ERC Proof of Concept Grant für Anna Hirsch
26.01.2023 - Wissenschaftlerin Anna Hirsch des HIPS erhält Förderung für die Entwicklung neuer Antibiotika.
Die Förderpreise des Europäischen Forschungsrats (ERC) zählen zu den prestigeträchtigsten Auszeichnungen in der Wissenschaftscommunity. Prof. Anna Hirsch vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) ist es nun bereits zum zweiten Mal gelungen, eine begehrte ERC-Förderung einzuwerben. Im Rahmen des Förderprogrammes „Proof of Concept“ erhält sie 150.000 Euro, um ihre Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung näher an eine mögliche Anwendung zu bringen. Thematisch befasst sich Hirsch in ihrem Projekt mit medizinalchemischen Ansätzen zur Entwicklung neuer Antibiotika für die Bekämpfung resistenter Bakterien.
Die COVID-19-Pandemie hat die Bedeutung wirksamer Medikamente zur Bekämpfung von Infektionserkrankungen deutlich gemacht und zu zahlreichen Innovationen und Entwicklungen im Bereich antiviraler Wirkstoffe geführt. Gleichzeitig hat sie möglicherweise aber auch der Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen deutlichen Vorschub geleistet. Grund ist, dass viele der mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten vorsorglich mit Antibiotika behandelt wurden, um so eine zusätzliche bakterielle Infektion zu verhindern – und je öfter Antibiotika angewendet werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Resistenzen entstehen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, werden innovative Antibiotika mit bislang ungenutzten Wirkmechanismen dringend benötigt. Die Entwicklung genau solcher Wirkstoffe hat sich Prof. Anna Hirsch zur Aufgabe gemacht. Hirsch ist Leiterin der Abteilung Wirkstoffdesign und Optimierung am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), Professorin für Medizinische Chemie an der Universität des Saarlandes und Wissenschaftlerin im Forschungsbereich „Neue Antibiotika“ am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Das HIPS ist ein Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes.
Im Rahmen ihres 2018 eingeworbenen ERC Starting Grants gelang es Anna Hirsch bereits, eine Reihe neuartiger Moleküle zu identifizieren, die eine bislang ungenutzte Zielstruktur in Bakterien angreifen und damit einen vielversprechenden Ausgangspunkt für die Entwicklung resistenzbrechender Antibiotika darstellen. Bei einer der Zielstrukturen, auch „Targets“ genannt, handelt es sich um ein Protein namens DnaN. Dieses Protein ist ein essentieller Bestandteil der bakteriellen Maschinerie, die für die Reparatur und Herstellung neuer DNA verantwortlich ist. Wird DnaN durch Wirkstoffe ausgeschaltet, können die betroffenen Bakterien sich nicht mehr vermehren. Das macht DnaN zu einem überaus attraktiven Target für die Entwicklung neuer Wirkstoffe. Durch die nun eingeworbenen ERC Proof of Concept-Fördermittel erhält Anna Hirsch die Möglichkeit, ihren vielversprechendsten Wirkstoffkandidaten weiter zu optimieren.
„Ziel ist es, unser aktuell bestes Molekül so weit zu verbessern, dass wir am Ende des Projektes einen präklinischen Kandidaten nominieren können. Hierfür stützen wir uns auf die bereits etablierten Struktur-Wirkungsbeziehungen und den Bindungsmodus unseres DnaN-Inhibitors. Das ist ein sehr wichtiger Schritt in Richtung einer potenziellen Anwendung. Sobald dieser Kandidat gefunden wurde, können wir damit anfangen, unsere Substanz auf eine Anwendung am Menschen hin zu prüfen und zu optimieren“, sagt Hirsch. „Auf diesem Weg holen wir uns zusätzliche Unterstützung von Partnern und Mentoren aus der pharmazeutischen Industrie. Solches Wissen ist von unschätzbarem Wert, um am Ende auch zu einem Produkt zu gelangen, das im klinischen Alltag sinnvoll eingesetzt werden kann.“ An den bisherigen Forschungsaktivitäten waren neben Forschenden aus der Abteilung von Anna Hirsch auch weitere Wissenschaftler an HIPS, HZI und dem Forschungszentrum Borstel beteiligt.
Auch der geschäftsführende Direktor des HIPS, Prof. Rolf Müller, zeigt sich begeistert von der erneuten ERC-Förderung: „Ein großes Problem in der Antibiotikaforschung liegt darin, dass nur unzureichende Fördermittel für den Übergang von der Grundlagenforschung in die Anwendung bereitgestellt werden. Umso mehr freuen wir uns, dass es Anna Hirsch nun gelungen ist, solche Mittel einzuwerben. Es gelingt nur wenigen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen im Laufe ihrer Karriere Förderung durch eines der prestigeträchtigen ERC-Programme einzuwerben. Dass Anna Hirsch dies nun bereits zum zweiten Mal geschafft hat, macht uns stolz und zeigt, dass sie zu den Top-Forschenden in ihrem Feld zählt.“
Die von Hirsch eingeworbene Förderung umfasst 150.000 Euro und hat eine Laufzeit von zwölf Monaten. Das Projekt soll voraussichtlich im zweiten Quartal 2023 starten.