Deutsche Medizintechnikindustrie steigert 2022 Umsatz um 5,4 Prozent
27.05.2023 - Nach Angaben des Deutschen Industrieverbands Spectaris erzielte die deutsche Medizintechnikindustrie 2022 ein nominales Umsatzplus von 5,4 Prozent. Insgesamt erwirtschaftete die Branche 38,4 Milliarden Euro.
„Obwohl der Umsatz steigt, sinkt die Ertragslage vieler Medizintechnikunternehmen insbesondere aufgrund der gestiegenen Kosten in allen Bereichen“, betont Dr. Martin Leonhard, Vorsitzender der Medizintechnik bei Spectaris. Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamtes wurde im Inland ein Umsatz von 12,6 Milliarden Euro (+3,2 Prozent gegenüber 2021) realisiert. Der Auslandsumsatz legte im Vorjahresvergleich um 6,5 Prozent zu und erreichte einen Wert von 25,8 Milliarden Euro. Ausgehend von den Außenhandelsdaten entfielen 37 Prozent der Exporte auf Länder der EU, 14 Prozent auf das restliche Europa, 20 Prozent auf Nordamerika und 18 Prozent auf Asien. Mehr als zwei Drittel (67 Prozent) des Gesamtumsatzes wurden damit über das internationale Geschäft erzielt. Mit 160.000 Beschäftigten stieg die Anzahl der Mitarbeitenden in den rund 1.470 Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten um 3,3 Prozent.
Auf das Jahr 2023 blickt die Branche nach Spectaris-Einschätzung verhalten optimistisch, aber mit Sorgenfalten. Zwar hat sich laut ifo-Geschäftsklimaindex die Stimmung der Branche nach einem Tief Ende 2022 im ersten Tertial des Jahres 2023 wieder etwas aufgehellt. Diese positive Einschätzung basiert aber fast ausschließlich auf der Bewertung der aktuellen Geschäftslage. Die Erwartungen für die nächsten sechs Monate sind weiter vergleichsweise schwach.
„Viele Unternehmen berichten von massiven Kostensteigerungen, die nun im laufenden Jahr im vollen Umfang spürbar werden, einem zunehmenden Mangel an Fachkräften sowie von anhaltenden Produktionsbehinderungen durch Lieferengpässe, vor allem im Bereich elektronischer Bauteile“, berichtet Leonhard. „Diese ungünstige Kombination erschwert auch die Entwicklung neuer Produkte.“ Auf dem deutschen Markt stellt die finanzielle Schieflage vieler deutscher Kliniken eine weitere Herausforderung dar. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnte bereits zum Jahresbeginn vor einer Insolvenzwelle im stationären Bereich im zweiten Halbjahr 2023, von der bis zu 20 Prozent der Krankenhäuser betroffen sein könnten. Bei den Pflegeeinrichtungen sieht das Bild nicht anders aus: Im Jahr 2022 sind bereits 142 Pflegeeinrichtungen in die Insolvenz gegangen. Ein besorgniserregender Trend, der sich auch 2023 fortsetzt.
„Trotz der zahlreichen Herausforderungen gehen wir gehen davon aus, dass die deutsche Medizintechnikindustrie ihren Umsatz im Jahr 2023 erneut steigern wird – zumindest nominal. Die Auftragsbücher vieler Hersteller waren zum Jahresbeginn auch aufgrund von Lieferverzögerungen gut gefüllt. Das Potenzial ist weiterhin vorhanden“, fasst Leonhard die Lage der Branche zusammen. „Aber die Lage wird immer kritischer: Es fehlt Personal, ob in der Produktion oder Entwicklung, vielfach können Produkte aufgrund der Knappheit bei elektronischen Bauteilen nicht pünktlich ausgeliefert werden oder müssen sogar umgestaltet und dann neu zugelassen werden. Der Bürokratieaufwand hat nicht nur durch die neue europäische Medizinprodukteverordnung ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen, verursacht hohe Kosten und bindet dringend benötigte Personalkapazität.“ Hinzu kommen weitere massive Kostensteigerungen aus allen Richtungen, die aufgrund der Besonderheiten des deutschen Gesundheitssystems im Inland nur unzureichend weitergereicht werden können. Und: Mit dem geplanten Verbot von PFAS-Chemikalien und anderen Hochleistungswerkstoffen drohen zahlreiche Medizinprodukte vom Markt zu verschwinden, wenn keine Ausnahmen für solche essentiellen Anwendungsbereiche eingeräumt werden. Leonhard: „Die Politik muss diese Probleme schnell und entschlossen angehen, um den Gesundheitsstandort Deutschland und die Medizintechnik am Standort Deutschland zu erhalten.“
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