Aus den Kliniken

COVIDOM+: Millionenförderung zur molekularen Erforschung von Langzeitfolgen der COVID-19-Erkrankung

19.12.2024 - Unter der Leitung von Forschenden des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) untersucht die bundesweite Studie COVIDOM+ die langfristigen gesundheitlichen Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion.

Diese neue Forschungsphase baut auf der seit 2020 laufenden COVIDOM-Studie auf, die eine bevölkerungsbasierte Kohorte von SARS-CoV-2-Infizierten umfasst und innerhalb des Nationalen Pandemie Kohorten Netzes (NAPKON) durchgeführt wurde. In Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Würzburg und der Charité – Universitätsmedizin Berlin werden Teilnehmende aus verschiedenen Regionen Deutschlands – darunter Schleswig-Holstein, Bayern und Berlin – über mehrere Jahre hinweg begleitet, um die Langzeitfolgen von COVID-19, insbesondere das Post-COVID-Syndrom (PCS), zu analysieren.

Post-COVID verstehen: Ziele der Studie COVIDOM+

Die COVIDOM-Studie hat gezeigt, dass auf den Entzündungssturm der akuten COVID-19-Erkrankungen häufig das Post-COVID-Syndrom (PCS) folgt, das eine Vielzahl an Symptomen umfasst, die Betroffene im Alltag mitunter stark einschränken. Typisch sind chronische Erschöpfung bis hin zur Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) sowie Konzentrationsstörungen („Brain Fog“), Atembeschwerden und eingeschränkte Leistungsfähigkeit, selbst nach mildem Verlauf. Diese Beschwerden können über Wochen bis Monate anhalten und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Weitere häufige Symptome wie Muskelschmerzen und Schlafstörungen führen in der Folge oft zu einer starken psychischen Belastung. Die Vielzahl und Überlappung der Symptome erschweren Diagnose und Abgrenzung zu anderen Syndromen wie ME/CFS, das ebenfalls postinfektiös, aber auch im Zusammenhang mit anderen Auslösern auftreten kann.

„Die Nachfolgestudie COVIDOM+ soll uns helfen, die Häufigkeit, Schwere und Langzeitfolgen des Post-COVID-Syndroms besser zu verstehen. Wir wollen herausfinden, wie Infektionszeitpunkt, Impfstatus und Krankheitsverlauf, aber auch bestehende Vorerkrankungen die Entwicklung von PCS beeinflussen und dabei unterschiedliche Ausprägungen, sogenannte Phänotypen, erkennen und diese von anderen postinfektiösen Erkrankungen wie dem chronischen Erschöpfungssyndrom abgrenzen“, erklärt Prof. Dr. Jan Heyckendorf, Direktor der Klinik für Innere Medizin I des UKSH, Campus Kiel, und Projektleiter von COVIDOM+. „Die gewonnenen Erkenntnisse sollen zur Entwicklung klinischer Leitlinien beitragen und die Versorgung der Betroffenen durch präzisere Diagnose- und Behandlungskonzepte verbessern“, ergänzt PD Dr. Thomas Bahmer, Co-Studienleiter von COVIDOM+.

Neben den gesundheitlichen Folgen von PCS untersucht die Studie auch die psychischen Folgen von COVID-19, um diese von anderen physischen und psychosomatischen Folgen der Corona-Pandemie, wie Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen, abzugrenzen. Außerdem wird analysiert, ob das Post-COVID-Syndrom das Risiko für altersbedingte Erkrankungen wie Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht und ob wiederholte Virusinfektionen beschleunigte Alterungsprozesse auslösen. Diese Erkenntnisse könnten als Grundlage für neue Therapieansätze dienen.

Die Methodik von COVIDOM+: So wird geforscht

Die Studie COVIDOM+ baut auf der bereits etablierten, populationsbasierten COVIDOM-Kohorte mit 3.634 Teilnehmenden auf, die seit 2020 in den Regionen Schleswig-Holstein, Unterfranken und Berlin-Neukölln mithilfe lokaler Gesundheitsämter rekrutiert wurde. Für eine präzise Langzeitbeobachtung umfasst die Studie mehrere Nachuntersuchungen, die im jährlichen Abstand nach dem ersten Untersuchungstermin stattfinden. Hierüber können Veränderungen bezüglich des Verlaufs des Post-COVID-Syndroms (PCS) systematisch dokumentiert werden. Dazu werden umfassende Gesundheitsdaten und biologische Proben wie Blut, Speichel und Stuhl archiviert, die eine detaillierte molekulare und klinische Analyse der Auswirkungen von PCS ermöglichen.

Ein weiterer zentraler Aspekt der Studie ist der Vergleich von COVID-19-Langzeitfolgen mit denen anderer Atemwegserkrankungen, insbesondere der Influenza. Neben der FRISH-Studie (Follow-Up of Respiratory Infections in Schleswig-Holstein), die sich mit den Langzeitfolgen der Influenza befasst, liefert die STAAB-Studie aus Würzburg – eine populationsbasierte Studie zu frühen Phasen von Herzinsuffizienz – wertvolle Vergleichsdaten. Daneben ist die NAKO-Gesundheitsstudie eine weitere wichtige Vergleichskohorte, die bereits vor Ausbruch der Pandemie über mehrere Jahre wichtige Gesundheitsdaten aus der Allgemeinbevölkerung gesammelt hat. Diese Gruppen helfen, spezifische Langzeitfolgen von SARS-CoV-2 präzise zu analysieren.

Zusätzlich wird COVIDOM+ eng mit dem Exzellenzcluster Precision Medicine in Chronic Inflammation (PMI) verknüpft. Prof. Dr. Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Innere Medizin I und Sprecher des PMI, erklärt: „So können wir verstehen, wie es zu unterschiedlichen Krankheitsverläufen kommt, und gezielte therapeutische Ansätze für die Wiederherstellung von voller Gesundheit bei Post-COVID-Erkrankungen entwickeln. Unser Ziel ist es, die Grundlage für eine personalisierte Präzisionsmedizin zu schaffen, die den individuellen Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten gerecht wird.“

Finanzierung und Laufzeit

Die Studie COVIDOM+ wird durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit insgesamt 4,9 Millionen Euro für die Projektjahre 2025 und 2026 gefördert. Die Finanzierung sichert die Fortsetzung der Forschungsarbeiten, die ab dem 1. Januar 2025 nahtlos an die bis 31. Dezember 2024 laufende COVIDOM-Studie (NAPKON-POP) anschließen, welche über das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) gefördert wurde.

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