Digitalisierung kürzt Wege, reduziert Stress und spart Zeit
27.03.2024 - Wie lassen sich die Qualität in der Intensivpflege und das Erlebnis der Fachkräfte mittels Digitalisierung verbessern?
Diese Frage wurde im Gespräch mit Dr. Olaf Baumhove, Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, und Dr. Ludwig Zachert, M.A., Leitender Oberarzt Intensiv, St.-Agnes-Hospital Bocholt, erörtert.
M&K: Der Leitgedanke Ihrer Intensivstation lautet: „Kurze Wege, leise Töne“. Welche Faktoren haben Sie und Ihr Team dazu bewegt?
Dr. Olaf Baumhove: Bei der Planung unserer neuen Intensivstation konnten wir auf fundierte Erfahrungen aus der bisherigen Station zurückgreifen. Natürlich war uns bewusst, dass der Lärmschutz verbessert werden muss und Wege möglichst kurz zu halten sind. Bei der Neukonzeption galt unser Augenmerk daher den technischen und organisatorischen Möglichkeiten für den Stressabbau.
Insbesondere haben wir uns auf die Auswirkungen von Lärm für die Mitarbeitenden und für die Patienten fokussiert. Dabei war unser erklärtes Ziel, alle unnötigen bzw. vermeidbaren Geräusche zu verbannen.
Dr. Ludwig Zachert: Letztendlich haben wir uns gefragt: Wie gestalten wir diese Intensivstation optimal für die Patienten und zugleich auch für die Mitarbeitenden?
Dr. Baumhove: Um es auf den Punkt zu bringen: Geht es den Patienten gut, geht es auch dem Personal gut.
Dr. Zachert: Dem stimme ich zu – und im Rückschluss gilt: Wenn das Pflegepersonal weniger Stress ausgesetzt ist, geht es auch den Patienten besser.
Es gibt eine Reihe digitaler Elemente, die Sie dabei unterstützen. Zum Beispiel unterstützen zwei Monitore mit der Vigilant Sentinel-Software von Fresenius Kabi die Pflege. Und die Dokumentation der Infusionspumpen findet durch die Vigilant Bridge automatisch im Patientendatenmanagementsystem (PDMS) statt. Welche Vorteile hat diese Digitalisierung gebracht?
Dr. Baumhove: Wir sehen einen Riesen-vorteil durch unsere zentralen Sentinel Fluidmanagement-Anzeigen. Wurde früher ein Alarm ausgelöst, musste eine Pflegekraft ans Patientenbett eilen. Dort sah die Pflegekraft beispielsweise, dass eine Spritzenpumpe nachzufüllen ist. Folglich musste sie wieder zurücklaufen, die passende Spritze vorbereiten und schließlich wieder zum Patienten gehen, um die Spritze auszutauschen. Solche Alarme und Wege sind nun vermeidbar. Sentinel ist unser Vor-Voralarm und unterstützt unsere Pflegekräfte dabei, die Spritze bereits auszutauschen, bevor ein Alarm überhaupt ausgelöst wird. Dies spart Wege und es entstehen überhaupt erst keine Alarme.
Dr. Zachert: Drei Monate nach der Einführung des PDMS wandte ich mich mit einer Umfrage an unsere Pflegekräfte und Ärzte. Daraus ging klar hervor, dass diese beiden Gruppen zwar weniger aber inzwischen effektiver miteinander kommunizieren.
Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Wenn die Pflegekraft beispielsweise eine handschriftliche Verordnung nicht lesen konnte, musste sie früher den Arzt anrufen – auch nachts. Das ist jetzt nicht mehr nötig, denn im PDMS haben wir alles standardisiert hinterlegt.
Dr. Baumhove: In dem Moment, in dem ein Aspekt im Meeting besprochen wird, wird es im PDMS dokumentiert. Im selben Moment wissen alle, die mit dem Patienten zu tun haben, was hier besprochen und entschieden worden ist. Das ist der große Vorteil, auch im Zeitmanagement. Wir haben zwar mehr Dokumentationsaufwand, aber der wird im Zeitmanagement mehr als wettgemacht, weil wir diese Nebengespräche nicht mehr führen müssen.
Welche Wirkung hat die Auto-Dokumentation der Agilia Connect-Pumpen auf die Qualität der Pflege, die Sie hier anbieten können?
Dr. Baumhove: Wir sehen im PDMS live, was genau passiert – und nicht, was nachträglich dokumentiert wurde.
Dr. Zachert: Denn die Dokumentation auf Papier ist immer retrospektiv, und nicht live. PDMS und digitales Fluidmanagement ist Transparenz – zeitgenau und absolut zuverlässig.
Der Mangel an Pflegefachkräften, insbesondere auf Intensivstationen, stellt ein imminentes Risiko für die Gesundheitsversorgung in Deutschland dar. Ist die Digitalisierung eine der Antworten darauf?
Dr. Baumhove: Ich würde es umgekehrt formulieren: Der Mangel an Digitalisierung ist eine Ursache für den Fachkräftemangel in der Pflege. Wir haben eine Warteliste für Pflegekräfte, die bei uns arbeiten möchten. Das liegt nicht zuletzt an der Wertschätzung, die wir hier zum Ausdruck bringen. Die Bewerber erkennen: Hier ist eine Arbeitsumgebung, in der ich mich auf meine Patienten und meine Arbeit konzentrieren kann.
Glauben Sie, dass Sie kurz- bis mittelfristig auch von den Vorteilen der Künstlichen Intelligenz (KI) profitieren werden?
Dr. Baumhove: Ich vertrete die Überzeugung, dass die medizinische Versorgung aufgrund ihrer Komplexität zukünftig nur noch mittels KI zeitgerecht präsentiert werden kann. Betrachten wir als Beispiel eine resistenzgerechte Antibiose. Ich erhalte aus dem mikrobiologischen Labor einen Befund. Das System kennt die Resistenzlage unserer Klinik, es kennt die Laborparameter und liefert die Schlussfolgerung dazu: „Hier liegt ein Infekt mit diesem Erreger vor. Empfehlung: Für diesen Patienten in dieser Klinik, ist daher das Antibiotikum XY der Therapievorschlag des Systems.“ Dabei stellt sich die Frage: Habe ich einen Grund, der KI nicht zu vertrauen? Unser Gehirn verfügt nur über einen begrenzten Speicher, aber die KI-Systeme unterliegen keiner Begrenzung. Ich betone: Medizin ohne KI wird es nicht mehr geben.
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