Bildungsministerin zeichnet Jenaer Leibniz-IPHT für Sepsis-Forschung aus
15.05.2019 -
Für ein lichtbasiertes Schnellverfahren, um lebensbedrohliche Infektionen zu diagnostizieren, ist ein Forscherteam des Leibniz-IPHT mit seinen europäischen Partnern am 14. Mai 2019 in Berlin von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek mit dem Ralf-Dahrendorf-Preis für den Europäischen Forschungsraum ausgezeichnet worden.
Er freue sich über die Anerkennung, sagt Prof. Jürgen Popp, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-IPHT. Denn man stehe nun vor einer Hürde: die technologische Lösung zum Patienten zu bekommen. Dafür jedoch fehle es in Deutschland wie in Europa an geeigneten Strukturen. Er hoffe, dazu mit der Ministerin einen fruchtbaren Dialog zu starten, so Popp.
„Auf der Intensivstation zählen drei Dinge“, betont der Jenaer Intensivmediziner Prof. Michael Bauer: „Zeit, Zeit, Zeit.“ Mit der unter Federführung des Leibniz-IPHT erforschten optischen Methode für eine schnelle Diagnose lebensbedrohlicher Infektionen „befinden wir uns inmitten einer technologischen Revolution“, so die Einschätzung des Leiters der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Jena. „Damit können Mediziner gezielt behandeln, den unnötigen Einsatz von Antibiotika verhindern und Resistenzen vermeiden.“
Mit Partnern aus Griechenland, Italien, Portugal, Frankreich und Dänemark gehört Michael Bauer zum Forscherteam des Projektes HemoSpec, das Anja Karliczek mit dem Ralf-Dahrendorf-Preis für den Europäischen Forschungsraum auszeichnet. Damit würdigt die Bundesbildungsministerin herausragende, über das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation geförderte Projekte in Deutschland, die ihre Ergebnisse in originellen Formaten der Öffentlichkeit vermitteln. Für diese steht ein Preisgeld von bis zu 50.000 Euro bereit.
„Wir freuen uns sehr, dass die Politik nicht nur unsere Forschung anerkennt, sondern uns ermutigt und unterstützt, unsere Ergebnisse den Bürgerinnen und Bürgern nahezubringen“, so Jürgen Popp. Dazu wird das Leibniz-IPHT unter anderem einen Science-Shop in der Jenaer Innenstadt eröffnen, in dem Besucher Wissenschaft interaktiv erleben können. „Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, wie Forschung zur Anwendung beim Patienten kommt“, so Popp.
Die Jenaer haben bereits Konzepte, wie es schneller gehen könnte
Denn ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt ist zugleich der Start der nächsten großen Herausforderung. „Wir haben gezeigt, dass es machbar ist, mit unserer Spektroskopie eine Infektion schnell zu diagnostizieren“, macht Jürgen Popp deutlich. „Aus dem Labormuster wollen wir jetzt ein Produkt machen.“ Doch dazu müssten in Deutschland wie in Europa Strukturen optimiert werden, damit Diagnostikverfahren schneller an den Markt gelangen. Von der wissenschaftlichen Idee bis zur Umsetzung in ein Medizinprodukt — der Translation von der Theorie in die Praxis — vergehen in Deutschland im Schnitt 14 Jahre. Strukturelle Hürden führen dazu, dass viele gute Ideen und Lösungen in diesem Prozess auf der Strecke bleiben.
Damit Forschungsergebnisse schneller ans Krankenbett gelangen, brauche es neue Translationsinfrastrukturen: „Diese müssen die strukturierte modulare Überführung des Proof of Concept in ein neues zertifiziertes, validiertes, zugelassenes und vielfach getestetes Medizinprodukt ermöglichen“, so Popp. Dies ließe sich am besten in öffentlich-privaten Partnerschaften umsetzen.
Um den Transfer in die medizinische Anwendung zu beschleunigen, haben die Jenaer Forscher bereits konkrete Konzepte für eine solche Translationsinfrastruktur entwickelt. „Wir haben viele Ideen, wie sich Technologen, Grundlagen- und klinische Forscher mit Unternehmen zusammentun können, um akademische Lösungen zügig in diagnostische Geräte sowie Therapieansätze zu überführen“, sagt Jürgen Popp. „Sehr gern stehen wir der Ministerin als Ansprechpartner bereit und würden uns freuen, unsere Vorstellung mit ihr zu diskutieren.“