COPD weltweit effektiver bekämpfen
27.09.2022 - Eine internationale Lancet-Kommission mit MHH-Pneumologen Prof. Dr. Tobias Welte gibt Empfehlungen zu Prophylaxe, Diagnose und Therapie der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD).
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist weltweit die häufigste chronische Atemwegserkrankung und die dritthäufigste Todesursache. In Deutschland sind etwa zehn Prozent der Bevölkerung betroffen. Müdigkeit, Husten und anhaltende massive Atemnot gehören zu den vorherrschenden Symptomen. Treten diese auf, ist die COPD meist schon deutlich fortgeschritten. Eine Heilung gibt es nicht. Allerdings ist die Erkrankung vermeidbar. Zu den Hauptursachen zählen Rauchen und Luftverschmutzung. Weil COPD ein bislang ungelöstes globales Gesundheitsproblem ist, hat die Fachzeitschrift The Lancet eine Kommission aus international angesehenen Lungenfachleuten zusammengestellt. Diese hat nach vierjähriger Arbeit aktuelle Empfehlungen ausgesprochen, wie COPD zurückgedrängt werden kann. Federführend beteiligt ist Prof. Dr. Tobias Welte, Direktor der Klinik für Pneumologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Der Bericht der Kommission ist jetzt veröffentlicht.
COPD ist eine vielschichtige Krankheit
„Im Gegensatz zur anderen Atemwegserkrankungen wie etwa Asthma hat es bei der Behandlung von COPD jahrzehntelang keinen Durchbruch gegeben“, sagt Prof. Welte. „Wir befinden uns sozusagen auf dem Therapiestandard der 1960er Jahre.“ Das liegt nach Ansicht des Lungenexperten auch daran, dass COPD eine sehr umfassende und vielschichtige Krankheit ist, die eine großen Bandbreite an Funktionsstörungen der Lunge umfasst und sich in unterschiedlichen Symptomen und Begleiterkrankungen äußern kann. „Wir sehen in COPD-Lungen unterschiedliche Grade des Umbaus der Gefäße, Entzündungen, Schleimbildung, und Gewebezerstörung bis zur Überblähung ganzer Lungenbereiche“, erklärt der Pneumologe. Daher sei es wichtig, zunächst einmal die genauen Ursachen herauszufinden, um dann eine zielgerichtete Therapie zu ermöglichen.
Eine einfache Spirometrie, bei der lediglich Lungen- und Atemvolumen gemessen werden, reiche dafür nicht aus. „Die Methode allein ist unzureichend, weil sie frühe Veränderungen der Atemwege nicht zuverlässig erfasst“, betont Prof. Welte. Überhaupt erfolge die Diagnose generell viel zu spät. „Die individuellen Verläufe sind von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich“, sagt der Lungenexperte. Gerade zu Beginn einer COPD sei die Lungenfunktion oft noch nicht so stark geschädigt, so dass die Erkrankung dann übersehen werde. „Wir müssen früher hinschauen, schon bei Kindern auf die Lungengesundheit und auf Atemwegsinfekte achten“, fordert der Pneumologe. Um Diagnose und Behandlung zu verbessern, empfiehlt die Kommission überdies eine genauere Einteilung der COPD nach fünf Risikofaktoren: wie etwa genetische Veranlagung, frühkindliche Lungenschäden, Atemwegsinfektionen, sowie Nikotin- und Umweltbelastungen. Gerade letztere nehmen zu, sagt Prof. Welte. „Wir konzentrieren uns bislang zu sehr auf das Rauchen und zu wenig auf die Luftverschmutzung, die etwa in China mittlerweile häufigster Auslöser für COPD ist.“
Mehr Investitionen in medizinische Forschung nötig
Die Empfehlungen der Kommission sind keine Leitlinie. Vielmehr sollen sie helfen, durch Umdenken Verbesserungen in der medizinischen Praxis zu erreichen und Änderungen in der öffentlichen Politik anzuregen. „Ärztinnen und Ärzte sollten ihre eingefahrenen Gewohnheiten in Diagnostik und Therapie überdenken, die Politik muss das Gesundheitssystem neu regeln und den Umweltschutz stärken“, sagt Prof. Welte. Und es geht um Investitionen in die medizinische Forschung wichtiger Krankheitsbilder wie COPD. „Es kann nicht sein, dass es für manche Erkrankungen inzwischen teuerste Therapien gibt, um das Lebensende um wenige Tage oder Wochen hinauszuzögern, während wir bei COPD die Chance hätten, das Leben der Betroffenen um mehrere Jahre oder Jahrzehnte zu verlängern.“
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