Diagnostik und Therapie im ersten Trimenon: Ultraschall spielt die zentrale Rolle
12.01.2024 - Seit Anfang Januar steht Gynäkolog*innen und Hebammen eine neue AWMF-S2e-Leitlinie zur Ersttrimester-Diagnostik und Therapie bei Schwangeren zur Verfügung.
Sie enthält wegweisende Informationen zu den diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten sowie zur Behandlung von Schwangerschaftskomplikationen im ersten Schwangerschaftsdrittel. Die Leitlinie wurde federführend von der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) erarbeitet und auf der Website der AWMF veröffentlicht.
In den Schwangerschaftswochen (SSW) 11 bis 14 können bestimmte Schwangerschaftsprobleme optimal erkannt werden. Das sogenannte Ersttrimester-Screening hat zum Ziel, Risikofaktoren zu identifizieren, die einerseits eine weiterführende Diagnostik und andererseits eine Intervention in einem frühen Stadium der Schwangerschaft nach sich ziehen können. „Aufgrund der rasanten Entwicklung der sonografischen, biochemischen und molekularen Methoden waren Empfehlungen für ein strukturiertes und qualitätsgesichertes Vorgehen dringend erforderlich, um den Patientinnen zwischen den Schwangerschaftswochen 11+0 und 13+6 die bestmögliche Beratung, Diagnostik und Prävention anbieten zu können“, erklärt der Autor der Leitlinie, Professor Dr. med. Constantin von Kaisenberg von der Klinik für Frauenheilkunde, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover. „Die rasante Entwicklung der Auflösung von Ultraschallgeräten hat insbesondere die Fehlbildungsdiagnostik im ersten Trimenon deutlich verbessert. Das Screening basiert wesentlich auf qualitativ hochwertigem Ultraschall. Entsprechend spielt der Ultraschall in dieser Phase eine zentrale Rolle“, so von Kaisenberg, der auch Leitlinienkoordinator der DEGUM ist.
Überblick über aktuelle Methoden der Pränataldiagnostik
Die neue S2e-Leitlinie „Ersttrimester Diagnostik und Therapie @ 11-13+6 Schwangerschaftswochen“, an der die DEGUM federführend beteiligt war, richtet sich an Fachärzt*innen der Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie an Hebammen. Ziel der Handlungsempfehlungen ist es, dieser Zielgruppe einen systematischen Überblick über die aktuellen evidenzbasierten Empfehlungen zu Screeningmethoden zu geben, um Schwangere in diesem Zeitraum bestmöglich beraten zu können. Die Leitlinie informiert über das derzeit verfügbare Screening und die Diagnostik in den verschiedenen Bereichen. Dabei werden die Detektionsraten verschiedener sonografischer, biochemischer und molekularer Methoden beleuchtet. Darüber hinaus werden die derzeit üblichen Standardverfahren und alle weiteren optionalen Verfahren dargestellt. Außerdem enthält die Leitlinie Informationen, wie durch prophylaktische Maßnahmen mögliche spätere Risiken reduziert werden können und gibt Hinweise zur Gestaltung eines individuellen Schwangerschaftsmanagements.
Lösungsansätze für Schwangerschaftsprobleme
Das Ersttrimester-Screening dient der Erkennung verschiedener Schwangerschaftsprobleme. Dazu gehören Chromosomenstörungen, Fehlbildungen, Plazentationsstörungen wie Präeklampsie (Eiweißausscheidung und Bluthochdruck) und Wachstumsretardierung, Risiken für Tot-, Früh- und Fehlgeburten sowie Störungen des Glukosestoffwechsels. „Für einen Teil dieser Probleme gibt es bereits im ersten Trimenon gute Lösungsansätze“, sagt von Kaisenberg. „Wir können die Eltern intensiv beraten und durch gezielte Prävention die Wahrscheinlichkeit deutlich senken, dass sich ein Schwangerschaftsproblem später manifestiert.“ Dazu gehört beispielsweise die Gabe von 150 Milligramm Aspirin bei einem Präeklampsierisiko von über 1:100. Ein weiteres Beispiel ist das direkte, indirekte und strukturierte Screening auf Fehlbildungen mittels Ultraschall.
Die Handlungsempfehlungen gehen ausführlich auf die Evidenz zum Screening und zu möglichen Interventionen ein. Die Autoren betonen die Relevanz der frühen Fehlbildungsdiagnostik, weisen aber darauf hin, dass die Leitlinie die weiterführende Organdiagnostik zwischen den Schwangerschaftswochen 18+0 und 23+6 nicht ersetzen kann, da einige Fehlbildungen erst später erkennbar sind.
An der Erstellung der insgesamt 161 Seiten umfassenden Leitlinie waren Autor*innen aus 9 Fachgesellschaften beteiligt. Finanziell unterstützt und inhaltlich paritätisch getragen wurde die S2e-Leitlinie von der DEGUM und der DGGG.
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