Aus den Kliniken

Coronavirus: Risikoabwägung zur Sicherstellung der Versorgung schwerkranker Patienten nötig

05.03.2020 -

Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus hat Bundesgesundheitsminister Spahn gestern den Selbstverwaltungspartnern mitgeteilt, dass die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen (PPU) bis auf Weiteres ausgesetzt wird.

Damit sollen die Kliniken zeitweise von Dokumentationsaufwand und Auflagen in der Pflege entlastet werden. „Die Maßnahme des Ministers ist richtig. In dieser Ausnahmesituation benötigen die Universitätsklinika diese Flexibilität, damit sie ihrer besonderen Rolle bei der Versorgung Schwerkranker gerecht werden können“, sagt Jens Bussmann, VUD-Generalsekretär.

Mit dem Aussetzen der PPU wird deutlich, dass gerade Unikliniken, in denen Mitarbeiter mit dem Virus infiziert sind, vor einer besonderen Herausforderung stehen – insbesondere dann, wenn kritische medizinische Infrastrukturen betroffen sind. "Um die Versorgung gerade von Patienten mit schweren Erkrankungen weiter sicherstellen zu können, müssen die Uniklinika abwägen, ob sie die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts 1:1 umsetzen", sagt Prof. Dr. D. Michael Albrecht, 1. Vorsitzender des VUD.

Derzeit sehen die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) vor, im Falle einer Corona-Infektion in der Belegschaft, alle Mitarbeitenden in Quarantäne zu schicken, die Kontakt zu dem Infizierten hatten. Dabei handelt es sich um allgemeine Empfehlungen des RKI, die nicht die lokale und individuelle Risikoabwägung für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie Patienten ersetzen.

Ein solcher Fall liegt derzeit an der Uniklinik RWTH Aachen vor. Dort haben die Krisenstäbe der Stadt und der Stadt Region Aachen entschieden, dass Krankenhauspersonal, das negativ auf das Virus getestet wurde und keine Symptome aufweist, nicht mehr unter Quarantäne gestellt wird. Stattdessen werden besonders gefährdete Patientengruppen durch spezifische Maßnahmen geschützt. "Die Gefährdung von schwerkranken neonatologischen Intensivpatienten ist gegen die Gefährdungssituation der Mitarbeitenden abzuwägen. Das zeigt das verantwortungsbewusste Beispiel am UK Aachen", so Prof. Albrecht.

Um die hochspezialisierte Versorgung in den Universitätsklinika als wichtige Säule der Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, muss eine Risikoabwägung erfolgen, ob die RKI-Empfehlungen anzuwenden sind oder die Versorgung von Patienten Vorrang hat. Diese Entscheidung sollte in Abstimmung mit den lokalen Behörden erfolgen. Gerade Uniklinika sind auf Grund der vorhandenen virologischen Expertise vor Ort, in der Lage das Risiko zu beherrschen, z. B. durch ein engmaschiges Screening von potentiell betroffenen Mitarbeitern.

Kontakt

Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD)

Alt-Moabit 96
10559 Berlin

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