Digitalisierung der Gesundheitsforschung: Dateninfrastruktur erfolgreich erprobt
12.12.2024 - Beim Symposium der Medizininformatik-Initiative, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, präsentierten Expert*innen aus Gesundheitsforschung, -versorgung und Medizininformatik am 10. Dezember in Berlin rund 350 Teilnehmenden die aktuellen Ergebnisse der MII.
In ihrer Eröffnungsrede sagte Katharina Peter, Leiterin der Unterabteilung Technologien in den Lebenswissenschaften im BMBF: „Die Medizininformatik-Initiative hat innovative Lösungen entwickelt, die die digitale Transformation in der Gesundheitsforschung vorantreiben und die Patientenversorgung verbessern. Diese Erfolge müssen nun zusammen mit dem Netzwerk Universitätsmedizin weiterentwickelt und erhalten werden, um die Zukunft der datengetriebenen Gesundheitsforschung in Deutschland gemeinsam erfolgreich zu gestalten.“
Bundesweit wurden im Rahmen der Medizininformatik-Initiative (MII) an allen Universitätskliniken und ersten nichtuniversitären Standorten Datenintegrationszentren (DIZ) eingerichtet. Ein DIZ sammelt Forschungs- und Versorgungsdaten seiner Klinik, bereitet sie datenschutzgerecht auf und stellt sie der Wissenschaft standortübergreifend zur Verfügung.
Eine maßgebliche Infrastrukturkomponente, die aus der MII heraus für die Zukunft der Gesundheitsforschung entwickelt wurde, sieht Peter im Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG): „Perspektivisch könnte das FDPG – im Zusammenspiel mit den Datenintegrationszentren und weiteren Infrastrukturkomponenten – eine entscheidende Rolle in der Gesundheitsdatenarchitektur des European Health Data Space einnehmen.“
Das FDPG ist das zentrale Such- und Antragsportal der MII für Wissenschaftler*innen, die ein Forschungsprojekt mit Routinedaten der deutschen Universitätsmedizin durchführen möchten. Seit seinem Start vor zwei Jahren und der Öffnung für Forschende außerhalb der MII im vergangenen Jahr wurden die Funktionen des FDPG erweitert. Momentan sind 30 Datenintegrationszentren an das FDPG angeschlossen und Daten von mehr als 14 Millionen Patientinnen und Patienten verfügbar. 650 Forschende haben das FDPG bisher genutzt.
Datennutzungsprojekte testen Forschungsinfrastruktur
Erste Datennutzungsprojekte wurden bereits erfolgreich über die Forschungsdateninfrastruktur durchgeführt. Dabei konnte der gesamte standardisierte Prozess zur Umsetzung eines Forschungsprojekts im produktiven Einsatz erprobt werden: von der Antragstellung über den Use-and-Access-Prozess und Vertragsschluss bis hin zur Datenextraktion, Analyseskriptentwicklung und Ausleitung der Daten oder Ergebnisse an die Wissenschaftler*innen. Diese ersten Projekte ermöglichen den Forschenden Einblicke in die Daten und ihre Qualität und bringen wichtige Erkenntnisse, an welcher Stelle Optimierungspotential besteht.
Das Feedback der Forschenden wird in die weiteren Arbeiten am Kerndatensatz der MII einfließen. Dieser beschreibt, welche Patientendaten die DIZ mindestens vorhalten sollen. Im nächsten Jahr wird der Kerndatensatz beispielsweise um onkologische Daten erweitert werden. Auch das Vertragswerk, das für die Lösung aller organisatorischen Fragestellungen zum Einsatz kommt, wurde aktualisiert.
Beim Symposium wurde anhand von zwei Projekten der MII dargestellt, wie die MII-Infrastruktur bereits für medizinische Forschungsvorhaben genutzt wird. Kai Günther vom Universitätsklinikum Würzburg präsentierte das Projekt ACRIBiS (Advancing Cardiovascular Risk Identification with Structured Clinical Documentation and Biosignal Derived Phenotypes Synthesis), das die Risikoabschätzung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiterentwickelt, um Prävention, Diagnostik und Therapie zu verbessern: „Der ACRIBiS-Datennutzungsantrag dient dazu, die Verfügbarkeit von Variablen, die für die Berechnung von kardiovaskulären Risiko-Scores relevant sind, zu untersuchen. Die Daten der beteiligten Standorte werden über das Forschungsdatenportal für Gesundheit angefragt. Im Rahmen des ACRIBiS-Projekts wird die Dokumentation von kardiovaskulären Patientinnen und Patienten in der klinischen Routine dann standardisiert, sodass alle wichtigen Informationen für die Risikovorhersage entsprechend dokumentiert werden.“ Mit CORD (Collaboration on Rare Diseases) stellte Michéle Zoch von der Technischen Universität Dresden Erkenntnisse eines weiteren Projekts vor: „Unsere Lessons Learned von CORD zeigen, dass aktuelle Methoden und Tools der MII für die Erforschung Seltener Erkrankungen erfolgreich angewandt werden können. Sie zeigen aber auch, dass wir noch gemeinsam Hürden überwinden müssen, um die Sichtbarkeit von Seltenen Erkrankungen zu verbessern, um die Forschung zu stärken und die Versorgung zu verbessern.“
MII leistet wichtige Vorarbeit für den EHDS
In einem Panelgespräch wurde über Deutschlands Weg zum EHDS diskutiert. Sebastian C. Semler, TMF-Geschäftsführer und Leiter der MII-Koordinationsstelle, betonte: „Die EU gibt mit dem EHDS einen Rechtsrahmen vor, aber die Umsetzung ist Sache der Mitgliedstaaten. Umso wichtiger sind die Vorarbeiten der MII.“ Aktuelle Herausforderungen in Deutschland seien noch das Record Linkage sowie die Bereitstellung eines Secure Processing Environment (SPE). Prof. Dr. Dagmar Krefting, Universitätsmedizin Göttingen, betonte: „Wir haben in der gemeinsamen Standardisierung der Daten und mit dem FDPG schon viel geleistet. Die Arbeit wird uns aber mit Blick auf den EHDS nicht ausgehen. Wir sollten den EHDS als Chance sehen, weitere Datenquellen zu verknüpfen." Dr. Franziska Bathelt, Medizinische Universität Lausitz - Carl Thiem, ergänzte: „Wir müssen Ärztinnen und Ärzte besser abholen, sie müssen den Mehrwert der Datenbereitstellung erkennen.“ Außerdem unterstrich sie, dass weiterhin daran gearbeitet werden müsse, die MII-Infrastruktur von den Universitätskliniken auf die Regionen auszuweiten.
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