DIHK-Gesundheitsreport: Erwartungen in der Gesundheitswirtschaft so schlecht wie noch nie
01.12.2022 - Die hohen Preise bei Energie und Rohstoffen setzen auch die Gesundheitswirtschaft massiv unter Druck. Nach dem aktuellen Gesundheitsreport des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) auf Basis von 700 Unternehmensantworten aus der Branche schätzt nur noch jedes vierte seine Geschäftslage als „gut“ ein (25 Prozent).
Im Frühsommer waren es noch fast ein Drittel (32 Prozent). Zugleich ist die Zahl der Unternehmen, die ihre Lage als „schlecht“ bezeichnen, von 17 Prozent auf 24 Prozent angewachsen. Damit schätzen die Unternehmen der Gesundheitswirtschaft die Lage zum zweiten Mal in Folge schlechter ein als in der Gesamtwirtschaft. „Die versprochenen Entlastungen und nötigen Rettungsmaßnahmen lassen auf sich warten. Viele Unternehmen wissen im Augenblick nicht, wie sie sich in der Krise über Wasser halten können“, sagt Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DIHK. „Einige fahren deshalb schon ihre Produktion herunter oder reduzieren ihre Angebote.”
Auch für die kommenden zwölf Monate sehen die Unternehmen keine Besserung – im Gegenteil. Die Gesundheitswirtschaft blickt so pessimistisch in die Zukunft wie noch nie. So schätzen 43 Prozent der Betriebe in der Gesundheitswirtschaft ihre Geschäftserwartungen für das kommende Jahr als „schlecht“ ein - nur noch zehn Prozent als „gut“. In allen Gesundheitsbranchen werden neue Allzeittiefs erreicht. Besonders in der pharmazeutischen Industrie sind die Erwartungen gegenüber dem Frühsommer stark eingebrochen. Nur noch zwölf Prozent haben positive Aussichten, während 45 Prozent mit negativen Entwicklungen rechnen. „Selbst in der Pharmabranche – lange Jahre Zugpferd der Gesundheitswirtschaft - sehen wir eine Eintrübung der Stimmung. Anders als in vorherigen Umfragen stellen wir fest, dass mittlerweile jede Sparte der Gesundheitswirtschaft stark von der Krise betroffen ist”, sagt Achim Dercks.
In der Medizintechnik erwarten 47 Prozent schlechtere und nur elf Prozent positive Entwicklungen. Bei den Gesundheits- und sozialen Diensten stehen den 43 Prozent negativen Erwartungen nur sieben Prozent positive gegenüber. Im Handel mit Gesundheitsgütern erwartet jedes zweite Unternehmen eine Verschlechterung der Geschäfte und nur zehn Prozent eine Verbesserung. Damit sind die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate in allen Branchen düsterer als während der Corona- oder der Finanzkrise 2008/2009. „In der Medizintechnik wirken die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise zusätzlich belastend, denn schon ohne diese stehen die Unternehmen derzeit angesichts der Umsetzung der EU-Verordnung über Medizinprodukte (MDR) vor großen Herausforderungen. Die Branche erlebt somit gerade Druck von zwei Seiten”, so Dercks.
Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine einschließlich der daraus resultierenden Preisanstiege für Energie und Rohstoffe nennen 79 Prozent der Unternehmen als Risiko für ihre Geschäfte – gegenüber zuletzt 72 Prozent. Besonders die energie- und rohstoffintensiven Unternehmen aus den Branchen der Medizintechnik (95 nach zuletzt 87 Prozent) und der pharmazeutischen Industrie (93 nach zuletzt 95 Prozent) sind von den Preisexplosionen betroffen. Vor allem in den dienstleistungsorientierten Gesundheits- und sozialen Diensten wie Krankenhäusern und Medizinischen Versorgungszentren ist die Risikoeinschätzung gegenüber der Vorumfrage nochmals deutlich angestiegen (76 nach zuletzt 62 Prozent). Die Betriebe sind insbesondere von höheren Preisen für Strom – zum Beispiel für energieintensive Leistungen im Bereich der Radiologie –, Kraftstoff und Verbrauchsgüter betroffen. Zudem kämpfen die Unternehmen weiterhin mit unterbrochenen Lieferketten und Ressourcenknappheit, die die Preise weiter in die Höhe treiben. 16 Prozent der Unternehmen in der Medizintechnik reagieren auf die Preisentwicklung mit der Reduzierung ihrer Produktion oder ihrer Angebote. In der pharmazeutischen Industrie sind es sogar 18 Prozent der Unternehmen.
66 Prozent der befragten Betriebe nennen den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko. Damit bleibt er weiterhin ein hoher Risikofaktor und ist nach wie vor deutlich stärker ausgeprägt als in der Gesamtwirtschaft. Am stärksten sind die Unternehmen in den Gesundheits- und sozialen Diensten vom Personalmangel betroffen (80 Prozent). Zusätzlich steigende Entgelte durch Inflationsausgleich lassen außerdem das Risiko der Arbeitskosten virulenter werden. So hat das Risiko Arbeitskosten branchenübergreifend mit 59 Prozent (gegenüber 49 Prozent von der Vorumfrage) einen neuen Höchstwert erreicht.
Die düsteren Geschäftserwartungen, verbunden mit steigenden Risiken, machen sich auch bei der Investitionsplanung der Betriebe bemerkbar. So wollen im Vergleich zum Frühsommer nur noch 30 Prozent (davor 37 Prozent) mehr investieren. Hingegen planen 32 Prozent der Unternehmen mit weniger Investitionen, im Frühsommer waren es nur 20 Prozent. Besonders die Betriebe der Medizintechnik fahren ihre Investitionen stark zurück. Zudem schieben immer mehr Betriebe den Personalaufbau in die Warteschleife. „Durch eine Reduzierung der Beschäftigung versucht knapp jedes fünfte Unternehmen, in der aktuellen Abwärtsbewegung gegenzusteuern. Viele Betriebe versuchen nun, mit weniger Mitarbeitern klarzukommen“, sagt Achim Dercks.