Medizin & Technik

Ein biologisches Pflaster aus dem 3D-Drucker

16.02.2022 - Wissenschaftler des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) haben gemeinsam mit Kollegen der Firma Cellbricks einen 3D-Drucker entwickelt, der einen biologischen Wundverschluss herstellen kann.

Aus einem Mix von Gelatine und Hautzellen druckt das Gerät ein passgenaues Pflaster, mit dem großflächige Wunden verschlossen werden sollen. Nicht nur für Brandopfer auf der Erde könnte dies eine wertvolle Alternative zur Eigenhauttransplantation sein: Auch Astronauten könnten so fernab von jeder Klinik individuell versorgt werden. Ob der Drucker in der Schwerelosigkeit funktioniert, testen die Forscheren auf einem Parabelflug.

Ob Brand- oder Schürfverletzungen: Bei einer Fläche von mehreren Quadratzentimetern sind die Selbstheilungskräfte des Körpers überfordert und es hilft oft nur noch eine Eigenhauttransplantation. Doch sowohl beim Entnehmen als auch beim Verpflanzen stellen sich Probleme, erklärt Prof. Georg Duda, der Direktor des Julius Wolff Instituts für Biomechanik und Musculoskeletale Regeneration im BIH und Sprecher des BIH Centrums für Regenerative Therapien (BCRT). „Es treten hierbei leider oft Vernarbungen auf, die sowohl medizinisch als auch ein kosmetisch weder Arzt noch Patient zufriedenstellen.“ Auf der Suche nach einer Alternative stießen die Wissenschaftler um Duda auf die Firma Cellbricks: Das Unternehmen hat einen 3D-Drucker entwickelt, der individuelle Hautpatches verschiedener Größe und Form drucken kann.

Biologische Druckertinte

„Die Druckertinte ist in unserem Fall biologisch“, erklärt Bianca Lemke, Doktorandin bei Prof. Duda. „Sie besteht aus einer besonderen Form von Gelatine mit Metacrylatenden, die bei UV-Belichtung aushärtet. Da hinein mischen wir Hautzellen, die idealerweise vom Empfänger selbst stammen. Und mit besonderem technischem Aufwand können wir sogar kleine Röhren hineindrucken, die wir anschließend mit Blutgefäßzellen besiedeln, so dass das Hautpatch sogar Blutgefäße enthält.“ Am Drucker einstellbar sind Form und Größe des erforderlichen Wundverschlusses, je nach Herausforderung dauert der Druck eine oder mehrere Stunden.

„Auf einem Symposium des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) kam die Frage auf, ob man 3D Bioprinting nicht auch für Astronauten nutzen könnte“, erzählt der Diplom-Ingenieur. „Denn der Weg zum Mars ist weit, und auch von der ISS kann man nicht kurzfristig zur Erde zurückkommen, wenn man sich eine größere Verletzung zugezogen hat. Und da wäre so eine individuelle Lösung durchaus praktisch.“ Doch nun stellt sich die Frage, ob so ein 3D-Drucker überhaupt in der Schwerelosigkeit funktioniert. Schwebt die flüssige Tinte nicht davon? Härtet die Gelatine wie geplant aus?

Test beim Parabelflug

Um diese Fragen zu klären, startet Bianca Lemke von Paderborn aus zu einem Parabelflug, auf dem der 3-D-Drucker getestet werden soll. „Vor Abflug wird es verschiedene Sicherheitschecks geben. Da wir mit Flüssigkeiten drucken und sich diese während der Mikrogravitationsphasen im Flugzeug verteilen könnten, sind natürlich Maßnahmen zur Eindämmung nötig. Die Drucker befinden sich in einem Kasten, der verschiedenen mechanischen Tests und Belastungen standhalten muss. Dementsprechend wird auch das überprüft. Danach wird alles abgepolstert, damit sich keiner der Teilnehmer versehentlich beim Herumschweben im Flugzeug den Kopf stößt. Und dann geht das Ganze ins Flugzeug und wird dort montiert. Bei verschiedenen Funktionstests im Flugzeug wird sichergestellt, dass auch hier alles funktioniert. Und dann starten wir!“

Während des insgesamt fünfstündigen Fluges werden 31 Parabeln geflogen, das heißt, die Maschine steigt auf einer parabelförmigen Kurve auf, fällt anschließend steil ab und steigt wieder auf. Während des oberen Teils der Parabel kommt es für etwa 20 Sekunden zur Schwerelosigkeit, beim Auf- und Abstieg herrscht kurzzeitig mehrfache Erdanziehungskraft. Um zu überprüfen, wie das Druckergebnis von der Erdanziehungskraft beeinflusst wird, integriert Bianca Lemke Microbeads in die Druckerflüssigkeit: „Diese Microbeads sind kleine fluoreszierende Kügelchen, ungefähr in der Größe von Zellen. Damit untersuchen wir das Sedimentationsverhalten von Zellen während des Fluges. Denn schon auf der Erde haben wir beobachtet, dass die Zellen absinken, wenn die Tinte länger steht. Wir befürchten, dass in den Hypergravitationsphasen alle absinken, aber wir hoffen, dass während der Schwerelosigkeit gar nichts mehr absinkt.“ Prof. Georg Duda bleibt am Boden und ist schon gespannt auf die Ergebnisse: „Wir hoffen sehr, dass die Druckergebnisse stabil sind, zumindest während der Schwerelosigkeit. Denn dann könnten wir eines Tages den Astronauten tatsächlich eine personalisierte Wundversorgung anbieten. Auch wenn es bis dahin sicher noch ein weiter Weg ist.“

Kontakt

Berlin Institute of Health in der Charité (BIH)

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