CRISPR-basierte Schnelltests für Herzinfarkt und Krebs
22.08.2022 - Ein CRISPR-basierter Schnelltest namens CrisprZyme könnte Hausärzten helfen, Herzinfarkte zu diagnostizieren und Prostatakrebsarten zu unterscheiden. Dafür sei kein eigenes Labor nötig, berichtet ein internationales Team – darunter Michael Kaminski – in „Nature Nanotechnology“.
Antigen-Schnelltests kennt seit der Pandemie fast jeder. Sind virale Eiweißfragmente in einem Abstrich enthalten, binden Antikörper sie auf einem Teststreifen und eine Bande entsteht. Sollen dagegen typische Erbgutbestandteile (RNA oder DNA) nachgewiesen werden, sind aufwändigere Verfahren wie PCR nötig. Das Erbgut muss zuerst aufbereitet und vervielfältigt werden. Solche Tests dauern länger und sie sind nur in einem entsprechenden Labor möglich.
Ähnlich ist es bisher bei der CRISPR-basierten Diagnostik, bei der Cas-Enzyme so programmiert werden, dass sie DNA- oder RNA-Stücke aufspüren. Die Technologie kann zwar mit einem Teststreifen sehr kleine, für eine Krankheit oder Infektion typische Segmente einer RNA-Sequenz (Biomarker) in Proben wie Urin oder Blut aufspüren. Doch zuvor muss man zumeist die RNA unter kontrollierten Bedingungen und mit teurem Gerät vervielfältigen, damit das Signal stark genug ist. Wie viel Biomarker in der Probe war, ist dann nicht mehr nachvollziehbar. Für Ärzte, die etwa den Verlauf von Krankheiten wie Krebs oder Herzleiden überwachen, ist diese Information aber zentral.
Eine neue Methode namens CrisprZyme bietet nun diese Signalverstärkung für CRISPR-basierte Diagnostik, berichtet ein internationales Forschungsteam vom Imperial College London, vom M.I.T. in Boston und vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) sowie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Mit dem Schnelltest könnten Ärzte in Zukunft ohne eigenes Labor Biomarker für akute Herzinfarkte schnell aufspüren und bestimmte Prostatakrebsarten unterscheiden. Damit sei die Methode vor allem für Hausärzte oder für karg ausgestattete Kliniken im globalen Süden relevant.
Auch bei Raumtemperatur
„Der Test ist einfach handzuhaben und funktioniert selbst bei Raumtemperatur. Das Ergebnis kann mit bloßem Auge oder auf einem Papierstreifen ausgelesen werden“, sagt Dr. Michael Kaminski, einer der Erstautoren und Leiter einer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und am Berlin Institute for Medical Systems Biology (BIMSB) des MDC. „Wenn wir diagnostische Tests vereinfachen, können Ärzte sie gleich in ihrer Praxis machen – ohne neue Termine für Folgeanalysen und Bluttests zu vereinbaren“, ergänzt Erstautorin Dr. Marta Broto vom Imperial College London.
CrisprZyme ersetzt oder verstärkt den Prozess der Vervielfältigung mit einer kolorimetrischen Analyse. Die Menge des Biomarkers ist anhand einer Farbskala erkennbar. Möglich war das dank Nanoenzymen, also winzigen synthetischen Materialien, die sich wie Enzyme verhalten. Sie verstärken das Signal des Tests, sodass die Kolorimetrie leichter abzulesen ist. Temperaturkontrolle und weitere Schritte entfallen. Der Test kann auch nichtkodierende RNA aufspüren, einschließlich mikroRNA, lange nichtkodierende RNA und zirkuläre RNA.
Noch schneller und nutzerfreundlicher
„Das Verfahren kann uns genau sagen, wie viel Biomarker vorhanden ist. Es hilft uns also nicht nur bei der Diagnose, sondern wir können damit auch den Verlauf einer Erkrankung im Laufe der Zeit überwachen und die Reaktion auf eine Behandlung“, sagt Hauptautorin Prof. Molly Stevens vom Imperial College London.
Derzeit macht CrisprZyme noch nicht alle Schritte überflüssig. Die Probe muss vor dem Test mit Chemikalien behandelt werden, um den gewünschten Biomarker zu extrahieren. „Wir arbeiten aber daran, den Prozess noch schneller und nutzerfreundlicher zu machen“, sagt Kaminski. Auch wie empfindlich und wie zuverlässig der Test verschiedene Biomarker bei Patienten erkennt, muss das Team noch sorgfältig validieren. Das Potenzial allerdings ist groß, meinen die Wissenschaftler. Sie haben die nächsten Krankheitsbilder bereits im Blick.
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