitens der Anwender noch den einen oder anderen Wunsch gab. Dass der Hersteller alle Hinweise und Verbesserungsvorschläge sofort und unmittelbar in die Produktweiterentwicklung übernommen hat, überzeugte die Anwender ebenfalls.
Derzeit läuft die Umstellung in 14 Abteilungen. Welche Rückmeldung erhalten Sie aus den Kliniken und wie ist Ihre Einschätzung aus ökonomischer Sicht zum Stand der Umrüstung?
Kudraschow: Die Einführung ist bereits Ende 2017 mit der ersten trophon-Generation erfolgt. Jetzt ist die Ablösung durch die zweite Generation in Q4/18 geplant. Die Rückmeldungen aus den Kliniken im Rahmen der Einführungstests waren allesamt positiv. Das Interesse an der neuen Aufbereitungsmethode war sehr groß und motivierte die Nutzer, auch in der kritischen Auseinandersetzung mit dem neuen Verfahren den einen oder anderen Verbesserungshinweis zu geben. Diese hat der Hersteller bereits in der 2. Produktgeneration realisiert.
Ökonomie bei Hygiene und Patientensicherheit ist ein schwieriges Thema. In erster Linie geht es darum, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten und Patienten vor Infektionen zu schützen. Wir konnten feststellen, dass mit dem automatisierten Verfahren nicht mehr Prozesszeit aufzuwenden ist als mit der Wischdesinfektion, aber gleichzeitig die Aufbereitungsqualität, d. h. die Ergebnissicherheit, deutlich verbessert wird. Insoweit investieren wir mit der Einführung dieser automatisierten Sondenaufbereitung bewusst in die Hygiene- und Patientensicherheit und wollen neue Maßstäbe im Interesse unserer Patienten setzen. Oftmals weiß man erst, wie wertvoll eine solche Investition ist, wenn in Kliniken, die nicht mit einer solchen Technologie arbeiten, ein Schaden entstanden ist.
Gab es weitere investive Maßnahmen, die die Umstellung nach sich gezogen hat?
Kudraschow: Nein, im Gegenteil, wir können künftig sogar die Drucker sparen, die das Protokoll für den durchgeführten Desinfektionsprozess ausdrucken. Bei der neuesten Generation werden die Daten direkt in das Krankenhausinformationssystem geleitet. Die Realisierung dieser Möglichkeit wird aber in unserem Klinikum noch etwas Zeit in Anspruch nehmen.
Wie sieht es mit dem Zeitplan aus – konnte die Umstellung zeitgerecht umgesetzt werden oder gibt es Phasen, für die mehr Zeit einzuplanen wäre?
Kudraschow: Die gute Vorbereitung von allen Seiten – mit den Anwendern, dem Zentrum der Hygiene, der IT, der Firma HOST usw. – hat es uns ermöglicht, in einem überschaubaren Zeitrahmen nach der Entscheidung der Hygienekommission die Implementierung umzusetzen. Aus meiner Sicht ist der Implementierungsprozess bei uns aber nicht der Maßstab, da wir aufgrund unserer Größe und damit verbundenen komplexen Strukturen vom Erstkontakt mit dem Hersteller bis heute zwei Jahre gebraucht haben. Nach meiner Einschätzung kann ein solches Projekt in kleineren Häusern in drei Monaten realisiert sein.
Welche Empfehlung würden Sie Ihren Kollegen anderer Kliniken mitgeben wollen, die sich mit dem Gedanken einer Umstellung des Aufbereitungsverfahrens tragen?
Kudraschow: In jedem Fall das Thema mit dem verantwortlichen Krankenhaushygieniker angehen, da dieser mit der Thematik am besten vertraut ist. In der Regel wird die Umstellung auf ein neues Aufbereitungsverfahren durch die Verbesserung der Hygiene und Patientensicherheit getrieben. Auch sollte geprüft werden, ob eine Verbesserung der Klinikprozesse realisierbar erscheint.
Weitere Infos dazu finden Sie in der Videoserie "Aufbereitung von semikritischen Ultraschallsonden - Wie ist der Stand? Nanosonics Europe"
Teil 1 - Rechtliche An- und Herausforderungen bei der Aufarbeitung von Ultraschallsonden
Teil 3 - Validierung eines semi-automatisierten Aufbereitungsprozesses